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Eine Labormitarbeiterin der Berliner Charité. (Symbolbild)

© REUTERS/Axel Schmidt

Update

Nach einem Tag waren alle krank: Student bringt Virus-Mutante B.1.1.7 bei Weihnachtsbesuch nach Berlin

Bei einer Familie in Steglitz-Zehlendorf ist die hochansteckende Variante aus Großbritannien erstmals in Berlin nachgewiesen worden. Gab es weitere Kontakte?

Zum ersten Mal ist in Berlin ein positiver Fall der besonders ansteckenden Coronavirus-Variante B.1.1.7, die aus Großbritannien bekannt ist, festgestellt worden. "Die betroffene Person und weitere erkrankte Kontaktpersonen sind inzwischen genesen", teilte die Senatsgesundheitsverwaltung am späten Freitagnachmittag mit. "Es besteht Kenntnis von einem vorherigen Aufenthalt in Großbritannien."

Möglicherweise könnte der erste Erkrankte vor seiner Isolierung noch zwei mögliche weitere Kontaktpersonen gehabt haben, hieß es weiter. Diesem Verdacht werde gerade nachgegangen.

Der Fall stammt aus Steglitz-Zehlendorf. Das erklärte Carolina Böhm (SPD), die Gesundheitsstadträtin des Bezirks, am Freitagabend dem Tagesspiegel. Bei einem PCR-Test, der am 23. Dezember durchgeführt wurde, wurde Heiligabend zunächst ein positives Testergebnis für das Coronavirus allgemein ermittelt.

Weil die Indexperson kurz zuvor aus Großbritannien eingereist war, bat das Gesundheitsamt das Robert-Koch-Institut darum, die positive Probe per Sequenzierungsanalyse auf die Mutation hin zu untersuchen. Am Donnerstag dieser Woche, 7. Januar, habe das Untersuchungsergebnis im Bezirk vorgelegen, so die Stadträtin. Sie fordert den Senat und die Bundesregierung auf, "schnell die Kapazitäten für die Sequenzierung zu erhöhen".

Wie die Windpocken: "Hat es einer, haben es alle"

In der Familie in Steglitz-Zehlendorf griff das Virus schnell um sich. "Meistens dauert es ein paar Tage, bis die anderen Familienmitglieder Symptome zeigen – oder auch nicht erkranken", berichtete Böhm. Im jüngsten Fall habe es aber nur einen Tag gedauert, "dann waren alle krank, das ging ziemlich schnell".

Zur genauen Zahl der erkrankten Familienmitglieder wollte Böhm sich nicht äußern. Im Gesundheitsamt wird die Ansteckungsgefahr durch das mutierte Virus mit den Windpocken verglichen: "Hat es einer, haben es alle."

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Bei dem Familienmitglied, das die englische Mutante mitbrachte, handelt es sich um eine Person, die in Großbritannien studiert und zu den Weihnachtstagen nach Hause zurückgekehrt war, erklärte die Stadträtin. Zur Staatsangehörigkeit wollte sie sich nicht äußern.

Kontaktnachverfolgung wegen Zeitverzögerung schwierig

Das Gesundheitsamt Steglitz-Zehlendorf ist noch dabei zu ermitteln, welche Kontakte der Erkrankte in den Tagen vor dem 23. Dezember gehabt hat. "Durch die Zeitverzögerung ist das schwieriger geworden", sagte Stadträtin Böhm. Nach den bisherigen Erkenntnissen hielten sich die sozialen Kontakte der Person "in Grenzen", erklärte sie. Sollte in diesem Kreis ein weiterer Verdachtsfall ermittelt werden, will das Gesundheitsamt, dass sofort eine Sequenzierung durchgeführt wird.

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Warum die Untersuchung der verdächtigen positiven Probe 14 Tage gedauert hat, kann die Stadträtin nicht erklären. Sie vermutet, dass das vom RKI beauftragte Labor über die Feiertage "ausgedünnt" gewesen sei. Ein solch langer Zeitraum sei für die Analyse "wohl auch nicht normal". Sie bedauert, dass die Sequenzierung in Deutschland nicht öfter durchgeführt wird – in Großbritannien und Dänemark gehöre die Untersuchung zur Regel, in Deutschland sei sie "eher selten".

Das englische Virus ist also in Berlin eingetroffen. Was bisher nur vermutet wurde, hat sich jetzt bestätigt. Carolina Böhm ist besorgt: Die Mutation könnte erklären, "warum wir das Infektionsgeschehen seit einigen Wochen nicht eingedämmt bekommen". Durch mehr Sequenzierungen könnten wahrscheinlich neue Erkenntnisse gewonnen werden, der Blick auf die Pandemie könnte sich ändern.

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