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Karl Lauterbach ist neuer Gesundheitsminister.

© imago images/Jürgen Heinrich

Update

Union wirft Minister vor, mit falschen Zahlen zu hantieren: „Karl Lauterbach ruft Feuer, um dann Feuerwehr zu spielen“

Laut dem neuen Gesundheitsminister wurden für die Booster-Kampagne nicht genug Impfdosen geordert. Die Union kommt in einem Papier zu anderen Zahlen.

Für die weitere Booster-Impfkampagne Anfang kommenden Jahres fehlen nach Angaben des neuen Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach ausreichende Mengen an Impfstoff. „Wir haben einen Impfstoffmangel für das erste Quartal“, sagte der SPD-Politiker den ARD-Tagesthemen am Dienstagabend. Dies habe in einer vorgenommenen Impfstoff-Inventur viele überrascht. „Mich auch“, sagte Lauterbach.

Der Minister arbeitet nach eigenen Worten bereits daran, den Mangel zu beseitigen. „Ich hoffe, dass ich da in den nächsten Tagen eine positive Botschaft übermitteln kann.“ Bemühungen liefen über alle Kanäle, auch direkt zu den Unternehmen, es müsse aber alles EU-konform sein. „Wir müssen hier Geschwindigkeit gewinnen.“

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Auf Nachfrage des Tagesspiegels heißt es aus dem Bundesgesundheitsministerium: "Die Inventur hat ergeben, dass in den ersten drei Monaten des neuen Jahres die Zahl der auslieferbaren Impfstoffdosen stark zurückgehen und unterhalb der jetzt wöchentlich verimpften Mengen liegen wird."

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Gesundheitsminister Lauterbach will Genaueres zu den Zahlen und seinen Bemühungen am Donnerstag in der Bundespressekonferenz mitteilen, heißt es im Ministerium. Einem aktualisiertem Dokument mit Liefermengen (Stand 14. Dezember) ist zu entnehmen, dass es in den letzten beiden Dezemberwochen von Biontech nur 1,2 Millionen beziehungsweise 0,8 Millionen Impfdosen geben wird. Moderna will den beiden Wochen jeweils zehn Millionen Dosen ausliefern.

In einem Dokument des Ministeriums mit Stand 10. Dezember waren noch andere Zahlen genannt worden. Demnach sollte es in den letzten beiden Dezemberwochen von Biontech einmal 2,4 Millionen und einmal 0,9 Millionen Dosen geben. Was Moderna angeht, sind in dem Dokument für die 51. Kalenderwoche zehn Millionen und für die 52. acht Millionen Dosen genannt. Die Inventur von Lauterbach hat nun offenbar neue Zahlen zutage geführt.

Dass Biontech nun im Dezember weniger Impfstoff liefern wird, könnte mit einer vorgezogenen Lieferung zusammenhängen, die das Unternehmen vor einigen Wochen recht spontan möglich gemacht hatte. Der ehemalige Gesundheitsminister Jens Spahn hatte diese eingefädelt.

Der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Toni Sorge, wiederum wirft dem neuen Gesundheitsminister vor, in der Debatte um Impfstoffe mit falschen Zahlen zu hantieren. "Karl Lauterbach ruft Feuer, um dann Feuerwehr zu spielen – obwohl er weiß, dass es gar nicht brennt", schreibt Sorge in einem internen Papier an die Unions-Bundestagsfraktion, das dem Tagesspiegel vorliegt.

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Darin wird aufgelistet, dass ausreichend Impfstoff für Booster-Impfungen zur Verfügung stehe. In Deutschland seien aktuell 55,8 Millionen Erwachsene geimpft. Bereits 21,5 Millionen hätten ihre Booster-Impfung bekommen. Damit seien noch rund 34 Millionen ausstehend. Zur Verfügung stünden bereits ausgelieferte Dosen (8,5 Millionen von Biontech und 20 Millionen von Moderna), in diesem Jahr noch zu erwarten seien zwei Millionen von Biontech und 20 Millionen von Moderna. Damit stünden insgesamt 50 Millionen Dosen noch bis Jahresende zur Verfügung. "Mithin also genug Impfstoff, um den 34 Millionen geimpften Erwachsenen, für die eine Booster-Impfung noch aussteht, kurzfristig ein entsprechendes Angebot machen zu können", heißt es in dem Papier.

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Im kommenden Jahr gebe es demnach nach aktuellem Stand pro Monat 16 Millionen Impfdosen. Auch das sollte reichen, um bei allen ungeimpften Erwachsenen Erst-und Zweitimpfungen durchzuführen, heißt es. Was mit den zu impfenden Kindern ist, darüber werden in dem Papier keine Angaben gemacht.

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat in dem Zuge der vorherigen Bundesregierung Versäumnisse in der Corona-Politik vorgeworfen. Es sei "schwer irritierend", dass laut Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im ersten Quartal 2022 der Impfstoff knapp werden könnte, sagte Heil am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin". "Das war eine schlechte Nachricht, dass da offensichtlich die Vorgänger-Administration, das Gesundheitsministerium, nicht klar Schiff gemacht hat", sagte Heil weiter.

Impfstoff von Biontech.
Impfstoff von Biontech.

© Fabrice COFFRINI / AFP

Die Gesundheitsminister hatten sich am Dienstag darauf verständigt, dass für Geimpfte mit „Booster“-Auffrischimpfung zusätzliche Testpflichten bei Corona-Zugangsregeln weitgehend wegfallen sollen. Konkret geht es um Corona-Regeln nach dem Modell 2G-Plus - also, wenn bei Zugang nur für Geimpfte und Genesene (2G) auch von ihnen noch ein Test verlangt wird.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek erläuterte nach der Sitzung, dass eine Befreiung davon 15 Tage nach der Booster-Impfung greifen könne. Das ist als Anreiz gedacht, sich den dritten Piks zu holen.

Bewertung der Maßnahme nach zwei Monaten

Die Erleichterungen für Geboosterte sollen spätestens nach zwei Monaten bewertet und gegebenenfalls entsprechend der Lagedynamik angepasst werden, sagte Holetschek. Außerdem soll beim Zutritt zu medizinischen und Pflege-Einrichtungen zum Schutz der dortigen besonders verwundbaren Menschen weiterhin auch von „Geboosterten“ zusätzlich ein negatives Testergebnis verlangt werden.

2G gilt nach den jüngsten Bund-Länder-Beschlüssen unter anderem für Gaststätten, Freizeit- und Kultureinrichtungen - ergänzend können auch noch 2G-Plus-Vorgaben dazu kommen.

Einen entsprechenden Gesetzesentwurf, hatte Karl Lauterbachs Gesundheitsministerium anlässlich der aktuellen Gesundheitsministerkonferenz (GMK) verfasst.

Tests bei Geboosterten seien nicht sinnvoll, die Auffrischungsimpfung allerdings schon – so die Argumentation Lauterbachs. Mit Blick auf das pragmatische Argument der besseren Wirksamkeit einer dritten Impfdosis vor schweren Covid-19-Erkrankungen begrüßten mehrere Fachleute den Vorschlag – darunter der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit und der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU), der die GMK leitet.

Dass dreimal Geimpfte von der Testpflicht befreit werden, ist kein neues Konzept. Baden-Württemberg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und das Saarland fahren diese Linie. Bislang ist die Datenlage noch zu dünn, um Schlüsse über etwaige Verbesserungen der pandemischen Lage - insbesondere mit Blick auf Omikron - oder der Testkapazitäten ziehen zu können. Aufgrund ebenjener Unwägbarkeiten gibt es auch Kritik an dem geplanten Booster-Lockerungskurs.

Derlei Gedanken seien verfrüht, warnen etwa die deutschen Amtsärzte. So sei es „klüger, abzuwarten, wie sich die Pandemie in den kommenden Wochen entwickelt“, sagte die Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst, Ute Teichert, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. (mit dpa/Reuters)

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