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Foto: Oliver Berg/dpa

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Weltklimarat: Es bleiben nur noch zwölf Jahre, um die Wende zu schaffen Potsdamer Forscher drängen auf schnelle Entscheidungen der Politik.

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Berlin - Die Klima- und Umweltschutzpolitik rückt auf allen Ebenen ins Zentrum des öffentlichen Interesses. Am heutigen Dienstag verhandelt das Berliner Verwaltungsgericht über Diesel-Fahrverbote für Teile der Berliner Innenstadt. Und nach heftigen Debatten um den Dieselskandal der deutschen Autoindustrie und die Zukunft der Braunkohle im Zusammenhang mit der geplanten Rodung des Hambacher Forsts warnte am Montag der Weltklimarat IPCC vor einer ungebremsten Erderwärmung. Die Autoren stellen fest, dass bereits heute eine Erwärmung von rund einem Grad zu verzeichnen ist. Wie stark sich eine weitere Erhöhung der Temperatur auf 1,5 oder zwei Grad auswirken würde, beschreibt der Bericht erstmals genau.

Demnach macht es einen großen Unterschied, auf welches Ziel die Weltgemeinschaft zusteuert. So könnten die Warmwasserkorallen bei weniger als 1,5 Grad noch gerettet werden, bei allem darüber ist ihr Untergang so gut wie besiegelt. Extremwetter, steigender Meeresspiegel, tauender Permafrost mit zusätzlichen Methanemissionen, Wassermangel und Hunger – alle Folgen des Klimawandels wären bei 1,5 Grad viel geringer als bei zwei Grad. „Es gibt gute Gründe, das 1,5-Grad- Ziel näher anzusehen und darauf zuzusteuern“, schlussfolgerte der Staatssekretär im Umweltministerium, Jochen Flasbarth, nach Erscheinen des IPCC-Berichts. Dabei sei das Ziel eigentlich mehr als politische Versicherung für verletzliche Staaten wie die flachen Inseln im Pazifik ins Abkommen von Paris gekommen.

Nun entfaltet es eine unvorhergesehene Eigendynamik. Denn die gute Nachricht des IPCC ist: 1,5 sind physikalisch machbar, die notwendigen Technologien dafür sind im Prinzip vorhanden. Allerdings müssten die Emissionen sehr schnell sinken – bis 2030 um die Hälfte im Vergleich zu 2010. Um das zu schaffen, müsste sich beispielsweise die deutsche Verkehrspolitik mit mächtigen Wähler- und Interessengruppen anlegen. Wie schwierig das ist, hat sich beim Dieselskandal gezeigt.

Auch Flasbarth hielt sich bei konkreten Schritten bedeckt. Der Entscheidung der Kohle-Kommission über einen Ausstiegsplan wolle er nicht vorgreifen. Und auch ein höheres Minderungsziel der EU werde es erst 2020 geben. EU-Klimakommissar Miguel Arias Cañete war im Sommer vorgeprescht und hatte um eine Erhöhung von 40 auf 45 Prozent für das Jahr 2030 schon vor der nächsten Klimakonferenz in Kattowitz geworben. Dagegen hatte sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ausgesprochen. Der Chef der Grünen- Bundestagsfraktion, Anton Hofreiter, warf der Bundesregierung deshalb Realitätsverweigerung vor. „Sie hat ihr eigenes Klimaziel für 2020 genauso aufgegeben wie ihr Ziel für Elektroautos, sie bremst den Ausbau von Windkraft- und Solarenergie aus und lobbyiert in Brüssel gegen Grenzwerte für Autos“, sagte er dieser Zeitung.

Druck macht der EU jetzt eine Klimaklage von Familien aus ganz Europa vor dem Europäischen Gerichtshof. Sie appellierten an das heutige Treffen der EU-Umweltminister „auf die Stimme der Wissenschaft zu hören und die EU-Klimaziele für das Jahr 2030 auf einen Pfad zu bringen, der mit dem 1,5-Grad-Ziel vereinbar ist“.

Der neue Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Johan Rockström, sagte, dass nur noch weniger als ein Jahrzehnt bleibe, die CO2-Emissionen von Kohle und Öl so zu reduzieren, um Sicherheit für die Menschheit zu erlangen. „Die Zukunft liegt in unseren Händen.“ PIK-Forscher und IPCC-Autor Elmar Kriegler sprach von einer großen Herausforderung, die eine „beispiellose Transformation“ erfordere. Nun entscheide sich, ob es gelingt, die schlimmsten Klimarisiken zu begrenzen oder nicht. „Es sind wirklich die nächsten paar Jahre, die zählen.“

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