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Seine Geschäfte und die seines Kollegen Nikolas Löbel setzen die Union unter Druck: CSU-Bundestagsabgeordneter Georg Nüßlein.

© imago images/Jürgen Heinrich

Sind Nüßlein und Löbel die einzigen?: Unionsfraktion will bis Freitag alle Maskendealer ausfindig machen

Nach dem Skandal suchen CDU und CSU weitere Abgeordnete mit dubiosen Geschäften. Berliner Parlamentarier erklären: Wir haben nichts damit zu tun.

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Die Fraktionsführung der Union will ihren Abgeordneten eine Frist setzen. Bis Freitag erwartet sie nach Angaben von Parlamentariern Antworten, ob außer Georg Nüßlein und Nikolaus Löbel weitere Parlamentarier im Zusammenhang mit der Coronakrise Geschäfte gemacht haben.

Angesichts der Debatte um das Fehlverhalten von Parlamentariern will die Union nach längerem Zögern die Regeln für Abgeordnete verschärfen. Dies könnte noch im März auf den Weg gebracht werden.

Aus der Unionsfraktion hieß es, noch diese Woche sollten darüber mit der SPD Gespräche geführt werden. Auf der Agenda der Koalition steht bereits die Einführung eines Lobbyregisters, das in der nächsten Sitzungswoche des Bundestages beschlossen werden soll. Gemeinsam mit dem Lobbyregister könnten weitere Schritte zu mehr Transparenz auf den Weg gebracht werden.

Welche das sein sollen, steht noch nicht fest. Es gilt aber als relativ sicher, dass die Koalition sich darauf einigt, dass Abgeordnete Aktienoptionen beim Bundestag angeben müssen, die sie im Rahmen einer Nebentätigkeit erhalten. Der Fall Philipp Amthor (CDU) hatte gezeigt, dass es hier eine Regelungslücke gibt. Bereits seit längerer Zeit ist außerdem im Gespräch, die Schwelle für die Veröffentlichungspflicht von Einkünften aus Unternehmensbeteiligungen zu senken.

Als Konsequenz aus der Maskenaffäre um Nüßlein und Löbel gibt es in der Union zudem die Überlegung, Abgeordnete, die im Rahmen ihrer Nebentätigkeit auf ihr Mandat hinweisen, zu sanktionieren.

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Folgen wird auch das Spendendinner von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) haben, der Zuwendungen in Höhe von 9999 Euro, also knapp unter der Grenze für die Veröffentlichungspflicht, eingeworben hatte. Diese Grenze soll nun herabgesetzt werden. Die SPD fordert sogar für Mandatsträger ein Annahmeverbot für Spenden. Außerdem will sie Abgeordneten eine entgeltliche Lobbytätigkeit ganz untersagen.

Die SPD verlangt mehr vom Koalitionspartner

Die Vorschlägen der Union reichten nicht aus, sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider, da sie nur eine unverbindliche Selbstverpflichtung darstellten.

Die SPD werde kurzfristig konkrete Vorschläge für generelle, verbindliche und sanktionsbewährte Verschärfungen im Strafrecht, bei den bestehenden Transparenzregeln und für das Lobbyregister vorlegen und diese in Gespräche mit der Union einbringen. "In diesen Gesprächen wird sich erweisen, ob die wortgewaltigen Ankündigungen von Laschet und Söder belastbar sind“, meinte der SPD-Politiker.

Über gesetzliche Änderungen hinaus will sich die Union einen fraktionsinternen Verhaltenskodex geben. Dieser könnte ebenfalls Sanktionen enthalten, die bis zum Fraktionsausschluss reichen.

Die Berliner CDU-Abgeordneten Frank Steffel, Monika Grütters, Thomas Heilmann und Jan-Marco Luczak erklärten auf eine Tagesspiegel-Anfrage, sie tätigten keine Geschäfte im Zusammenhang mit Corona. Kai Wegner und Klaus-Dieter Gröhler hatten bis zur Abgabefrist am Dienstagnachmittag nicht geantwortet.

"Wir wollen und müssen hier größtmögliche Transparenz herstellen", sagte Luczak dem Tagesspiegel. Er selbst habe weder Masken oder andere Schutzausrüstung vermittelt noch sich sonst in irgendeiner Weise geschäftlich im Zusammenhang mit Corona engagiert.

Der Chef selbst verlangt nun Aufklärung: Armin Laschet, CDU-Vorsitzender.
Der Chef selbst verlangt nun Aufklärung: Armin Laschet, CDU-Vorsitzender.

© imago images/Political-Moments

Da sich ein solch inakzeptables Fehlverhalten wie bei Nüßlein und Löbel nicht wiederholen dürfe, werde nun ein fraktionsinternen Verhaltenskodex erarbeitet, der über die aktuell geltenden rechtlichen Regelungen hinausgehen werde. "Nicht alles was legal sein mag, ist auch legitim. Politik muss höchsten moralischen Ansprüchen genügen, wenn sie Vorbild sein will, sonst geht notwendiges Vertrauen verloren“, fügte Luczak hinzu.

Neben der Union will auch die Fraktionsführung der Linken von ihren Parlamentariern explizit erfragen, ob sie in diesem Zusammenhang Geld verdient haben. Die FDP-Fraktion hat dies schon getan – nach Angaben eines Sprechers ergaben sich keinerlei Hinweise auf „Fälle wie in der Union oder auch nur Zweifelsfälle“. Die Fraktionen von SPD, Grünen und AfD erklärten auf Tagesspiegel-Anfrage, ihre Abgeordneten würden keine entsprechenden Geschäfte tätigen, wollen diese aber nicht dazu befragen.

„Geschäftemacherei mit der Krise verbietet sich“, sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Schneider: „Für die SPD-Fraktion kann ich so etwas ausschließen.“ In dem gleichen Sinne äußerten sich seine Kollegin von den Grünen, Britta Haßelmann, und sein Pendant von der AfD, Bernd Baumann.

Die Linke sei „dafür bekannt, nicht mit Konzernen verbandelt zu sein“, meinte ihr Parlamentsgeschäftsführer Jan Korte. Grünen-Politikerin Haßelmann, warnte: „Aus dem Problem der CDU/CSU sollte man keinen Verdacht gegen alle Parlamentarier*innen machen.“ Die Abgeordneten ihrer Fraktion würden die Regeln kennen, es gebe bei ihnen „keine persönliche Geschäftemacherei und Bereicherung mit der Krise“.

Der Bundestag will dem Gesundheitsministerium keinen Vorschlag unterbreiten, wie eine Liste mit Abgeordneten veröffentlicht werden kann, die wegen Maskenbeschaffung mit dem Haus in Kontakt waren. Dies hatte das Haus von Minister Jens Spahn (CDU) angeregt.

Der Bundestagsdirektor schrieb nach Angaben eines Sprechers auf eine Anfrage des Ressorts, die Beantwortung von Fragen an das Ministerium liege nicht in der Verantwortung des Parlaments. Er wies darauf hin, dass Abgeordnete nach der Rechtsprechung ein berechtigtes Interesse an der Vertraulichkeit von personenbezogenen Daten haben, die von der Freiheit des Mandats geschützt sind. Rechtlich unbedenklich erscheine die Herausgabe, wenn dem Ministerium eine Einwilligung des oder der Betroffenen vorliege.

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