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Patricia Schlesinger, zurückgetretene Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB).

© picture alliance/dpa

Exklusiv

Verdacht der Untreue und Vorteilsannahme: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Schlesinger, ihren Mann und RBB-Chefkontrolleur

Es geht um Vorwürfe der Vetternwirtschaft, Compliance-Verstöße, Luxus-Ausstattung und einen Dienstwagen: Berlins Staatsanwaltschaft ermittelt in der RBB-Affäre.

Die Affäre um Vetternwirtschaft und Verschwendung der zurückgetretenen RBB-Intendantin Patrica Schlesinger hat womöglich auch ein strafrechtliches Nachspiel. Die Staatsanwaltschaft Berlin hat ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Das sagte ein Sprecher am Montag dem Tagesspiegel.

Ermittelt wird gegen Schlesinger, ihren Mann, Ex-„Spiegel“-Journalist Gerhard Spörl, sowie gegen den bisherigen RBB-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf – wegen des Verdachts der Untreue und der Vorteilsannahme. Demnach sehen die Ermittler jetzt doch einen Anfangsverdacht. Nach den ersten Enthüllungen zur Schlesinger-Affäre im Juni hatte die Staatsanwaltschaft zunächst keinen Verdacht erkennen können.

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In der RBB-Affäre geht es um Vorwürfe der Vetternwirtschaft, Compliance-Verstöße und Gebührenverschwendung, aber auch um Luxus-Ausstattung für Schlesinger, einen teuren Dienstwagen und vom Sender übernommene Steuerkosten der Intendantin.

Schlesinger bewirtete daheim auch gern illustre Gästerunden – aber auf Kosten des Senders und damit der Gebührenzahler. Bewirtet wurden ihr Ehemann Gerhard Spörl, Ex-Charité-Chef Max Einhäupl mit Frau, Münchens Filmhochschul-Präsidentin Bettina Reitz mit Gatte, der Ex-Chef des Bundespräsidialamts Stephan Steinlein mit Frau, Ex-Botschafter Wolfgang Ischinger, Ex-Senatskanzlei-Chef André Schmitz (SPD), aber auch Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik mit Mann.

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Ein Brandenburger Landespolitiker sagt, Schlesingers habe offenbar einen privaten Salon betrieben, finanziert vom Sender. So war es etwa am 12. Februar 2022. An diesem Abend waren neun Personen geladen, neben Schlesingers Mann auch Polizeipräsidentin Slowik nebst Mann, aber auch Charité-Chef Heyo Klaus Kroemer und seine Frau. 1154,87 Euro kostet das üppige Mahl, 127 Euro pro Person.

Ein privater Salon und neues Parkett

Auf dem Programm stand einen Vier-Gänge-Menü, sechs Flaschen französischer Rotwein für 28,45 Euro pro Flasche, sechs Flaschen französischen Weißwein für 24,65 Euro je Flasche, aber auch zwei Flaschen Champagner der Marke Veuve Clicquot für insgesamt 83 Euro. Hinzu kommen noch Kosten für Tischwäsche, Service und Küche und Lieferung für 227,50 Euro.

Die „Bild“-Zeitung berichtete am Wochenende über die Einrichtung von Schlesingers Büro und die angrenzenden Räumlichkeiten im 13. Stock des Berliner Fernsehzentrums, in dem die Intendanz sitzt. Seit Schlesingers Amtsantritt 2016 sollen dort Umbauten in Höhe von über 650.000 Euro vorgenommen worden sein. Allein für das neue Parkett in Schlesingers Büro sind fast 17.000 Euro in Rechnung gestellt worden.

Das Edel-Parkett eines italienischen Herstellers musste anstelle des alten Teppichs ganz schnell und kurzfristig eingebaut werden – während Schlesingers Urlaub im Oktober 2016. Denn sonst hätte sie noch länger warten müssen.

Umgangene Vergaberichtlinien

Für Schlesingers speziellen Wunsch wurden sogar Vergaberichtlinien umgangen, wie aus Unterlagen hervorgeht, die dem Tagesspiegel vorliegen. Eine Abteilungsleiterin des RBB schrieb damals, nach der Beschaffungsordnung des Senders müsste sie „mindestens noch zwei Vergleichsangebote einholen“. Aber „um den Wunschtermin für Frau Schlesinger zu halten“, bat sie um eine Ausnahme.

Alles zur Affäre um die Ex-RBB-Chefin Schlesinger:

Weiter schreib die leitende Mitarbeiterin zum Auftrag an den Hersteller: „Diesen Termin können wir nun dann zusagen, wenn wir das Angebot bis Mittwoch beauftragt haben. Das Parkett wird speziell für den Kunden hergestellt. Dafür hat die Herstellerfirma (…) in Italien feste Abläufe. Das Holz wird immer am Ende eines Monats in einem besonderen Verfahren geölt.“

Später bemängelte die Innenrevision des Senders, „dass bei diesem Beschaffungsvorgang (…) RBB-Compliance-Richtlinien nicht eingehalten“ wurden. „Zumindest hätten noch zwei weitere Firmen angefragt werden müssen“, heißt es in dem Schreiben eines Mitarbeiters.

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Die Ex-Intendantin bekam neben ihrem um 16 Prozent auf 303.000 Euro erhöhten Gehalt im Jahr 2021 noch einen fünfstelligen Bonus als „variablen Gehaltsanteil“. Da der RBB ihr die private Nutzung von Dienstwagen – einen Luxus-Audi-A8 und den beiden Chauffeuren – zugebilligt hat, muss sie den geldwerten Vorteil versteuern. Doch der Sender übernahm die Kosten der Versteuerung über „Bestandteile der Vergütung“.

Daneben soll Schlesingers Ehemann Gerhard Spörl den Dienstwagen auch für eigene Geschäftsfahrten – unter anderem zur Messe Berlin – genutzt hat. Spörl hatte auf Vermittlung von RBB-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf einen hoch dotierten Beraterauftrag für ein Mediencoaching von Messechef Martin Ecknig erhalten, zumal Wolf auch Aufsichtsratschef der Messe ist.

Ferner standen auf der Liste der Vorwürfe gegen Schlesinger auch ein Geheimvertrag für den Dienstwagen und erheblich höhere Kosten für den Medienhaus-Bau.

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