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Reiserückkehrer am Flughafen Tegel.

© Britta Pedersen/dpa

Seniorin aus Risikogebiet in Tegel abgewiesen: Corona-Test ohne Smartphone an Berlins Flughäfen nicht möglich

Wer kein internetfähiges Handy besitzt, bekommt in Tegel und Schönefeld keinen Abstrich. Vor drei Tagen hatte die Senatskanzlei noch das Gegenteil behauptet.

Flug XQ 160 aus Antalya landete am Freitag in Tegel 17 Minuten vor der planmäßigen Ankunft – das einzige, was für Annette Christ, die in der 737 sitzt, an diesem Tag funktionierte. Nach Monaten in ihrem kleinen Haus in einem türkischen Küstenort wollte die 71-jährige Charlottenburgerin, die eigentlich anders heißt, für ein paar Tage wegen einiger medizinischer Checks zurück in die Heimat.

„Ich dachte, bevor die zweite Welle kommt, fliege ich nochmal schnell nach Berlin“, sagt sie später am Telefon. Als Reisende aus einem sogenannten Risikogebiet, muss sie nun eigentlich zwei Wochen in Quarantäne. Es sei denn, sie kann einen negativen Corona-Test vorlegen. Den will Christ am Freitag direkt in der neuen Teststelle in Tegel machen – doch er wird ihr verweigert.

Freunde hätten sie auf das Angebot aufmerksam gemacht. Doch die Teststelle ist nicht ausgeschildert, erst nach mehreren Nachfragen findet sie sie und stellt sich in die Schlange. Nach 15 Minuten Wartezeit – zehn Personen befinden sich noch vor ihr – habe ihr ein Mitarbeiter erklärt, dass sie ohne Smartphone keinen Test machen könne. Man könne sie sonst nicht über das Ergebnis informieren, habe der Mann gesagt. „Ich war ein bisschen baff“, sagt Christ, die nur ein herkömmliches Mobiltelefon besitzt. Sie habe dann die Schlange verlassen und sei mit dem Taxi zu einem Augenarzt gefahren – ein dringender Termin.

„Es stimmt, dass die Anmeldung zum Test nur mithilfe der WebApp erfolgt“, sagt eine Sprecherin der Charité auf Nachfrage. Dazu habe man sich kurzfristig entschieden, um eine sichere und schnelle Datenübertragung zwischen Labor und Patient zu garantieren.

[Alle aktuellen Entwicklungen in Folge der Coronavirus-Pandemie finden Sie hier in unserem Newsblog. Über die Entwicklungen speziell in Berlin halten wir Siean dieser Stelle auf dem Laufenden.]

Eigentlich hatte es in der Pressemitteilung der Senatskanzlei am Dienstagabend noch geheißen, die Anmeldung für die Tests erfolge „digital mithilfe einer WebApp oder manuell“. Ein Sprecher der Wissenschaftsverwaltung hat ebenfalls versichert, dass eine analoge Anmeldung möglich sei – diese werde dann nur etwas mehr Zeit benötigen.

„Das trifft ausgerechnet die vulnerablen Gruppen“

„Das ist völlig absurd“, sagt der gesundheitspolitische Sprecher der FDP im Abgeordnetenhaus, Florian Kluckert. „Das trifft ausgerechnet die vulnerablen Gruppen, die wir eigentlich schnell testen müssen“, sagte er und forderte rasche Nachbesserungen. Kluckert ist – wie die gesundheitspolitischen Sprecher aller Parteien – nicht von den Corona-Teststellen an den Flughäfen überzeugt. „Es gibt kein schlüssiges Konzept und zu wenig Personal.“ Wenn ab der nächsten Woche eine Testpflicht für Rückkehrer aus Risikogebieten gelten soll, erwartet er ein „Chaos“.

Annette Christ will nun am Montag zum Gesundheitsamt. Vom Angebot für Rückkehrer, sich in einer der 250 Vertragspraxen der Kassenärztlichen Vereinigung kostenfrei testen zu lassen, habe ihr niemand berichtet.

Obwohl sich nach Tagesspiegel-Informationen in den vergangenen drei Wochen mindestens acht Berliner in der Türkei infiziert haben, will sie sich nicht strikt an die Quarantäne halten. „Ich habe nicht vor, mich das ganze Wochenende in meiner Wohnung zu verkriechen.“ Zwei Freunde wolle sie treffen, sagt sie und ergänzt, „aber mit Abstand.“

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