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Wie weiter mit Tesla? CEO Elon Musk muss ein paar dringende Probleme lösen.

© REUTERS/Lucy Nicholson/File Photo

Tesla in Schieflage: Vielleicht muss Elon Musk sich an den Geruch von verbranntem Geld gewöhnen

Die Konkurrenz holt auf, Mitarbeiter fehlen, Lieferprobleme bremsen, Schwächen des E-Auto-Pioniers treten hervor. Das betrifft auch Brandenburg. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jens Tartler

Das Timing könnte schlechter kaum sein. Da will Elon Musk tausende neue Facharbeiter und Ingenieurinnen dafür gewinnen, in der Tesla-Fabrik in Grünheide anzufangen – und dann das. In einem Interview bezeichnet der Chef des E-Autobauers seine neuen Fabriken in Austin, Texas, und Brandenburg als „gigantische Geldöfen“, in denen sein Kapital in Flammen aufgehe. Das macht keine Lust, sich bei Musk zu bewerben.

Doch wie groß ist die Gefahr für Grünheide wirklich? Müssen sich die 5000 Menschen, die schon dort angeheuert haben, Sorgen machen? Und wie steht es um das Unternehmen Tesla als Ganzes?

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Zunächst muss man wissen: Das Interview wurde schon am 31. Mai in den USA aufgezeichnet, die heiklen Aussagen wurden aber erst am Mittwoch publik. Wer Musk kennt, weiß, dass der E-Auto-Pionier schnell und unkonventionell handelt. Gut möglich also, dass er in der Zwischenzeit schon etwas Abhilfe geschafft hat.

Das Benötigte sitze in China fest, erklärt Musk

Zudem ist die Situation in Grünheide zumindest entspannter als in Austin. Der Grund: In Texas verbaut Tesla die neuen Batteriezellen vom Typ 4680. Und bei denen gibt es technische Probleme, die den Hochlauf der Produktion behindern. In Brandenburg wird dagegen noch der ältere Zelltyp 2170 verbaut.

In Austin wären sie jetzt froh über diese weniger leistungsfähige Batterie, doch die Werkzeuge für die Umstellung auf diese Zellen sitzen „in einem Hafen in China fest“, wie Musk erklärt.

Tesla zahlt unter Tarif

So kann Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach beruhigen. In Grünheide werde „die Rekrutierung ungebremst vorangetrieben“. Doch so dynamisch wie er und Musk es gerne hätten, geht es gar nicht voran. Das hat handfeste Gründe: Die IG Metall hat darauf hingewiesen, dass Tesla bis zu 20 Prozent weniger zahlt als die Konkurrenten in der Region, die sich an Tarifverträge halten. Um tatsächlich bis Jahresende 12 000 Leute an Bord zu haben, wird Tesla „eine Schippe drauflegen müssen“, erwartet die Gewerkschaft. Dann aber würden sich die bereits eingestellten Kräfte ungerecht behandelt fühlen.

[Lesen Sie hier bei T-Plus: Ist BMW fairer als Tesla?]

Auf Arbeitnehmervertretungen reagiert Musk, der in den USA die Republikaner unterstützt, allergisch. Deshalb will er auch in Grünheide einen Betriebsrat durchsetzen, der nur aus leitenden Angestellten besteht, deren Loyalität vor allem dem Chef gilt.

Grünheide im April 2022. Auch der Standort macht Elon Musk schlechte Laune.
Grünheide im April 2022. Auch der Standort macht Elon Musk schlechte Laune.

© REUTERS/Annegret Hilse/File Photo

In Amerika geht der gebürtige Südafrikaner Musk noch rabiater vor: In Texas feuerte er mehr 500 Mitarbeiter:innen und hielt sich dabei nicht mal an das laxe amerikanische Arbeitsrecht.

Die Sammelklage der Betroffenen tat er als „trivial“ ab. Eine solche Unternehmensführung passt im Jahr 2022 schlechter in die Zeit denn je. Arbeitnehmer:innen lassen sich eine solche Behandlung nicht mehr gefallen, und dank des demografischen Wandels müssen sie das auch nicht.

So hip ist der Tesla nicht mehr

Hinzu kommt, dass auch Musks Produkte nicht mehr so hip sind. Ja, er war ein Pionier der E-Mobilität, und bei der Software hatte er lange einen Vorsprung. Aber heute sind seine beiden großen Modelle S und X fast unverkäuflich.

Und bei den kleineren Fahrzeugen Model 3 und Y werden Facelifts und Software-Updates bald nicht mehr reichen, um ganz neu konstruierte Autos von Mercedes, BMW oder VW auf Distanz zu halten. Auch in China setzt die einheimische Konkurrenz Tesla unter Druck.

Beim autonomen Fahren hat Musk seine Versprechen nie halten können. Schon seine simplen Assistenzsysteme sorgen für schwere Unfälle. Und jetzt droht Tesla, von der Konkurrenz abgehängt zu werden, weil es auf die falsche Technik gesetzt hat. Gut möglich, dass sich der reichste Mann der Welt an das Geräusch von brennendem Geld gewöhnen muss.

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