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Trotz Notbetreuung: Kinder sollen in ihrer vertrauten Kita bleiben dürfen

© Monika Skolimowska/dpa

Was Eltern zum Coronavirus wissen müssen: „Covid-19 ist für Kinder nicht schlimmer als eine Grippe“

Der Infektiologe Johannes Hübner erklärt, wie sich das Coronavirus auf Kinder auswirkt. Er warnt vor Panik – und einem vorschnellen Kinderarzt-Besuch.

Johannes Hübner ist Professor an der LMU München und Abteilungsleiter für Infektiologie im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum München.

Herr Hübner, sind Kinder gefährdeter als Erwachsene an Covid-19 zu erkranken?
Derzeit ist es wahrscheinlich, dass Kinder deutlich weniger gefährdet sind als Erwachsene, vor allem als ältere Erwachsene. Das passt auch gut zu unserem bisherigen Wissensstand.

Denn auch bei verwandten Erregern wie Sars oder Mers, die zur Erregergruppe der Coronaviren gehören, ist aufgefallen, dass Kinder weniger anfällig sind. Außerdem sind die Verläufe weniger schwer, wenn Kinder erkranken. Warum das so ist, darüber wissen wir allerdings noch zu wenig, um konkrete Aussagen machen zu können.

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Auch die Berichte über Erkrankungen von Kindern in China, die mir bekannt sind, beschreiben bisher keine schweren Verläufe. Wir hatten in der Münchner Gegend den Fall einer Familie, wo auch die Kinder erkrankt waren. Auch dort waren die Symptome nicht schlimmer als bei einer banalen Atemwegserkrankung. Von den Fällen hätte normalerweise gar niemand Notiz genommen.

Derzeit sieht es so aus, als wäre eine Covid-19-Erkrankung für Kinder nicht schlimmer und vielleicht sogar weniger schlimm als eine Influenza.

Müssen sich Eltern deshalb weniger Sorgen machen?
Eine Viruserkrankung kann im Einzelfall immer einen schweren Verlauf nehmen. Pro Jahr sterben in Deutschland zehn- bis zwanzigtausend Menschen an einer Influenza. Auch Kinder können bei einer Influenza-Erkrankung auf die Intensivstation kommen. Kinder sterben auch an der Influenza, das können wir manchmal nicht verhindern.

Bisher deutet aber wie gesagt nichts darauf hin, dass das Coronavirus zu schweren Erkrankungen bei Kindern führt.

Wie sollten sich besorgte Eltern verhalten?
Derzeit versuchen die Gesundheitsämter noch die Krankheit einzudämmen und Infizierte zu isolieren. Das wird in einem zweiten Stadium mit vielen Erkrankten, wo die Infektionsketten nicht mehr nachzuvollziehen sind, nicht mehr möglich sein.

Im Übrigen machen wir das bei der Influenza heute schon nicht. Bei erkrankten Kindern müssen wir die Krankheit entsprechend der Schwere behandeln.

Meine größte Sorge ist derzeit, dass in Panik Kitas geschlossen werden oder die Kinder Zuhause behalten werden. Die Kinder sollen raus und spielen und sich mit anderen Kindern treffen. Es gibt derzeit für Kinder keine erhöhte Gefahr gegenüber dem, was wir jedes Jahr sehen.

Sollten Eltern bei einem Verdacht auf eine Coronavirus-Erkrankung zum Kinderarzt?
Das wäre genau die falsche Reaktion. In den Wartezimmern ist die Gefahr so etwas aufzuschnappen eher größer. Wenn es ein normaler Virusinfekt ist, wie man ihn kennt - also mit leichtem Fieber von 38,7 Grad, wenn das Kind hustet und die Nase läuft es aber ansonsten guter Dinge ist und trinkt - gibt es keinen Grund, zum Kinderarzt zu gehen.

Bei einem konkreten Verdacht auf eine Covid-19-Erkranung - zum Beispiel durch einen nachgewiesenen Kontakt mit einem Erkrankten - sollten die Eltern zuerst die entsprechende Hotline anrufe, die in vielen Städten eingerichtet wurde.

Generell gilt: Wenn das Kind eine schwere Atemwegserkrankung hat, dann sollte es von einem Arzt gesehen und klinisch behandelt werden. Das ist auch jetzt schon so. Der einzige Unterschied: Bei einer Influenza können wir gegebenenfalls ein Medikament geben, bei einer Covid-19-Erkrankung bisher nicht.

Hintergrund über das Coronavirus:

Wie genau hat man sich einen schweren Krankheitsverlauf bei Kindern vorzustellen?
Bei einer schweren Viruserkrankung - unabhängig ob das eine Influenza oder ein Coronavirus ist - sollte ein Arzt aufgesucht werden. Bei einer schweren respiratorischen Infektion sind die Kinder häufig abgeschlagen und apathisch, trinken schlecht und benötigen Sauerstoff. In diesen Fälle kann - auch wieder unabhängig vom Erreger - ein Klinikaufenthalt von mehreren Tagen bis zu einigen Wochen nötig sein.

Wichtig ist aber auch hier: Auch bei anderen Erregern (wie zum Beispiel Influenza oder RSV) gibt es schwere Verläufe, die eine Behandlung auf der Intensivstation nötig machen. Die allermeisten Kinder erholen sich aber relativ rasch, es gibt derzeit keinen Hinweis, dass das beim Coronavirus anders ist.

Was kann man tun, um die Übertragung eines Virus zu verhindern?
Die beste und sicherste Art und Weise, die bei allen Viruserkrankungen gilt: allgemeine Hygieneregeln einhalten, nicht in die Hand niesen, häufiges Händewaschen. Das ist das Beste, um eine Ansteckung zu verhindern.

Aktuell ist Grippesaison, viele Kinder sind schon krank. Verschärft das die Situation?
Für die Ärzte ja, denn die Praxen sind auch ohne das Coronavirus schon voll. Ob ein Kind eine Doppelinfektion bekommen kann, ist fraglich. Normalerweise haben Kinder bei einem schweren Atemwegsinfekt nur eine einzige Art von Virus.

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