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Beim Waldbrand in Fichtenwalde kämpften Berufs- und Freiwillige Feuerwehr gemeinsam.

© Christian Pörschmann/dpa

Waldbrandgefahr in Brandenburg: „Wir müssen den Menschen klarmachen, welche Bedeutung die Freiwillige Feuerwehr hat"

Brandenburgs Innenminister erklärt, wie man auf die Waldbrandgefahr reagieren kann – und wie wichtig die Freiwillige Feuerwehr ist. Ein Interview.

Herr Schröter, waren Sie mal Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr?

Nein, aber ich bin Mitglied des Fördervereins der Freiwilligen Feuerwehr Hohen Neuendorf. Ich hatte einfach nie die Zeit, mich zu engagieren. Ich bin mit 35 zum Landrat gewählt worden und war vorher mit Frau, Kindern und Haus ausgelastet. Bei meiner jetzigen 60- bis 70-Stunden- Woche kann ich das leider nicht leisten.

Stehen Sie stellvertretend für viele Menschen im Land? Seit 2003 hat Brandenburg 12 000 freiwillige Feuerwehrleute verloren.

Es gibt sicherlich Menschen, die viel Zeit für die Arbeit einsetzen. Andere haben Verpflichtungen in der Familie oder im Ehrenamt. Es gibt aber auch Menschen, die sich in der Freizeit vieles gönnen. Da wird manchmal zu wenig ans Gemeinwohl gedacht. Das soziale Gefüge hat etwas nachgelassen. Es wäre schön, wenn wieder mehr bereit wären, sich helfend zu engagieren – nicht nur bei den freiwilligen Feuerwehren.

Feuerwehrmänner klagen, dass ihnen die Arbeitgeber Schwierigkeiten machen.

Kleine Firmen haben es nicht leicht, wenn Mitarbeiter ausfallen. Wir brauchen eine Würdigung des Ehrenamtes in der Gesellschaft und müssen auch in der Wirtschaft dafür werben, unsere Kameraden zu unterstützen. Wenn der Brandschutz nicht funktioniert, hat auch kein Unternehmen eine vernünftige Grundlage. Niemand möchte sich ansiedeln, wenn dort nicht gelöscht wird.

Stichwort Wertschätzung: Was kann die Politik dafür überhaupt machen?

Erziehung beginnt im Elternhaus und setzt sich in Kita und Schule fort. Da müssen wir ansetzten. Wir müssen den Menschen im Land klarmachen, welche Bedeutung die Freiwillige Feuerwehr hat. Wenn das in jedem Kopf angekommen ist, dann wird man sich gegenüber den Feuerwehrleuten im Einsatz anders verhalten. Es ist für mich unerträglich, wenn auf Autobahnen keine Rettungsgassen gebildet werden, wenn Feuerwehrleute beim Einsatz behindert werden, wenn Gaffer Fotos machen. Außerdem müssen wir über finanzielle Zuwendung als Würdigung nachdenken.

Der Einsatzleiter beim Waldbrand bei Fichtenwalde kritisierte, dass viele Einsatzkräfte kein ausreichendes Waldbrand-Wissen hatten und sich in Gefahr brachten.

Natürlich gehört die Waldbrandbekämpfung zur Ausbildung eines Feuerwehrmannes, aber nicht jeder hat schon einen Waldbrand bekämpft. Oft kommt die Feuerwehr bei Verkehrsunfällen, Wohnungsbränden und auch als Unterstützung zum Einsatz. Große Waldbrände sind eher die Ausnahme.

Durch den Klimawandel wird es aber vermutlich häufiger brennen.

Es hat sich etwas verändert. Früher haben wir die höchste Waldbrandstufe nur im Juli und August erreicht, nun gibt es das schon im Mai. Darauf müssen wir reagieren. Vielleicht müssen wir die Waldbrandausbildung intensivieren. Professionalität entsteht aber nicht nur durch die Erstausbildung. Wissen muss auch aufgefrischt und angewendet werden.

Brauchen wir in Brandenburg Spezialtrupps für die Waldbrandbekämpfung?

Fichtenwalde hat gezeigt, dass wir gut aufgestellt sind. Bevor wir über zusätzliche Einheiten nachdenken, sollten wir das gegenwärtige System prüfen und gegebenenfalls nachschärfen. Wichtig ist beim Waldbrand, dass er früh erkannt wird, da ist Brandenburg Spitzenland. Außerdem muss mit guter Technik schnell gelöscht werden. Auch da stehen wir gut da.

Was ist mit Löschflugzeugen?

In Brandenburg sind die nicht sinnvoll. Es fehlen große Wasserflächen zum Aufnehmen des Wassers. Der Einsatz von Hubschraubern ist effektiver. Zum Glück sitzen die Bundespolizei und die Bundeswehr mit ihren Hubschraubern hier. Damit ist das Land gut geschützt.

Wie steht’s um die Prävention?

Wir sind im Waldumbau hin zu Mischwäldern, aber das ist eine Generationenaufgabe. Die Möglichkeiten der Wasseraufnahme müssen noch einmal analysiert werden. Wo nötig, brauchen wir mehr Brunnen. Außerdem müssen wir unsere Wälder sauber halten und zum Beispiel nach Sturmschäden das tote Holz herausholen. Das erhöht sonst die Brandlast.

Karl-Heinz Schröter ist seit 2014 Minister für Inneres und Kommunales in Brandenburgs. Zuvor war der SPD-Politiker von 1990 an Landrat der Kreise Oranienburg und Oberhavel

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