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Da hatte Olaf Scholz gut lachen: Der SPD-Kanzlerkandidat bei der Talkrunde "Brigitte Live".

© imago images/Future Image

Mitbewerber schwächeln: Steht der große Scholz-Moment noch bevor?

Baerbock und Laschet patzen, der SPD-Kanzlerkandidat nicht. Die Chancen, die er hat, wahrt Scholz. Das kann man über die Konkurrenz nicht sagen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Hans Monath

Für Olaf Scholz war es ein gelungener Abend: Beim Talk des Magazins „Brigitte“ parierte der SPD-Kanzlerkandidat am Mittwoch freundlich lächelnd alle Fragen. Er zeigte sich als Mensch mit Emotionen, warb für sein politisches Programm und griff die Union scharf an. So rund lief der Auftritt des SPD-Mannes, dass im Willy-Brandt- Haus wohl die Sektkorken knallten.

Auf jeden Fall nutzte der Finanzminister die Gelegenheit, seine Stärken ins Licht zu stellen, zu der vor allem seine zupackende Art und seine Erfahrung in Spitzenämtern gehören – ein wichtiges Pfund in einer Zeit, in der sich mit Pandemie und Flut die Krisen häufen. Da Angela Merkel nicht weitermacht, so lautet das Kalkül der SPD, werden die Wählerinnen und Wählern von allen drei Kandidaten am Ende am ehesten ihm zutrauen, Sicherheit und Stabilität zu garantieren.

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Der Kandidat schien deutlich lockerer und gelassener als bei manchen Auftritten vor Wochen. Damals lief er Gefahr, sich mit seinem zu dieser Zeit noch eher emotionslos hervorgepressten Satz „Ich will Kanzler der Bundesrepublik Deutschland werden“ als Politiker zu präsentieren, der allmählich den Kontakt zur Wirklichkeit verliert. Grüne und Union lieferten sich damals noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen, die SPD war um bis zu 15 Prozentpunkte völlig abgeschlagen.

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Doch nach der Pannenserie von Annalena Baerbock gingen mit den wachsenden Zweifeln an der Führungskraft dieser Kanzlerkandidatin auch die Umfragewerte ihrer Partei zurück. Und seit sich Armin Laschet (CDU), der anfangs im Schlafwagen ins Kanzleramt fahren zu schien, eklatante Blößen leistet, bröckelt laut den Demoskopen die schwarz-grüne Mehrheit – eine wichtige strategische Verbesserung für die SPD.

Eine Dreierkonstellation von SPD, Grünen und Liberalen, mit der Scholz sich das Kanzleramt sichern will, wird damit ein klein wenig wahrscheinlicher. Allerdings müssen die Sozialdemokraten dafür Baerbocks Partei überholen.

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Deren Kandidatin, so die Hoffnung der SPD, hat ihren Anspruch aufs Kanzleramt verwirkt, ihre Partei schneidet am Wahltag traditionell schlechter ab als in Umfragen. Noch aber meldete nur ein einziges Institut einen Gleichstand von Rot und Grün, andere sehen leicht verbesserte oder gar weiter stagnierende SPD-Werte.

Nur eine oder einer schafft es ins Kanzleramt: Armin Laschet, Annalena Baerbock und Olaf Scholz in einer Talkrunde zur Außenpolitik im Juni.
Nur eine oder einer schafft es ins Kanzleramt: Armin Laschet, Annalena Baerbock und Olaf Scholz in einer Talkrunde zur Außenpolitik im Juni.

© dpa

Man kann es auch so sagen: Unter wenig überzeugenden Kandidaten macht Olaf Scholz derzeit eine gute Figur. In dieser Woche erhielt keiner der drei Bewerber in einer Umfrage zur Kanzlertauglichkeit mehr als 20 Prozent Zustimmung, aber Scholz (18 Prozent) hatte Laschet (17 Prozent) hinter sich gelassen, lag nur einen Punkt hinter Baerbock. In anderen Erhebungen steht er vorne, vor allem Führungsfähigkeit sehen bei ihm mehr Befragte als bei der Konkurrenz.

Die bange Frage der SPD lautet: Können die relativ guten persönlichen Werte des Kandidaten die Partei nach oben ziehen? Bislang profitiert Scholz von der Schwäche der anderen. Der SPD wird nicht viel zugetraut. Er kann sich zugutehalten, seinen Kurs durchgehalten und im Gegensatz zu Baerbock und Laschet keine Fehler gemacht zu haben. Auch überlässt ihm die SPD ohne hörbares Murren ganz allein die Bühne. Der kritische linke Flügel ist mit Mietenstopp und Vermögenssteuer ruhiggestellt. 

Womöglich ändert sich das Gesamtbild, weil die Deutschen zwar wissen, aber noch nicht spüren, dass Angela Merkel nach 16 Jahren wirklich aufhört. Noch interessierten sich die Bürger vor allem für die Bewältigung der Pandemie. Wenn viele erst kurz vor dem 26. September entscheiden und dabei vor allem nach Führungsstärke fragen, kann eine neue, offenere Lage entstehen.

Kommt dann der Scholz-Moment? Zur Entscheidung für eine Partei trägt auch ein guter Kandidat nur zu einem Drittel bei. Gut sind die Aussichten für Scholz deshalb noch nicht. Aber die Chancen, die er hat, die wahrt er. Das ist mehr, als man derzeit über seine Konkurrentin und seinen Konkurrenten sagen kann.

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