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Jetzt Mitglied der Linkspartei: Anke Domscheit-Berg.

© Ralf Hirschberger/dpa

Zerreißprobe bei Brandenburger Linken: Netzpolitikerin Domscheit-Berg gewinnt gegen Parteichefin Mayer

Nach Kampfabstimmungen: Brandenburgs Linke zieht mit Ex-Minister Christian Görke und Netzaktivistin Anke Domscheit-Berg an der Spitze in die Bundestagswahl.

Paukenschläge und ein tiefer Riss in Brandenburgs Linkspartei: Die Genossen, die bis 2019 das Land mitregiert hatten, ziehen in die Bundestagswahl mit inneren Querelen – und mit Ex-Finanzminister Christian Görke als Spitzenkandidat.

Görke konnte sich auf der Landesvertreterversammlung am Samstag in Schönwalde-Glien nur mit einem hauchdünnen 51,4-Prozent-Vorsprung gegen den Potsdamer Bundestagsabgeordneten Norbert Müller durchsetzen, der rote Realo gewann nur knapp gegen den jungen Fundi.

Und auf Listenplatz zwei setzte sich Anke Domscheit-Berg, die Netzaktivistin und Bundestagsabgeordnete, in einer dramatischen Kampfabstimmung gegen Co-Parteichefin Anja Mayer durch. Sie gewann die Stichwahl (65 gegen 47 Stimmen) mit einer 58-Prozent-Mehrheit, nachdem der erste Wahlgang mit einem Patt (je 52 Stimmen) der beiden Frauen ausgegangen war. Nach dieser Niederlage gewann die Co-Parteichefin dann Listenplatz drei.

Bisher haben die Brandenburger Linken vier Abgeordnete im Bundestag. Vergeblich hatte Co-Parteichefin Katharina Slanina zum Auftakt gewarnt: „Zerstrittene Parteien werden nicht gewählt. Das sollten wir doch mal verstanden haben.“

Doch schon vor dem Showdown in Schönwalde-Glien war klar, dass der Linke-Auftakt für die Bundestagswahl in Brandenburg mit prominenten Verlierern enden würde. Müller und Domscheit-Berg hatten auf volles Risiko gesetzt, waren gegen die Vorschläge der Parteispitze - und die Empfehlungen von Landtagsfraktionschef Sebastian Walter - für die aussichtsreichsten vorderen Listenplätze angetreten.

Domscheit-Berg über sich: „Gesicht der Linksfraktion für Digitalisierung“

In einem selbstbewussten Auftritt verwies Domscheit-Berg darauf, dass sie „bundesweit das Gesicht der Linksfraktion für alle Fragen um die Digitalisierung“ sei, die anerkannteste Politikerin im Bundestag für dieses Feld. Domscheit-Berg, die früher bei den Grünen und den Piraten Mitglied war, gab ihren Eintritt in die Linkspartei bekannt.

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„Jetzt kann ich!“, sagte sie nach dem Sieg. Vorher hatte sie einen Eintritt, „nur um meine Chancen zu erhöhen“, ausgeschlossen: „Opportunismus kann ich nicht.“ Das kam gut an. 

Mit Görke will Hennig-Wellsow Rot-Rot-Grün vorbereiten

Für Ex-Finanzminister Görke votierten in der Kampfabstimmung 57, für Müller 52 Delegierte (bei zwei Enthaltungen). „Es ist eine Bestätigung, dass man im Hier und Jetzt Politik machen muss“, sagte Görke dieser Zeitung. Nun gehe es darum, gemeinsam zu kämpfen.

Christian Görke war für die Linke Finanzminister in Brandenburg.
Christian Görke war für die Linke Finanzminister in Brandenburg.

© Soeren Stache/dpa

Indirekt hatte sich Co-Bundeschefin Susanne Hennig-Wellsow für ihn stark gemacht. „Ich habe die Aufgabe, Rot-Rot-Grün vorzubereiten“, sagte sie. Für die Bundespartei sei die Regierungserfahrung der Brandenburger Linken ein wichtiger Grundpfeiler. Dagegen hatte Görke-Herausforderer Müller in seiner Bewerbungsrede für einen radikaleren Oppositionskurs der Linken geworben, gegen die „herrschende Klasse“, für engere Bündnisse mit außerparlamentarischen Bewegungen.

„Auf der Straße organisieren wir unsere Durchsetzungsmacht“, sagte Müller, der Rückhalt vor allem bei den Jüngeren in der Partei hat. Die Linke müsse bei Demos, Streiks, Blockaden von Kohlekraftwerken vorn dabei sei. „Wir wollen Konflikte im Kapitalismus zuspitzen“, so Müller. „Wir dürfen nicht verschämt unsere Stimme senken, wenn wir vom Sozialismus sprechen.“

Nach seiner Niederlage verzichtete Müller auf eine Kandidatur für einen weiteren Listenplatz. Er wolle die Polarisierung nicht weiter vorantreiben, sagte er. Fraktionschef Walter, der "Freund-Feind-Denken" in den eigenen Reihen kritisierte, dankte Müller für dieses Signal. 

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