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Die Fortsetzung der Groko-Verhandlungen mit anderen Mitteln: Heiko Maas (SPD, rechts) und Armin Laschet (CDU) bei Anne Will.

© Wolfgang Borrs/NDR/dpa

"Anne Will" zur Groko: Der unkaputtbare Optimismus der Koalitionsverhandler

"Verhandeln bis es quietscht - kann eine neue GroKo überzeugen?", fragte Anne Will in ihrem ARD-Talk. Erst ein Grüner rückt die Maßstäbe zurecht. Eine TV-Kritik.

So kann man natürlich auch ins Thema starten. Indem man/frau erst mal alles mies macht. Eingangsfrage von Anne Will: 71 Prozent der Deutschen sagen, die Verhandlungen gingen ihnen zu lang. Wo ist der überzeugende Zukunftsentwurf?

Da grenzt es fast schon an ein Wunder, dass nach dieser kalten Eröffnungsdusche der Moderatorin nicht allgemeines Geheule losbrach, sondern der Routinier Armin Laschet mit seinem unkaputtbaren Optimismusgesicht der griesgrämigen Anne Will entgegenhielt, dass in der Europapolitik den Koalitionsverhandlern immerhin eine deutsche Antwort auf den Herausforderer Emmanuel Macron gelungen und auch beim Thema Digitalisierung ein guter Abschluss geraten sei. Heiko Mass, der sozialdemokratische Justizminister (geschäftsführend nur, natürlich) sprang ihm bei und wies darauf hin, dass es immerhin darum ginge, ein Auseinanderbrechen der EU nach dem Austritt Großbritanniens zu verhindern.

Alice Weidel, der AfD-Fraktionsvorsitzenden mit dem ewig mokanten Lächeln, blieb ein besonderer Einstieg ins Gespräch - sie grüßte die Cottbuser Demonstranten des rechten Spektrums und machte das, was die AfD besonders gerne tut: Sie klagte über Benachteiligung in der Berichterstattung über Cottbus, von der aber für den aufmerksamen Beobachter nun absolut keine Rede sein konnte, weil von der ARD bis zum ZDF alle in den Nachrichtensendungen ordentlich registrierten, dass die Rechten doppelt so viele Leute auf die Straße brachten, wie die auf friedliches Zusammenleben bedachten Menschen in der Lausitz - aber sich zum Opfer machen, wenn man Täter ist, das muss die AfD wahrhaftig nicht noch lernen.

Ansonsten bemühten sich Anne Wills Gäste, zu leisten, wofür sie geladen worden waren. Robert Habeck, der grüne Hoffnungsträger, konnte keine neuen Ideen erkennen, bestach aber durch genauso sachlich wie überzeugend vorgebrachte Argumente. Langen Raum in der Debatte nahm nicht etwa das Thema der sachgrundlosen befristeten Beschäftigung ein (Frau Weidel fand das übrigens gut), sondern das Thema Familiennachzug für subsidiär geschützte Flüchtlinge.

Ergebnislos versuchte die Journalistin Elisabeth Niejahr immer wieder darauf hinzuweisen, dass dies nun wirklich nicht das zentrale Thema der Koalitionsgespräche sei - es war, etwas überraschend, der Grüne Habeck, der daran erinnerte, dass nicht jede Entscheidung, auch nicht auf diesem schwierigen Gebiet, nach den Kriterien von Schuld und Sühne beurteilt werden dürfe, weil sonst Politik handlungsunfähig sei.

Das war eigentlich ein gutes Motto für die Sendung: Auch an den Erfolg von Koalitionsgesprächen darf man nicht als Kriterium anlegen, dass sie unbedingt die Welt gut machen müssen - besser würde schon reichen.

Gerd Appenzeller

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