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Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bei der Pressekonferenz am Donnerstag.

© Michael Kappeler/dpa

Spahn ordnet Pflichttests für Rückkehrer an: Verweigerern drohen bis zu 25.000 Euro Bußgeld

Die Coronavirus-Infektionszahlen steigen, vielerorts enden die Ferien. Minister Spahn kündigte für Reisende aus Risikogebieten ab Samstag neue Regeln an.

Angesichts deutlich gestiegener Infektionszahlen hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eindringlich an die Bundesbürger appelliert, im Kampf gegen das Coronavirus nicht nachzulassen und die Hygieneregeln einzuhalten. „Die Pandemie ist noch nicht vorbei“, sagte Spahn am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Berlin. Gleichzeitig kündigte er an, dass ab Samstag eine Testpflicht für Einreisende aus Risikogebieten gelte. Test-Verweigern drohe ein Bußgeld von bis zu 25.000 Euro, so Spahn.

Aktuell verzeichne man viele kleinere Ausbrüche bei Familienfeiern etwa oder am Arbeitsplatz. Jetzt endeten langsam auch die Ferien, viele kämen aus dem Urlaub zurück. Deswegen bestehe die Gefahr, dass die Infektionszahlen weiter stiegen. Es gebe eine gewisse Ermüdung, was die Einhaltung der Regeln betreffe. „Bleiben wir wachsam, halten wir die Regeln ein.“

Wo das Virus eine Chance habe, breite es sich aus und nehme keine Rücksicht auf die Urlaubszeit, mahnte Spahn. Abstand halten, Mund- und Nasenschutz, Händewaschen seien ein „kleiner Preis“, wenn man bedenke, wie schnell sich die Pandemie ausbreiten könne.

Erstmals seit drei Monaten hatte das Robert Koch-Institut (RKI) mehr als 1000 Neuinfektionen binnen 24 Stunden registriert. Die Gesundheitsämter meldeten dem RKI demnach 1045 neue Corona-Infektionen.

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Die Schwelle von 1000 neuen Corona-Fällen war zuletzt am 7. Mai überschritten worden. Die gestiegenen Fallzahlen in Deutschland sind Spahn zufolge auch auf die Ausweitung der Tests zurückzuführen. Das sei auch gut, weil es helfe, Ansteckungsketten zu durchbrechen.

Auf die Frage, ob er einen zweiten Lockdown in Deutschland für möglich halte, antwortete Spahn nicht konkret. Sollten die Infektionszahlen weiter ansteigen, werde der erste  Fokus auf der Frage liegen, welche Art von Veranstaltungen noch stattfinden könne, sagt Spahn. Dabei gehe es insbesondere um Feiern und religiöse Veranstaltungen wie der Kirchenbesuch. Das Schließen von Geschäften sehe er derzeit nicht, sagte Spahn.

Spahn: Eingriff in die Persönlichkeitsrechte zumutbar

Spahn sagte, mit der Testpflicht für Rückkehrer aus Gebieten mit hohen Fallzahlen wolle man „auf Nummer sicher“ gehen. „Mir ist sehr bewusst, dass das ein Eingriff in die Freiheit des Einzelnen ist.“ Es sei aber ein zumutbarer Eingriff. Es gebe auch eine „Verpflichtung für uns als Gesellschaft“, hob er hervor, zudem sei ein Abstrich verglichen etwa mit einer Blutentnahme ein vergleichsweise niedrigschwelliger Eingriff.

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Wer aus solchen Risikogebieten kommt, muss sich bisher schon direkt für 14 Tage in häusliche Quarantäne begeben und beim Gesundheitsamt melden. Möglich ist auch, ein negatives Testergebnis vorzulegen, das höchstens 48 Stunden alt ist. Beispielsweise verlangt die Türkei für Ausreisende ein solches Zertifikat bereits vor dem Abflug.

Bereits seit vergangenem Samstag können sich alle Einreisenden aus dem Ausland freiwillig und kostenlos auf das Coronavirus testen lassen. Jede bisher unentdeckte Infektion mache einen Unterschied, sagte Spahn. Rund 0,8 bis 1 Prozent der Testergebnisse aus dem Inland seien positiv, erklärt Spahn. Bei Rückkehrern aus dem Ausland liege der Wert bei ein bis zwei, je nach Flughafen sogar über zwei, Prozent.

Zur Frage, wie sinnvoll ein zweiter Test sei, sagt Spahn, dies könne bereits jetzt angeordnet werden. Dies liege in der Verantwortung der zuständigen Behörden vor Ort. Einige Bundesländer hätten dies schon angeordnet.

Spahn: Tests dürfen keine soziale Frage werden

Spahn verteidigte es erneut, dass die Reisenden für die Tests nicht selbst zur Kasse gebeten werden sollen. Von dem Argument, wer sich einen Urlaub leisten könne, könne sich gefälligst auch den anschließenden Test leisten, halte er nichts. Das würde das solidarische Krankenversicherungssystem infrage stellen. „Wir dürfen die Frage des Testens nicht zu einer sozialen Frage werden lassen“, erklärte Spahn.

Die Tests sind für die Einreisenden sollen zunächst aus Geldern der Krankenkassen finanziert werden. Dafür wird die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds verwendet, der allerdings dafür höhere Bundeszuschüsse erhält.

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Welche Länder als Risikogebiete gelten, steht auf einer Liste des RKI – aus der EU sind derzeit Luxemburg und die die drei spanischen Regionen Aragón, Katalonien und Navarra auf der Liste. Zentrales Kriterium ist, in welchen Staaten oder Regionen es in den vergangenen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner gegeben hat.

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Spahn machte klar, dass Personen, die sich einem Test verweigern, empfindliche Strafen drohen. Es gebe dann ein Bußgeld je nach Verhältnismäßigkeit. Dies könne aber bis zu 25.000 Euro betragen. Wer den Test nicht mache, müsse zudem in Quarantäne, so Spahn. Über die Höhe werde von den Behörden vor Ort entschieden, sagte Spahn. Er sei aber sicher, dass der weit überwiegende Teil der Rückkehrer der Testpflicht nachkommen werde.

Spahn nennt Konzepte der Länder für Schulen überzeugend

Mit Blick auf den nun nach und nach beginnenden Schulunterricht sagte Spahn, er halte die Bundesländer gut vorbereitet. Die ausgearbeiteten Konzepte nannte er „überzeugend“. Es sei sehr wichtig, dass Kinder auch Kontakte zu anderen Kindern hätten. Außerdem würden die Schulen auch für Chancengleichheit schaffen, weshalb es wichtig sei, dass der Unterricht wieder starten könne, sagte Spahn. Der Vorteil sei, dass jedes Bundesland zu einer anderen Zeit wieder starte.

Hintergrund-Informationen zum Coronavirus:

Spahn lobte auch das Konzept der Deutschen Fußballliga (DFL) zu Bundesliga-Spielen mit Zuschauern. „Es ist ein sehr, sehr gutes“, sagt der CDU-Politiker. In der Ausarbeitung sei es „beispielhaft“. Allerdings müsse es etwa mit Blick auf An- und Abreisen auf das jeweilige Stadion angepasst und mit den Behörden abgestimmt werden. Es komme aber auf die „gelebte Realität“ an. „Entscheidend ist auf dem Platz.“

Es mache einen großen Unterschied, ob 5000 oder 30.000 Menschen zu einem Bundesliga-Spiel kommen, sagte Spahn. Gewährleistet müsse werden, dass das Konzept in jedem Stadion umgesetzt werde. Auch müsse berücksichtigt werden, dass die Testkapazitäten nicht dafür verwendet werden, die Fußballfans wieder ins Stadion zu bringen. Testkapazitäten würden vor allem gebraucht, Personal im Gesundheitswesen, Menschen bei größeren Coronavirus-Ausbrüchen oder Reiserückkehrer zu testen.

Die DFL-Mitgliederversammlung hatte am Dienstag mehrheitlich, aber nicht einstimmig für den Fall der Fan-Rückkehr ein Alkoholverbot sowie die Streichung der Stehplätze bis zum 31. Oktober beschlossen. Bis zum Jahresende sollen zudem keine Gästetickets verteilt werden und Maßnahmen getroffen werden, die eine Nachverfolgung von Infektionsketten möglich macht.

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