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Kanzler Olaf Scholz bei seinem Besuch im Februar im Kreml - er sieht vorerst keine Alternative zu Gas und Öl aus Russland.

© Sputnik/Sergey Guneev/REUTERS

Kanzler Scholz blockt ab, Russland droht: Kommt ein Embargo auf russisches Gas und Öl? Die 10 wichtigsten Fragen und Antworten

Deutschland will Putin aus Angst vor Engpässen weiter Milliarden für Gas und Öl zahlen. Ein Dilemma. Russland spielt damit, bringt selbst einen Stopp ins Spiel.

So eine Pressemitteilung ist höchst ungewöhnlich, zeigt aber den gewaltigen Druck. Kanzler Olaf Scholz (SPD) sieht sich genötigt, eine klare rote Linie einzuziehen, an einem Tag, an dem Gerüchte ins Kraut schießen – und die Preise an den Gasmärkten und Zapfsäulen Höchststände erreichen.

Er lehnt einen Importstopp von Erdöl und Erdgas aus Russland ab, trotz Putins Krieg. Es ist auch ein Signal an die hochnervösen Energie- und Finanzmärkte.

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„Die Versorgung Europas mit Energie für die Wärmeerzeugung, für die Mobilität, die Stromversorgung und für die Industrie kann im Moment nicht anders gesichert werden“, betont Scholz in der Pressemitteilung Nummer 87 des Kanzleramts im Jahr 2022. Sonst wird meist über Termine, Reisen und zuletzt viele Krisentelefonate des Kanzlers informiert.

Deutschland ist hier letztlich Gefangener der Russlandpolitik seit der Kanzlerschaft Gerhard Schröders und danach Angela Merkels, die Russland durch eine enge wirtschaftliche Verflechtung im Bereich der Energieversorgung einzuhegen und als strategischen Partner zu gewinnen versuchte. Doch was folgt daraus für die aktuelle Situation? Die zehn wichtigsten Fragen und Antworten.

1. Warum wächst der Druck für ein Erdöl- und Erdgasembargo?

„Wladimir Putin hat Mariupol dem Erdboden gleich gemacht, und es wird nicht die letzte Stadt gewesen sein“, hat der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen im Tagesspiegel betont. Da die Nato nicht direkt eingreifen können, wenn man keinen Weltkrieg riskieren will, brauche es jetzt ein Öl- und Gasembargo.

„Wir müssen alle wirtschaftlichen Register ziehen, um Putins System so hart wie möglich von innen zu treffen und finanziell auszutrocknen. Indem wir die wichtigsten russische Banken – Sberbank und die Gazprombank – vom Swift-Ausschluss ausnehmen, geht Putins Öl- und Gasgeschäft zu Höchstpreisen und auf Rekordniveau weiter“, fordert Röttgen. Jeden Tag werde so fast eine Milliarde Euro in Putins Kriegskassen gespült, „die unsere eigentlich wirkmächtigen Sanktionen gegen die russische Zentralbank konterkarieren.“

Doch das Kanzleramt sieht das anders.

Vor allem das Einfrieren der Milliarden-Reserven der russischen Zentralbank im europäischen Ausland zeigt deutliche Wirkung, der Rubel verfällt, die russische Wirtschaft wird schwer getroffen. Scholz sieht aus Gründen der Versorgungssicherheit schlicht keine Möglichkeit, dass etwa Deutschland sich abkoppelt vom russischen Erdgas und Erdöl.

Diese Energieversorgung sei „von essentieller Bedeutung für die Daseinsvorsorge und das tägliche Leben unserer Bürgerinnen und Bürger.“ Im Kanzleramt sind sie zudem sehr beunruhigt über die aktuellen Preissprünge, vielerorts kosten Benzin und Diesel schon über zwei Euro.

Die Bundesregierung arbeite mit Hochdruck daran, Alternativen zur russischen Energie zu entwickeln, betont Scholz. „Das geht aber nicht von heute auf morgen. Daher ist es eine bewusste Entscheidung von uns, auch weiterhin die Aktivitäten der Wirtschaftsunternehmen im Bereich der Energieversorgung mit Russland weiterzuführen.“

Auf Scholz‘ Seite ist da auch der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Markus Söder. „Emotional spricht ja vieles dafür, alles zu kappen, was möglich ist“, sagte Söder in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner spezial“. Es brauche dann aber auch eine Klärung über einen Ersatz. „Sonst kann es noch sehr kalt und auch sehr teuer werden.“ Es müsse zumindest ein „kompletter Plan“ vorliegen, bevor man eine solche Entscheidung treffen könne. Und den gibt es noch nicht.

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Preis für Erdgas in Europa schnellt um 60 Prozent in die Höhe: Entwicklung des Gaspreises seit 2020.
Preis für Erdgas in Europa schnellt um 60 Prozent in die Höhe: Entwicklung des Gaspreises seit 2020.

© Patricio Arana/AFP

2. Ist da das letzte Wort gesprochen?

Nein, am Donnerstag und Freitag gibt es einen EU-Gipfel in Versailles, zudem schalteten sich am Montag US-Präsident Joe Biden, Kanzler Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der britische Premier Boris Johnson zusammen.

Der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis warnt, Russland nutze Banken, die nicht unter die westlichen Sanktionen fielen, zur Umgehung des Ausschlusses russischer Geldhäuser aus dem internationalen Zahlungssystem Swift.

Mit Blick auf russische Öl- und Gas-Exporte erklärt er, man könne dafür nicht mit "ukrainischem Blut" zahlen. Die meisten Zahlungen für Energieimporte laufen über die Sberbank und die Gazprombank, werden auch sie vom Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift abgeschnitten, könnten Rechnungen nicht mehr bezahlt werden.

Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selesnkyj appelliert, es brauche dringend den Verzicht auf Erdöl und Erdgas aus Russland. „Man kann es Embargo nennen oder auch einfach Moral, wenn man sich weigert, den Terroristen Geld zu geben“, so Selenskyj.

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Letztlich ist es ein Dilemma, gerade für Kanzler Scholz und seine Regierung: Man will nicht in den Krieg eingreifen – und zugleich auch nicht zu viel des eigenen Wohlstands opfern, Bürger und Unternehmen vor zu hohen Energiepreisen schützen.  

Und die Russen spielen nun auch noch mit diesem Dilemma der Deutschen. Sie drohen von sich aus mit einem Boykott, wissend, dass die Preise stark steigen und sie auch woanders, etwa in China, Abnehmer finden können. Vize-Ministerpräsident Alexander Nowak droht damit, die Erdgasversorgung über die Pipeline Nord Stream 1 nach Deutschland komplett zu kappen. Ein derartiges Embargo wäre angesichts der "unbegründeten Anschuldigungen gegen Russland bezüglich der Energiekrise in Europa und des Verbots von Nord Stream 2" gerechtfertigt, erklärte Nowak im staatlichen Fernsehen. Er warnt Europa zudem davor, Öl-Importe aus Russland zu verbieten. Dies würde zu einem unberechenbaren Preisanstieg führen: "Es wären 300 Dollar je Barrel, wenn nicht mehr."

3. Wie groß ist die Abhängigkeit von Russland?

Laut der Internationalen Energie-Agentur ist sie enorm: 140 Milliarden Kubikmeter Gas lieferte Russland 2021 per Pipeline nach Europa, weitere 15 Milliarden Kubikmeter in Form von verflüssigtem Erdgas (LNG). 45 Prozent der europäischen Gasimporte stammten somit aus Russland, sie machten 40 Prozent des Gasverbrauchs in Europa aus.

In einzelnen europäischen Staaten ist die Abhängigkeit sogar noch größer: In Deutschland stammten 2021 rund 55 Prozent der Gasimporte aus Russland. Die IEA mit Sitz in Paris hat einen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt, mit dem die Gasimporte aus Russland innerhalb eines Jahres um ein Drittel reduziert werden sollen. Russland nutze seine Gasressourcen als "wirtschaftliche und politische Waffe", kritisiert IEA-Direktor Fatih Birol.

Die Gas- und Öleinnahmen finanzieren seinen Krieg mit: Russlands Präsident Wladimir Putin.
Die Gas- und Öleinnahmen finanzieren seinen Krieg mit: Russlands Präsident Wladimir Putin.

© Sputnik/Sergey Guneev/REUTERS

4. Was kommt auf die Verbraucher zu?

Vor allem Pendler und Bürger mit schlecht gedämmten Wohnungen und Öl- und Gasheizungen müssen tief ins Portemonnaie greifen. Russlands Krieg gegen die Ukraine treibt die Spritpreise auf ein Rekordhoch nach dem Anderen.

Für den Liter Diesel mussten Verbraucher am Sonntag mehr bezahlen als für Super E10, wie der ADAC mitteilte. Bundesweit kostete ein Liter Super E10 im Durchschnitt 1,965 Euro. Diesel war sogar noch zwei Cent teurer als Super und stieg auf 1,984 Euro. Dass Diesel trotz steuerlicher Begünstigung derzeit teurer als Super E10 ist, liegt nach Einschätzung des ADAC an der sehr hohen Nachfrage nach Heizöl.

„Das ist eigentlich saisonuntypisch aber offenbar kaufen die Leute derzeit Heizöl, weil sie nicht wissen, wie es im kommenden Winter wird“, erklärte ein ADAC-Sprecher.

Mehr zum Krieg in der Ukraine bei Tagesspiegel Plus:

Ein möglicher Importstopp für Öl aus Russland trieb die Ölpreise auf den höchsten Stand seit 2008. Im frühen Handel am Montag stieg der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent um knapp 18 Prozent auf 139,13 Dollar und lag damit in der Nähe des Rekordniveaus von fast 150 Dollar aus dem Sommer 2008.

Bayerns Regierungschef Söder fordert, die Mehrwertsteuer auf Sprit zu senken. Die Frage zusätzlicher Entlastungen in dem Bereich dürfte in den nächsten Wochen an Fahrt gewinnen.

5. Was würde bei einem akuten Versorgungsengpass zum Beispiel mit Erdgas passieren?

Nach Tagesspiegel-Informationen greift dann der Notfallplan Gas. Dann stellen zunächst Lieferanten und Fernleitungsnetzbetreiber die Versorgung der geschützten Kunden, vor allem von Privathaushalten und sozialen Einrichtungen, sicher.

In einer schweren Gasmangellage kann die Bundesregierung durch Rechtsverordnung die Notfallstufe ausrufen. Dann wird die Bundesnetzagentur zum Bundeslastverteiler und kann zur Versorgung der geschützten Kunden auch industrielle Gasverbraucher abschalten.

Die Folge: Die Schäden für Teile der deutsche Wirtschaft könnten sehr hoch und Arbeitsplätze massiv gefährdet sein. In Regierungskreisen heißt es: Ein Importstopp von fossilen Brennstoffen würde in jedem Fall die Preise noch weiter nach oben treiben. Heizkosten würden steigen, die Preise an den Tankstellen ebenfalls und letztlich müsste man auch den Verbrauch in der industriellen Kette reduzieren - mit den genannten wirtschaftlichen Verwerfungen.

6. Welche Auswege gibt es?

Es ist keine schnelle Lösung in Sicht. Der Bund beteiligt sich mit rund 500 Millionen Euro über die Förderbank KfW am Bau des ersten deutschen Flüssiggas-Terminals in Brunsbüttel, um dort per Schiff etwa aus Katar oder den USA ankommendes Flüssiggas zu verarbeiten.

Der Bund soll 50 Prozent halten, weitere 40 Prozent übernimmt der niederländische Gasnetzbetreiber Gasunie, der dem niederländischen Staat gehört, die restlichen 10 Prozent der deutsche Energiekonzern RWE. Betreiberin wird Gasunie. Doch Flüssiggas ist teurer als Gas aus Russland und die Kapazitäten sind zu gering, zudem kann der Bau drei bis fünf Jahre Jahre dauern.

Auch der Ausbau der erneuerbaren Energien oder die Versorgung mit Wasserstoff geht nicht von heute auf morgen. Während die Stromversorgung mit Solar- und Windkraft weit fortgeschritten ist, hapert es seit Jahren beim Ausbau im Bereich der Wärmeversorgung, die noch stark von fossilen Energien abhängig ist.

"Dringender denn je müssen wir in unsere Energiesouveränität investieren und die deutsche Energieversorgung auf robustere Säulen stellen", wird im Wirtschaftsministerium von Minister Robert Habeck (Grüne) betont. Dazu sollen auch die geplanten Investitionen von 200 Milliarden Euro bis 2026 dienen.

Im niedersächsischen Rehden steht der größte Erdgasspeicher in Westeuropa. Die Astora GmbH als Betreiber ist eine Tochtergesellschaft des russischen Energiekonzerns Gazprom.
Im niedersächsischen Rehden steht der größte Erdgasspeicher in Westeuropa. Die Astora GmbH als Betreiber ist eine Tochtergesellschaft des russischen Energiekonzerns Gazprom.

© Mohssen Assanimoghaddam/dpa

Als eine Lehre sollen auch die Gasspeicher für den nächsten Winter besser gefüllt werden – der größte in Rehden (Niedersachsen) mit einem Volumen von 3,9 Milliarden Kubikmeter befindet sich im Besitz einer Gazprom-Tochter, der Konzern kontrolliert rund ein Viertel der deutschen Gasspeicher – es gibt Hinweise, dass die Füllstände vor dem Angriff auf die Ukraine monatelang gezielt niedrig gehalten worden sind.

Auch das trieb die Preise – und damit die Einnahmen für Putins Kriegskasse. Auch bei den Speichern will die Bundesregierung die Abhängigkeit von Russland mindern.

Natürlich kann jede Bürgerin, jeder Bürger sich um das Einsparen von Energie kümmern, aber gerade sozial schwächere Haushalte, Bürger mit alten Autos oder weiten Wegen zur Arbeit werden jetzt schon hart getroffen. Auch neue Programme für energetische Gebäudesanierungen können nicht rasch Wunder wirken, das liegt schon am Handwerkermangel und langen Vorlaufzeiten.

Eon-Vorstandschef Leonhard Birnbaum warnte zudem zuletzt mit Blick auf die Industrie vor einem kompletten Ausfall russischer Gaslieferungen. "Einige Betriebe müssten Stand heute von der Versorgung abgeschaltet werden", sagte der Chef des Energiekonzerns der "Zeit". Zwar wären die akuten Auswirkungen nicht so drastisch, weil das Ende der Heizperiode fast erreicht sei. „Aber im nächsten Winter könnte die Energiewirtschaft wahrscheinlich eine Reihe von Industriekunden nicht mehr ohne Weiteres versorgen.“

Das Atomkraftwerk Isar 2. Das Kernkraftwerk im Landkreis Landshut ist das letzte in Bayern, es soll noch bis Ende 2022 laufen.
Das Atomkraftwerk Isar 2. Das Kernkraftwerk im Landkreis Landshut ist das letzte in Bayern, es soll noch bis Ende 2022 laufen.

© Armin Weigel/dpa

7. Müssen die letzten drei Atomkraftwerke länger laufen?

Eigentlich sollen die Anlagen Emsland, Isar und Neckarwestheim Ende des Jahres vom Netz gehen. Doch die aktuelle Lage verändert alles. Die internationale Energieagentur empfiehlt, keine neuen Gasverträge mehr mit Russland abzuschließen.

Stattdessen sollten Energielieferungen diversifiziert werden, außerdem sollten sowohl Solar- und Windenergie als auch die Atomkraft ausgebaut werden. Aber auch FDP-Chef Christian Lindner ist in Sachen Laufzeitverlängerung skeptisch. „Bei der Kernenergie glaube ich persönlich, dass erst unsere Enkel diese Technologie für Deutschland neu prüfen werden“, sagte er der „Rheinischen Post“.

Naheliegender sei ein Dreischritt bei anderen Energieformen. „Erstens müssen wir den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen, zweitens neue Importquellen für Gas, Kohle, Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe erschließen und drittens die Nutzung bestehender Kohle-Kapazitäten bewerten.“

Auch Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck hat nicht ausgeschlossen, dass Kohlekraftwerke in Deutschland länger laufen müssen. Die Versorgungssicherheit müsse gewährleistet sein. Bei einer längeren Laufzeit der letzten deutschen Atomkraftwerke ist Habeck skeptisch.

Die Vorbereitungen für die Abschaltung zum Jahresende bereits zu weit fortgeschritten. Auch Linder betont: „Eine Neubewertung würde zur Folge haben, dass neuer Brennstoff eingekauft und neue Genehmigungen erteilt werden müssten. Mit einem Beitrag zur Stärkung unserer Energieversorgung wäre zumindest nicht für den kommenden Winter zu rechnen.“

Auch die für den Atombereich zuständige Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) ist dagegen, schon die Ereignisse in der Ukraine zeigen aus ihrer Sicht, welches Risiko von Atomkraftwerken gerade in diesen Zeiten ausgehen können. Aber: Auch hier ist noch nicht das letzte Wort gesprochen.

8. Was ist noch eine Konsequenz der Abkopplung von russischer Energie?

Für die USA ist ein Embargo leichter umzusetzen als zum Beispiel für Deutschland, die Vereinigten Staaten bezogen zuletzt knapp acht Prozent der Ölimporte aus Russland, fördern aber in hohem Maße auch selbst Öl. Deutschland bezieht 35 Prozent seines Öls aus Russland.

Die Suche auch hier nach anderen Quellen führt zu einer diplomatischen Überraschung. Ranghohe Vertreter der US-Regierung sind einem Medienbericht zufolge nach Venezuela gereist, um Gespräche mit der sozialistischen Regierung von Nicolás Maduro zu führen.

Die "New York Times" berichtete, wegen der russischen Invasion in der Ukraine sei Washington offenbar daran interessiert, Teile seiner Ölimporte aus Russland künftig von Venezuela zu beziehen. Die USA hatten ihre diplomatischen Beziehungen zu Venezuela nach der umstrittenen Wiederwahl Maduros im Jahr 2018 abgebrochen.

Washington verhängte zahlreiche Sanktionen, im April 2019 trat ein Öl-Embargo gegen Venezuela in Kraft. US-Außenminister Antony Blinken hat betont, dass die die USA mit den europäischen Verbündeten weiter über einen möglichen Importstopp für Öl aus Russland beraten – aber die EU-Staaten sind sich hier bislang eben noch nicht einig.

Plötzlich wieder als Öllieferant interessant: Venezuelas autoritärer Präsident Nicolás Maduro. Hier bei einem Besuch in Russland.
Plötzlich wieder als Öllieferant interessant: Venezuelas autoritärer Präsident Nicolás Maduro. Hier bei einem Besuch in Russland.

© REUTERS

9. Welche weiteren Sanktionen könnte die EU ansonsten verhängen?

Bislang hat die EU wie erwähnt als schwerwiegendste Maßnahme das Vermögen der russischen Zentralbank im Ausland eingefroren. Hinzu kommen unter anderem der Ausschluss von sieben russischen Banken aus dem internationalen Zahlungssystem Swift, ein europäisches Exportverbot für bestimmte High-Tech-Güter und ein Verbreitungsverbot für die russischen Staatsmedien RT und Sputnik.

Nach den Worten von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen (CDU) geht es jetzt darum, Schlupflöcher zu stopfen, um Umgehungsmöglichkeiten der Sanktionen zu beenden.

Ein Exportstopp etwa für Öl, der den Ölpreis noch weiter in die Höhe treiben würde, dürfte auch vom weiteren Vorgehen des russischen Militärs in der Ukraine abhängen. Entsprechend äußerte sich von der Leyen. Auch ihr Stellvertreter Frans Timmermans machte deutlich, dass die Option eines Embargos für russische Energieimporte auf dem Tisch liege. Allerdings warnt Timmermans davor, einen sofortigen Importstopp zu verhängen.

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Die EU-Kommission ist beauftragt, bis zum EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Versailles gemeinsam mit den Mitgliedstaaten mögliche Elemente eines weiteren Sanktionspaketes zu erarbeiten. Nach der Einschätzung der Brüsseler Behörde sind die Gasspeicher in der EU zumindest so weit gefüllt, um einen möglichen sofortigen Stopp russischer Importe in diesem sich zu Ende neigenden Winter durchzustehen.

Ein sofortiger Wegfall russischer Öl- und Steinkohlelieferungen ließe sich hingegen kaum komplett ersetzen – auch in Deutschland laufen viele Steinkohlekraftwerke mit Kohle des auch hier wichtigsten Importlandes Russland, eine Alternative wäre hier mehr Kohle aus Kolumbien.

10. Wer bremst in Sachen Exportstopp neben Deutschland besonders?

Nach Angaben von EU-Diplomaten hat besonders auch Italien Bedenken dagegen, zum Beispiel auch gegen die Sberbank und die Gazprombank einen Swift-Bann zu verhängen. Auch Italien ist sehr abhängig von Energieimporten aus Russland.

Vor allem die osteuropäischen EU-Mitgliedstaaten machen Druck, fordern ein weiteres klares Zeichen gegen Putin. Am Montag traf Italiens Regierungschef Mario Draghi in Brüssel mit Kommissionschefin von der Leyen zusammen, um gemeinsam Möglichkeiten einer größeren Diversifizierung bei den Energieimporten zu erörtern.

Draghi sagte nach dem Treffen zwar, dass weitere Sanktionen gegen Russland nicht auszuschließen seien. Draghi erwartet aber, dass erst einmal sämtliche EU-Länder bei der Beschlagnahmung der Besitztümer russischer Oligarchen genauso konsequent vorgehen, wie dies nach seinen Worten Italien, Frankreich und Deutschland tun.

Italien hat zuletzt nach Angaben der Regierung in Rom Besitztümer russischer Oligarchen im Wert von 140 Millionen Euro beschlagnahmt – darunter die  Luxusjacht des TUI-Großaktionärs Alexej Mordaschow.

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