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Eindrücke gesammelt. Fundstücke vom Bürgersteig im Schaufenster der FH.

© A. Klaer

Homepage: Auf den Boden geschaut Internationale Woche

an der Fachhochschule

Farbrollen quietschen, schwarze Farbe kleckert auf den Boden. Die Sohle eines Badelatschens wird bemalt. Beim Schritt auf ein Plakat entsteht ein schmatzendes Geräusch. Die Badelatschen bestempeln im „Schaufenster“ der Fachhochschule Potsdam auf dem Boden liegende Plakate mit Wald- und Wiesenlandschaften. Zwischen kleinen Wölkchen bleiben zwei schwarze Stempel zurück. Der linke Latschen hinterlässt „Pedestrian“, der rechte „Republic“. Die bestempelten Plakate werden der Reihe nach entlang eines nachgeahmten Gehwegs auf dem Boden drapiert. Arthur Engelbert, Professor für Kulturarbeit, fordert die Zuschauer zum Ersteigern dieser Plakate auf – Höchstgebot für den symbolischen Akt: vier Euro. „Mehr bezahle ich für so ein Bild nicht“, sagt ein Student aus der hinteren Reihe.

Arthur Engelbert hat zusammen mit Studierenden der Kulturarbeit zum dritten Mal die Internationale Woche der FH Potsdam organisiert: „Pavement – The republic of pedestrians“, so der Titel in diesem Jahr – der Bürgersteig als Republik der Fußgänger also. In dieser Woche fanden Ausstellungen und Workshops rund um den Bürgersteig, seine soziale Aufgabe und Geschichte statt. Rund 40 Studierende der FH und zwölf Gaststudierende von internationalen Partnerhochschulen suchen den Zusammenhang vom steinernen Bürgersteig und digitalen Bürgersteig, also dem Internet.

Dabei ist der individuelle Fußabdruck gerade heutzutage ein wichtiges Thema. Vor allem in Zeiten der digitalen Netzwelt hinterlässt jeder eine bleibende Spur mit teilweise unabsehbaren Folgen. „Was dem einen sein Schlips, ist dem anderen sein Download“, lautete eines der Statements zu dem Thema. Mit verschiedenen Mitteln wie diesem Zitat aus dem Fragment „Mein digitaler Bürgersteig“ von dem Studenten Sebastian Schmitt und Arthur Engelbert wurde versucht, aus unterschiedlichen Standpunkten das Zusammenspiel von sichtbaren und unsichtbaren Bürgersteigen darzustellen. Engelbert sieht in der digitalen Welt Aufholbedarf. „Der Internetuser hat ein geringes Bewusstsein für seine Rechte.“ Das Internet müsse ein Projekt für alle werden. „Die Netzwelt gehört nicht den Nutzern, sondern denen, die sie anbieten“, erklärte Engelbert. Das müsse sich zugunsten der Nutzer ändern. Dieser Appell ist auch auf den steinernen Bürgersteig zu übertragen. Er erhalte nicht die Aufmerksamkeit, die ihm zustehe. „Wann schaut man schon mal auf den Boden, wenn man auf der Straße entlangläuft“, sagte Engelbert. Der Gehweg sei die Vernetzung der Gesellschaft. An ihn grenzen Gebäude, Brücken und die Fahrbahnen. Aber er spiegele auch die aktuelle Gesellschaft wider. Auf dem Bürgersteig begegnen sich alle Bevölkerungsgruppen, man weicht sich aus, rempelt sich an – geht eine kurze Kontaktaufnahme ein, wie im Social Network in abstahierter Form eben. „Diese zwei Welten gilt es zusammenzufassen“, erklärt Engelbert.

Die Studierenden versuchten den sichtbaren mit dem unsichtbaren, virtuellen Bürgersteig zu verbinden. In Form von Fotografien und Videos wurde der persönliche Bürgersteig gezeigt. Motive sind von den Studierenden oft begangene Gehwege in Berlin und Potsdam. Man sieht achtlos Weggeworfenes auf der Straße, zerknüllte Plastikflaschen, Zigarettenstummel und Verpackungsmaterial jeder Art, zersplitterte Glasflaschen, Schatten vor Fahrradständern und Risse in Steinplatten an die Wand gestrahlt. Die Auseinandersetzung mit dem Internet geschieht durch Gedichte, sie geben Eindrücke zum verlängerten Gehweg wieder, zur aktuellen Gesellschaft. Es ist die Kritik am Entlanghetzen auf der Straße und im Internet, Kritik an der Unachtsamkeit gegenüber der realen Welt, dem verschmutzten Gehweg. Damit schaffen es die Studierenden, ein scheinbar zusammenhangloses Thema zu verknüpfen und ganz aktuell zu problematisieren. Elisabeth Kropp

Elisabeth Kropp

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