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Herbstferien an der See? Das wird nun schwieriger für Urlauber.

© Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/dpa

Neue Corona-Regeln sorgen für Verwirrung: Urlaub in Deutschland - was ist noch erlaubt zwischen Ostsee und Alpen?

Die Hauptstadt gilt nun als Corona-Risikogebiet. Berliner sind nicht mehr überall willkommen. Was Reisende jetzt beachten müssen. Ein Überblick.

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Christian Gaebler meinte es vermutlich gut. Als die Chefs der Staatskanzleien mit Kanzleramtsminister Helge Braun die neuen Corona-Reiseregeln vereinbarten, ließ der Leiter der Berliner Senatskanzlei eine Protokollerklärung hinzufügen: „Bei der Bewertung des Infektionsgeschehens will Berlin als Gesamtstadt und Einheitsgemeinde behandelt werden.“ Am Mittwoch schien das noch schlau: Die Sieben-Tage-Inzidenz für die ganze Stadt lag unter dem kritischen Wert 50.

Am Donnerstag ging der Kniff nach hinten los. 52,8 Neuinfektionen im Sieben-Tage-Schnitt machen Berlin zum innerdeutschen Hotspot. Das gilt nun auch für Spandauer, Köpenicker und andere jenseits der innerstädtischen Problembezirke. Doch für Herbsturlauber aus der Hauptstadt sieht es ohnehin schlecht aus.

Dass sich die Berliner selbst ein Bein stellten, ist nur eine der Ungereimtheiten der Reise-Regeln. Sie sollen zur Einheitlichkeit führen. Doch schon der Beschluss, der nach der Telefonkonferenz am Mittwoch verbreitet wurde, bringt es auf fünf abweichende Protokollerklärungen.

Die Verwirrung ist entsprechend groß. „Dieses Beherbergungsverbot fällt uns gerade total auf die Füße“, stöhnt eine Bundestagsabgeordnete, deren Mail-Postfach seit dem Morgen vor Bürgeranfragen kaum noch stillsteht. Der Tonfall reicht von erbost bis ratlos: „Gilt das auch für Wohnmobile?“

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Die richtige Antwort heißt: Kommt drauf an. Die meisten Bundesländer haben bisher in der Pandemie Campingplätze oder vermietete Ferienwohnungen genauso behandelt wie Hotels und Gasthöfe. Solange aber viele Landesregierungen ihre Corona-Verordnungen noch nicht auf den neuesten Stand gebracht haben, bleibt als konkrete Antwort nur ein Achselzucken.

Auch Herbstgäste, die gleich in ihren gebuchten Unterkünften nachfragten, ob sie kommen dürfen, stießen nur auf genauso ratlose Hoteliers. „Ja, also, das wissen wir auch nicht!“ gab eine Hotelfrau aus dem Schwarzwald zu. Die Landesregierung muss erst noch beschließen.

Für einige Reisende gelten die Verbote nicht

Generell soll dabei in elf der 16 Bundesländer gelten: Auch wer aus einem Hotspot-Gebiet mit einer RKI-Ziffer über 50 kommt, muss nicht unbedingt den Herbsturlaub abschreiben. Zwar appellieren Bund und Länder „eindringlich“ an alle, auf „nicht erforderliche Reisen“ in und aus innerdeutschen Hotspots zu verzichten. Die Einschränkung auf „nicht erforderliche“ heißt aber: Geschäftsreisende, Pendler und auch Familienbesucher sollen nicht reglementiert werden.

Wer privat übernachtet, ist vom Beherbergungsverbot ebenfalls nicht erfasst. Es empfiehlt sich allerdings trotzdem vorher ein Blick in den genauen Wortlaut der Landesverordnungen, um etwa zu klären, ob es Größenbeschränkungen für Familienbesuche gibt.

Als Wegweiser durch den Vorschriften-Dschungel taugt eine Webseite, die die Bundesregierung geschaltet hat. Auf „www.tourismus-wegweiser.de“ stehen Übersichten über die Vorschriften aller Länder und zum Feinabgleich zusätzlich die direkten Links auf die aktuellen Landesverordnungen.

Touristen brauchen einen Test

Der zwischen Bund und Ländern verabredete Mechanismus bietet grundsätzlich auch Touristen einen Weg ins Urlaubsziel im Binnenland. Sie müssen sich dafür vorher testen lassen; blieben sie negativ, dürfen sie reisen und übernachten. Dieser Test darf bei Anreise höchstens 48 Stunden alt sein.

Die Frist beginnt nicht beim Rachenabstrich – dann liefe die Regelung sofort ins Leere, weil die Labore oft nicht so schnell liefern. Maßgeblich für den Fristbeginn ist der „Zeitpunkt der Feststellung des Testergebnisses“ – der Zeitstempel des Laborbefunds.

Für viele Berliner bleiben Ferien am Strand ein Traum
Für viele Berliner bleiben Ferien am Strand ein Traum

© imago images/POP-EYE

Danach muss sich der Urlaubswillige sputen. Langfristig gebuchte Züge oder Flüge in das Zeitfenster zu quetschen dürfte kaum gelingen. Es bleibt nichts übrig als auf gepackten Koffern zu warten, kurzfristig die Bahn zu buchen oder gleich mit dem Auto zu fahren.

Auf Mietwagen als Ausweichstrategie ist übrigens nicht immer Verlass: Im Sommer war in Städten wie Stuttgart zeitweise kein einziges Mietmobil mehr aufzutreiben. Doch die Chancen, als Berliner überhaupt einen Test zu bekommen, stehen denkbar schlecht.

Kaum noch Termine, überlastete Labore

Anders als bei Corona-Verdacht gibt es keinen Anspruch, an einer der offiziellen Teststellen zum Zug zu kommen. Die sind, genau wie die Gesundheitsämter, nur bei Coronaverdacht zuständig und für die Testung etwa von medizinischem und Pflegepersonal. Die Urlauber-Vorabtests gelten als Privatvergnügen.

Sie müssen deshalb auch selbst bezahlt werden. Die Tarife liegen zwischen 150 und 200 Euro pro Person. Ansprechpartner sind Hausärzte. Außerdem bieten das Ärztehaus Mitte und Quicktest Berlin Corona-Tests für Privatzahler an. Einige Arztpraxen arbeiten mit Selbstabstrichen, die aber medizinische Laien kaum sicher handhaben können.

Private Test-Termine sind allerdings jetzt schon weitgehend ausgebucht. Und selbst wenn sie es nicht wären: Das Hauptproblem für reiselustige Berliner ist ohnehin, dass die hiesigen Labore mit einem Urlauber-Ansturm völlig überfordert sein dürften. Schon jetzt liegt die Auslastung nach Tagespiegel-Informationen bei fast 95 Prozent. Laboren gehen Materialien aus, manche brauchen bereits vier Tage, bis ein Ergebnis vorliegt.

Einige Länder bestehen weiter auf Sonderregeln

Wer trotz all dieser Hindernisse ein negatives Test-Testat ergattert, dessen Herbstferien steht grundsätzlich nichts mehr im Weg. Allerdings gilt der Test vor der Einreise nicht überall als Freifahrschein. Mecklenburg-Vorpommern behielt sich in der Telefonschaltkonferenz vor, zusätzlich bei seinen eigenen, strengeren Regeln zu bleiben.

Für den Herbsturlaub an der Ostsee oder auf der Seenplatte gilt deshalb weiter eine Quarantänepflicht für Reisende aus deutschen Hotspot-Regionen: Sie dürfen nur mit negativem 48-Stunden-Test überhaupt in das Land einreisen und müssen danach für mindestens fünf Tage in ihrer Unterkunft bleiben. Erst dann dürfen sie sich „freitesten“ lassen, wenn sie coronafrei sind.

In Rheinland-Pfalz gilt aktuell noch eine ähnliche Quarantäneregel. Sie soll aber demnächst durch die 48-Stunden-Tests abgelöst werden. Am anderen Ende der Länder stehen die Freizügigen: Bremen, gerade selbst zum Hotspot geworden, und Thüringen nehmen von generellen Beschränkungen Abstand. Thüringen überlässt das Vorgehen den Gesundheitsbehörden vor Ort.

Die meisten anderen Länder – Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Saarland und Schleswig-Holstein – wollen die 48-Stunden-Testregel übernehmen. Im Einzelfall kann es aber wieder aufs Kleingedruckte ankommen. In vielen Bundesländern gelten zum Beispiel für Kurzaufenthalte schwächere Regeln.

Wer muss für ausgefallene Buchungen zahlen?

Wem die Lust auf Urlaub vergangen ist, wer keinen Test bekommt oder die dringliche Bitte von Bund und Ländern einleuchtend findet, lieber zu Hause zu bleiben, der steht vor dem nächsten Problem: Darf ich gebuchte Unterkünfte einfach stornieren?

Die Antwort ist auch hier: Das kommt drauf an. Ein Beherbergungsverbot für Reisende aus Risikogebieten heißt, dass der Vermieter die vertraglich vereinbarte Leistung gar nicht erbringen kann – dann, sagt die Verbraucherzentrale, bekommt man sein Geld zurück.

Ob das auch gilt, wenn der Reisende die Möglichkeit hat, sich freitesten zu lassen, ist umstritten. Einige Juristen vertreten die Ansicht, der verhinderte Reisende müsste zumindest den Versuch machen; andere glauben, dass das nicht erforderlich wäre. Gerichtsurteile als Orientierung für vergleichbare Fälle sind den Verbraucherberatern noch nicht untergekommen.

Klar ist hingegen: Hat der Reisende den Ausfall eindeutig selbst zu vertreten, etwa weil er erkrankt oder in Quarantäne muss, bleibt er auf den Kosten sitzen. Maßgeblich ist dabei auch, was im Vertrag vereinbart wurde. Oft werden Stornokosten umso höher, je kurzfristiger die Absage kommt.

Tourismusverbände und Verbraucherzentrale raten angesichts der rechtlichen Unsicherheiten generell dazu, gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Man könnte zum Beispiel die Buchung auf einen späteren Termin verschieben. Als Weg zur Einigung zur Güte hat es sich auch bewährt, dass sich beide Seiten die Stornokosten teilen.

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