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Abgang im Streit: AfD-Kandidatin Alice Weidel verlässt den ZDF-Talk

© ZDF

AfD-Spitzenkandidatin Weidel verlässt ZDF-Sendung: Chefredakteur Frey verteidigt Moderatorin Slomka vehement

AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel geht beim ZDF-Talk „Wie geht’s, Deutschland?“ vor Sendeschluss. Das ZDF wehrt sich gegen Weidels Vorwürfe. Boykottiert sie das ZDF?

Das Verhältnis zwischen der rechtspopulistischen Partei AfD und dem öffentlich-rechtlichen Sender ZDF bleibt angespannt: Alice Weidel, die Spitzenkandidatin der Partei, hatte die ZDF-Sendung „Wie geht’s Deutschland?“ am Dienstagabend verlassen, nachdem sie von CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer aufgefordert wurde, sich von ihren Parteikollegen Björn Höcke und Alexander Gauland zu distanzieren. Später erhob Weidel schwere Vorwürfe gegen gegen ZDF-Moderatorin Marietta Slomka. Diese habe sich „mit der frechen Intoleranz und der plumpen Argumentation von SPD und Grünen gemein gemacht“. Das sei eines öffentlich-rechtlichen Senders nicht würdig, und sei „ein weiterer Grund, die Zahlung des Rundfunkbeitrages zu verweigern“, twitterte Weidel später und warf Slomka vor, sich als „parteiisch und unprofessionell geoutet“ zu haben.

„Wer austeilt, muss auch einstecken können. Das gehört zur Diskussionskultur in Talksendungen“, entgegnete ZDF-Chefredakteur Peter Frey in einer Mitteilung am Mittwochmorgen. Eine Livesendung zu verlassen, bringe zwar Aufmerksamkeit, verhindere aber eine politische Auseinandersetzung in der Sache. „Die Kritik von Frau Weidel an der Moderatorin weise ich mit Nachdruck zurück. Marietta Slomka hat die Runde mit sieben Politiken und sechs Bürgern fair und gelassen moderiert. Ich hoffe, dass bei künftigen Wahlformaten nicht Inszenierungen, sondern der politische Streit im Mittelpunkt steht“, schloss Frey sein Statement.

Frauke Petry hatte zuvor Dunja Hayali angegriffen

Die Vorwürfe von Alice Weidel an der Moderation von Marietta Slomka erinnern an die Diskrepanzen zwischen der ehemaligen AfD-Frontfrau Frauke Petry und der ZDF-Journalistin Dunja Hayali. Im März des vergangenen Jahres hatte die damalige Vorsitzende der Alternative für Deutschland Petry Hayali in ihrer Funktion als Moderatorin des ZDF-„Morgenmagazins“ vorgeworfen, „zunehmend mehr als politische Aktivistin denn als professionell arbeitende Journalistin“ aufzutreten, unter anderem wegen ihres Engagements für die Vereine „Gesicht zeigen!“ und „Respekt! Kein Platz für Rassismus“. Hintergrund war ein geplatzter Interviewtermin von Petry im „Morgenmagazin“. Am Tag nach den drei Landtagswahlen sollte Petry dort Hayali Rede und Antwort stehen. Doch sie kam nicht. Sie habe den Termin in ihrem Kalender übersehen, hieß es zunächst. Später erklärte die AfD den geplatzten Termin mit einem Hackerangriff auf Server der Partei. Das ZDF betonte, man werde Frauke Petry trotz des Eklats auch in Zukunft einladen, „wann immer es einen journalistischen Anlass gibt“.

Wie sich das ZDF nach den neuerlichen Angriffen einer AfD-Politikerin verhalten will, muss sich zeigen. Auf die Frage, ob ein klärendes Gespräch zwischen Alice Weidel und Marietta Slomka sinnvoll oder nötig wäre, sagte Peter Frey dem Tagesspiegel, dies sei eine gewagte These. Weiter wollte er sich jedoch nicht zu der Causa äußern.

Boykottiert Weidel künftig das ZDF?

Die Frage ist jetzt, wie sich Alice Weidel gegenüber dem ZDF weiter verhält. Auf der AfD- wie auf der ZDF-Homepage wird sie für den morgigen Donnerstag als Gast in der ZDF-Sendung "illner intensiv" um 22 Uhr 45 genannt. Thema: "Angst vor Armut und Krankheit - wer schützt uns im Alter?" Weitere Gäste sollen laut ZDF Manuela Schwesig (SPD) und Karl-Josef Laumann (CDU). Eine ZDF-Sprecherin sagte dem Tagesspiegel: "Alice Weidel steht noch auf der Gästeliste. Wir werden sie nicht ausladen." Die Partei wollte sich nicht bislang nicht dazu äußern, ob Weidel im ZDD-Studio erscheinen wird.

Eigentlich sollten sie am Dienstag im ZDF über die Zukunft des Landes diskutieren.  Doch beim Thema Integration kam es zum Eklat. Vorausgegangen war dem Abgang Weidels ein Streit mit Andreas Scheuer. Der CSU-Generalsekretär stellte gerade sein Bild einer gelungenen Integration von Flüchtlingen dar, „wenn Sprache und Eigenengagement zusammenkommen“, wie Scheuer es ausdrückte. „Also soll illegale Einwanderung legalisiert werden?“, fragte Weidel anschließend provokativ in Scheuers Richtung. „Bevor Sie jetzt hier rumstänkern, machen Sie den Zuschauern erst mal klar, dass Sie sich von Herrn Gauland und Herrn Höcke distanzieren.“

Gauland habe Höcke als die Seele der AfD bezeichnet. „Für mich ist er einfach ein Rechtsradikaler“, sagte Scheuer. Weidel verließ schließlich unter dem höhnischen Beifall des Publikums das Studio. "Gehen Sie jetzt?", fragte Moderatorin Marietta Slomka sichtlich überrascht und erhielt ein Nicken im Vorbeigehen.

Höcke steht unter anderem deswegen in der Kritik, weil er das Holocaust-Mahnmal in Berlin ein „Denkmal der Schande“ genannt hatte. Während Gauland einen Parteiausschluss von Höcke ablehnt, gehört Weidel zu den Unterstützern eines solchen Verfahrens. Alexander Gauland selbst steht selber wegen eines Zitats über die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz in der Kritik. „Ladet sie mal ins Eichsfeld ein und sagt ihr dann, was spezifisch deutsche Kultur ist. Danach kommt sie hier nie wieder her, und wir werden sie dann auch, Gott sei dank, in Anatolien entsorgen können“, hatte er in einem „FAZ“-Interview über die SPD-Politikerin gesagt.

Von mehreren Teilnehmern der Talksendung gab es Kritik an der AfD-Spitzenkandidatin: „Wir sollten uns hüten, auf diese geplante, peinliche Inszenierung hereinzufallen“, schrieb Justizminister Heiko Maas (SPD) auf seiner Facebook-Seite. „Es ist ein billiger Trick von Rechtspopulisten, sich als Opfer darzustellen. In Wirklichkeit sind es geistigste Brandstifter. Demokraten debattieren, aber daran hat die AfD keinerlei Interesse.“

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