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Pläne von Bundestagsgebäuden gingen an den Geheimdienst GRU.

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Neuer Spionagefall: Forschte Elektrofachmann Bundestag für Russland aus?

Vor fünf Jahren landeten russische Hacker einen Angriff auf Server des Bundestags. Jetzt gab es anscheinend eine neue Spionage-Attacke.

Ein 55-jähriger Deutscher soll sensible Informationen über Bundestagsgebäude an den russischen Geheimdienst verraten haben. Die Bundesanwaltschaft erhob Anklage gegen Jens F. wegen des Verdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit.

Jens F. arbeitete für ein Serviceunternehmen, das im Auftrag des Parlaments die Betriebssicherheit von elektrischen Geräten überprüfte. Dadurch hatte er offenbar auch Zugang zu Computern, auf denen sich PDF-Dateien mit den Grundrissen von Gebäuden befanden, die der Bundestag nutzt. Die Dateien hat er nach Erkenntnissen der Karlsruher Behörde kopiert und an einen Mitarbeiter der russischen Botschaft in Berlin weitergegeben, der hauptamtlich für den russischen Militärgeheimdienst GRU tätig ist.

Neue Belastung für die Beziehung zu Russland

F. sei nicht angeworben worden, sondern habe aus eigenem Entschluss gehandelt, heißt es in der Erklärung der Generalbundesanwalts. Begonnen habe die Spionage offenbar im Sommer 2017. Nach Angaben von „Spiegel Online“ hat Jens F. einschlägige Erfahrung. Er war einst Offizier der 9. Panzerdivision der Nationalen Volksarmee und angeblich zwischen 1984 bis zum Ende der DDR auch als Inoffizieller Mitarbeiter für die Stasi im Einsatz. Dabei führte er auch weitere IM.

Vor fünf Jahren hatten russische Hacker wohl gezielt das Abgeordnetenbüro der Kanzlerin angesteuert. Sie konnten dort mutmaßlich Tausende Mails abgreifen. Die Nachricht über einen weiteren Spionageangriff dürfte die deutsch-russischen Beziehungen weiter belasten. Die sind nicht nur wegen Spionageaffären angespannt. Neuerdings sind Moskau und Berlin wegen des Vorgehens gegen den Kremlkritiker Alexej Nawalny über Kreuz. Deutschland fordert die unverzügliche Freilassung des zu dreieinhalb Jahren Lagerhaft verurteilten Oppositionellen. Nawalny war nach einem Mordversuch in Russland in Deutschland medizinisch behandelt worden. Unmittelbar nach seiner Rückkehr wurde Nawalny in Moskau verhaftet. Offizielle russischen Stellen bestreiten, dass es den Versuch einer Vergiftung Nawalnys überhaupt gegeben habe. Geschweige denn, dass russische Geheimdienstmitarbeiter verstrickt seien. Eine Belastung für das bilaterale Verhältnis ist auch der Mord an einem Georgier im Berliner Tiergarten, dessen ein russischer Staatsbürger angeklagt ist.

Die Grünen nennen die neue Spionageaktion „alarmierend“. „Die Dienstleister des Bundestages haben nicht nur Zugriff auf die Pläne der Liegenschaften, sondern könnten sich auch Zugang zu weiteren, sehr sensiblen Informationen verschaffen“, erklärten ihr Sprecher für Ostpolitik, Manuel Sarrazin, und Vizefraktionschef und Cybersicherheitsfachmann Konstantin von Notz.

Moskau sieht "antirussische Informationskampagne"

„Diese Missstände müssen nun schnellstmöglich behoben und erneut sichtbar gewordene Sicherheitslücken schnellstmöglich geschlossen werden.“ Beide forderten ein umfassendes Konzept ein, das „den Bundestag im analogen und digitalen Raum bestmöglich schützt und zugleich das freie Mandat garantiert“. Unter anderem müssten externe Dienstleister stärker kontrolliert werden. Man wisse seit Langem, „dass der Bundestag als Herzkammer unserer Demokratie im Fokus von Angreifern mit verschieden gelagerten Interessen steht“.

Die Reaktion aus Russland kam prompt. „Derartige Berichte über erwischte ,russische Spione‘ befeuern nur eine antirussische Informationskampagne, um den Mythos der Moskauer Aggression zu unterstützen“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der Staatsduma, Leonid Sluzki, der Agentur Interfax.

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