zum Hauptinhalt
Fast wie ein gewöhnlicher Weihnachtsmarkt: Da dürfen Lebkuchenherzen und gebrannte Mandeln nicht fehlen.

© Maria Kotsev / TSP

So funktioniert der Drive-in-Weihnachtsmarkt: Gebrannte Mandeln und Bratwurst durchs Autofenster

Ein bisschen Weihnachtsstimmung im Corona-Jahr. Steve Hausmann aus Perleberg macht es vor – mit einem coronakonformen Weihnachtsmarkt.

Große Kinderaugen starren aus dem heruntergelassenen Autofenster. Der kleine blonde Junge, zu dem die staunenden Augen gehören, sitzt auf der Rückbank eines VW-Busses, der Vater am Steuer, die Mutter auf dem Beifahrersitz. Draußen, nur wenige Meter entfernt, steht er: der Weihnachtsmann, in seinem rot-weißen Gewand.

Der lockige weiße Bart reicht ihm fast bis an den Bauchnabel. Wenn er seine Kapuze aufzieht, lugt nur noch die Nase hervor. „Ah, ein Wunder!“, ruft er und zieht die Vokale dabei ganz lang. Der Junge im Auto sagt nichts, als der Weihnachtsmann ihm eine Miniaturversion von sich aus Schokolade überreicht. Die Eltern grinsen: „Danke, Weihnachtsmann!“

Dann rollt der Wagen langsam weiter durch das Tor: vor ihnen liegt der Drive-in-Weihnachtsmarkt in Perleberg. Aus den Lautsprecherboxen tönen von hohen Frauenstimmen gesungene Weihnachtslieder wie „Coming Home for Christmas“ oder „Feliz Navidad“.

Aus den mit Lichterketten erleuchteten Holzbuden strömen die Gerüche von heißem Glühwein, gebrannten Mandeln und Bratwurst durch die Autofenster in die Nasen der Weihnachtsmarktbesucher. Fast alles wie auf einem gewöhnlichen Weihnachtsmarkt, mit dem Unterschied, dass niemand aus dem Auto aussteigen darf.

Strenge Auflagen: Der Weihnachtsmarkt darf nicht so heißen

Die Idee für diesen coronakonformen Weihnachtsmarkt kam Steve Hausmann bei einem Kaffee und einer Zigarette. Da stand er auf dem leeren Hof vor seiner Firma Trend Kost in der Ackerstraße in Perleberg, die eigentlich Kitas und Schulen mit Essen beliefert. Wenige Tage später standen dort Essensbuden, eine Menge Weihnachtsdekoration und Lichterketten.

„Der Aufwand war nicht groß“, erzählt Hausmann, der an diesem Tag einen graumelierten Mantel und eine schwarze Schutzmaske aus Stoff trägt.

Vor der Einfahrt zum Perleberger Drive-In-Weihnachtsmarkt
Vor der Einfahrt zum Perleberger Drive-In-Weihnachtsmarkt

© Maria Kotsev / TSP

Er habe das Konzept beim Landratsamt vorgelegt, das habe sich mit dem Ordnungsamt abgestimmt und schließlich wurde der Markt genehmigt. Am Mittwoch war der erste Tag, am Sonntag wird der letzte sein.

Es gibt natürlich Auflagen. Das Personal trägt Maske, die Autos dürfen nicht zu nah an die Stände fahren – dafür steht vor jeder Bude ein „Weihnachtsengel“ und reicht die Waren durch die Autofenster. Das Ordnungsamt kommt regelmäßig für Kontrollen.

[Was ist los in Brandenburg? Die Potsdamer Neuesten Nachrichten informieren Sie direkt aus der Landeshauptstadt. Mit dem neuen Newsletter Potsdam HEUTE sind Sie besonders nah dran. Hier geht's zur kostenlosen Bestellung.]

Nur eine der Auflagen ruft bei den Organisatoren Unverständnis hervor: Über der Einfahrt prangt ein Schild: „Drive-in Weihnacht“. Der rechte Teil des Schildes ist von dunkelrotem Stoff überdeckt. Es dürfe nicht Weihnachtsmarkt heißen, so die Bestimmung des Ordnungsamts. Hausmann schüttelt den Kopf, als er die Geschichte erzählt.

Süßes und Herzhaftes zu kleinen Preisen

Der Nicht-Markt ist in zwei Autospuren geteilt, die Buden sind jeweils auf der äußeren Seite aufgestellt. „Links ist süß, rechts herzhaft“, erklärt der Weihnachtsmann anrollenden Besuchern am Tor. Für Kinder gibt es zur Einstimmung einen kostenlosen Schokoweihnachtsmann.

Fahren Besucher nach rechts, gibt’s Fisch aus der Region oder Bratwürste der Firma Mühlberger. Zwei Stände weiter bekommen Besucher Pommes Schranke für 2,50 Euro oder eine Gyrospfanne für 4,50 Euro. Auf der linken Fahrbahn werden Backwaren der Bäckerei Eichler verkauft, eins weiter gibt’s Süßes, Glühweinstände stehen auf beiden Seiten.

Eine Tasse to go kostet 2,50 Euro. Kinderpunsch nur 2 Euro. Die Preise sollen erschwinglich sein, fanden Hausmann und sein Team. „Ich möchte den Menschen was zurückgeben in diesen Zeiten“, sagt er. Um Gewinn gehe es ihm nicht. Der Markt sei ein Verlustgeschäft.

Steve Hausmann hatte die Idee für den coronakonformen Weihnachtsmarkt.
Steve Hausmann hatte die Idee für den coronakonformen Weihnachtsmarkt.

© Maria Kotsev / TSP

Martin Güldner steht mit seinen zwei kleinen Söhnen in seinem Schaustellerwagen, über dem Verkaufsfenster hängen Lebkuchenherzen, auf denen „Merry X-Mas“ und „Fröhliche Weihnachten“ in Zuckergussschrift geschrieben steht. In der Auslage liegen in schwarz-weiße Schokoladenglasur gegossene Bananen und Äpfel.

Der Geruch nach gebrannten Mandeln ist wahrscheinlich Güldners beste Eigenwerbung. Die kann der Schausteller auch gebrauchen, denn er hat sich erst im vergangenen Jahr selbständig gemacht – dann kam Corona. „Es ist gerade sehr schwer. Ich habe das natürlich nicht kommen sehen, als ich mich selbständig gemacht habe“, sagt Güldner.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Um den Drive-in-Weihnachtsmarkt ist er froh, immerhin ein Auftrag. Normalerweise würde er auf drei oder vier Märkten stehen. Und immerhin läuft es auf dem Drive-in-Weihnachtsmarkt gut: am ersten Tag, am Mittwoch, war die Besucherzahl noch verhalten – und mit 97 Autos doch dreimal so hoch wie Organisator Steve Hausmann erwartet hätte.

Rund 200 Autos fuhren am Donnerstag über den Platz und Güldner wurde fast alle seine Schokofrüchte los. Über die Runden komme er allein durch die Verkäufe aber nicht, sagt er.

Drive-in-Weihnachtsmarkt: Eine zweite Runde gefällig?

Nadine Böhlke und Josefin Wölter plagen weniger die Existenzängste – sie sind angestellt bei der Bäckerei Eichler in Perleberg. Am Donnerstag hätten sie um 20 Uhr keine Ware mehr gehabt. „Es ist schön zu sehen, wie viel Spaß die Menschen hier haben“, sagt Böhlke.

„Die nehmen sich auch richtig Zeit, man quatscht durch das Autofenster.“ Auch die Wartenden seien stets geduldig geblieben. Viele Besucher fahren zwei oder drei Runden, manche vier.

So wie die Kappells, die vor dem Tor für ihre zweite Runde anstehen. Die Mutter, Cindy Kappell, sitzt hinter dem Steuer. „Das hier ist so niedlich gemacht“, sagt sie. „Also für die Situation. Das Beste, was man daraus machen kann eben.“ Neben ihr sitzt ihre jugendliche Tochter Mathilda mit einem zufriedenen Grinsen im Gesicht. Auf ihrem Schoß hält sie einen Pappteller mit Schoko- und Liebesäpfeln.

Auf der Rückbank schlemmen Nele und Jonas Kappell Zuckerstangen und gebrannte Mandeln. Für die zweite Runde biegen die Kappells rechts ab, für Herzhaftes.

Zur Startseite