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Andrang an einem Regionalzug am Bahnhof Gesundbrunnen in Berlin am Pfingstsonntag

© dpa/Jörg Carstensen

Update

Pfingsten mit dem Neun-Euro-Ticket: 400 überfüllte Züge und 700 Problemfälle pro Tag

Die Neun-Euro-Ticket-Aktion hat über Pfingsten für einen Ansturm auf Bahnhöfe und Züge gesorgt. Personalvertreter berichten von Überlastung.

Nach dem Pfingstwochenende mit dem Neun-Euro-Ticket hat ein Personalvertreter der Deutschen Bahn eine kritische Zwischenbilanz gezogen. An jedem Tag habe es bundesweit etwa 400 Züge mit zu hoher Auslastung gegeben, so dass Passagiere abgewiesen oder Fahrräder nicht mitgenommen worden seien, berichtete der Vize-Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats DB Regio, Ralf Damde, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) nach Gesprächen mit Bahn-Betriebsräten.

Insgesamt habe es pro Tag rund 700 Meldungen von Überlastung, Problemen mit Passagieren oder Störungen an die Einsatzzentrale gegeben. Das sei signifikant mehr als an einem durchschnittlichen Wochenende und auch als am Pfingstwochenende vor Corona, sagte Damde.

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Zu befürchteten tätlichen Übergriffen gegen das Bahnpersonal sei es nicht gekommen, „wohl aber zu verbalen“, sagte Damde. Der massive zusätzliche Personalbedarf habe allein über Pfingsten Tausende Überstunden nötig gemacht. Zu erhöhtem Personal- und Zeitaufwand habe auch beigetragen, dass viele Reisende ohne Bahn-Erfahrung sich auf den Bahnhöfen nicht zurecht gefunden hätten.

„Die Neun-Euro-Aktion hat erwartungsgemäß einen großen Ansturm auf die Regionalzüge ausgelöst, der bundesweit zu deutlich mehr Fällen von Überlastung geführt hat“, sagte Damde. „Überall in Deutschland waren die Bahnsteige und die Züge voll, in mehreren Fällen mussten überfüllte Züge geräumt werden - aber zum Glück keine Bahnhöfe.“

Zu erhöhtem Personal- und Zeitaufwand führte demnach, dass viele Reisende ohne Bahn-Erfahrung sich auf den Bahnsteigen oder in großen Bahnhöfen nicht zurecht fanden, sagte Damde. „Insgesamt brauchten die Passagiere deutlich mehr Hilfestellung als sonst. Dazu gehörte auch, dass viele Menschen, die lange nicht Zug gefahren sind, nicht wussten, dass im ÖPNV nach wie vor Maskenpflicht herrscht.“

Das Personal habe die Zusatzaufgaben über die Betriebsteile hinweg sehr kooperativ und engagiert ausgeübt, sagte er dem RND. „Im Ausnahmefall ist das möglich, aber dauerhaft nicht. Viele Bahn-Angestellte gehen schon jetzt auf dem Zahnfleisch“, betonte Damde.

FDP-Verkehrspolitiker sieht Bahn schlecht vorbereitet

Der FDP-Verkehrspolitiker Christian Jung sagte dem Hessischen Rundfunk, das Ticket zeige, dass die Bahn „nur bedingt auf zusätzliche Kapazitäten im Nahverkehr und zu touristischen Zielen vorbereitet“ sei. „Die Bahn-Infrastruktur ist wegen ihres Zustandes nicht auf solche Kapazitätssteigerungen ausgelegt“, fuhr er fort. Ob ab September nach dem Ende des Rabatt-Tickets mehr Menschen als Fahrgäste im ÖPNV gewonnen werden könnten, hänge auch mit der Qualität der Leistungen und Reformen im Nahverkehr wie dem Abbau von unübersichtlichen Verbundgrenzen zusammen.

Unterdessen brach nach Einschätzung Jungs über Pfingsten und schon davor der Schienengüterverkehr in Deutschland teilweise zusammen. „Hunderte von Güterzügen der privaten Bahnen, der europäischen Staatsbahnen und der Deutschen Bahn stehen jeden Tag in Deutschland still oder können erst gar nicht zu uns kommen.“ Grund dafür seien die Management-Probleme bei dem Konzern sowie der „katastrophale Zustand des deutschen Bahnnetzes“, sagte Jung. (dpa, AFP)

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