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Über allen Wipfeln: Wer Brandenburgs Wald von oben betrachten will, kann das vom Baumkronenpfad auf dem Areal der ehemaligen Heilstätten in Beelitz tun.

© Jens Kalaene/dpa

Mehr Kohle fürs Brandenburger Holz: Waldbesitzer wollen finanzielle Anerkennung für Leistung ihrer Bäume beim Klimaschutz

Waldbesitzer fordern, dass die Leistung ihrer Bäume für den Klimaschutz auch finanziell anerkannt wird.

Von Sandra Dassler

Er erzeugt Sauerstoff, spendet Schatten und Ruhe, verströmt Düfte, die unser Immunsystem positiv beeinflussen – wahrscheinlich war der Wald selten so wertvoll wie heute. Aber auch selten so gefährdet: Der Waldzustandsbericht für das Jahr 2020 kam zu dem Ergebnis, dass jeder vierte Waldbaum in Brandenburg deutliche Schäden aufweist und nur 15 Prozent der Bäume wirklich gesund sind. Die Ursache sehen Forstexperten darin, dass der Wald unverändert mit den Auswirkungen des Klimawandels zu kämpfen hat und durch Trockenheit sowie Schadinsekten unter Dauerstress steht.

Dabei sei der Wald selbst ein hervorragender Klimaschützer, sagt Stephan Kirchharz. Er ist der Geschäftsführer des Waldbesitzerverbandes Brandenburg, der am Dienstagnachmittag zu einer Protest- und Informationsveranstaltung vor dem Brandenburger Landtag eingeladen hatte.

Der Verband vertritt etwa 100.000 private Waldbesitzer, die 670.000 von insgesamt 1,1 Millionen Hektar Wald in Brandenburg bewirtschaften. Darunter sind einige große Flächenbesitzer, aber 92 Prozent der privaten Eigentümer nennen weniger als zehn Hektar ihr eigen, sagt Kirchharz: „Die haben oft nicht so viel Geld, um alle durch Schädlinge, Stürme und Trockenheit entstandenen Schäden zu beseitigen – und dabei den Wald auch noch so umzubauen, dass er der Herausforderungen des Klimawandels gewachsen ist.“

Denn ein nachhaltiger Waldumbau, bei dem unter anderem verschiedene Laubbaumarten zwischen die Kiefern gepflanzt und der Wildschutz gewährleistet werden muss, koste pro Hektar etwa 8000 bis 10.000 Euro. Da würde eine Vergütung der Leistungen, die der Wald für den Klimaschutz erbringt, schon helfen.

„Wald speichert pro Hektar etwa acht Tonnen Kohlendioxid im Jahr, wir veranschlagen aber nur eine Speicherleistung von 4,5 Tonnen und verlangen 25 Euro pro Tonne“, sagt Kirchharz: „Das macht dann 112,50 Euro pro Hektar im Jahr.“

[Lesen Sie weiter bei Tagesspiegel Plus: Wer löscht, wenn Brandenburgs Wälder brennen? Alarmstufe Rot für die Freiwillige Feuerwehr]

Viel sei das nicht, würde aber die Leistungen der Waldbesitzer anerkennen: „Außerdem ist es nur gerecht, dass nach Einführung der CO2-Abgabe nicht nur die Verursacher – etwa an den Tankstellen – zur Kasse gebeten werden, sondern auch diejenigen, die Kohlendioxid vernichten, aus dem Klimafonds etwas dafür erhalten.“

Der Waldbesitzerverband hatte auch die Kanzlerkandidaten Olaf Scholz (SPD) und Annalena Baerbock (Grüne), die im Wahlkreis Potsdam antreten, eingeladen – beide sagten ab, weil sie anderswo auf Wahlkampftour waren. „Bislang sind die politischen Reaktionen auf unsere Forderung noch verhalten“, beklagt Kirchharz. Das mag auch daran liegen, dass noch unklar ist, wie man eine zielgerichtete Verwendung der geforderten Gelder für den Klimaschutz nachweisen könnte. „Auch bei den Waldbesitzern gibt es einige Schwarze Schafe“, sagt ein Forstexperte.

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Die Frage, wie die Verwendung der Gelder kontrolliert werden kann, beschäftigt auch Brandenburgs Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz, Axel Vogel (Grüne). Er wies am Dienstag darauf hin, dass das Land bereits finanziell sowie mit Beratung und Dienstleistungen den Waldumbau fördere. „Wir wollen auch, dass Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer besser unterstützt werden“, sagte Vogel: „Das Modell darf aber nicht nur Fläche und Besitz honorieren, sondern den Einsatz der Flächeneigentümerinnen und -eigentümer zur Sicherung von Ökosystemleistungen des Waldes, also Leistungen für Klimaschutz und Biodiversität.“. So ähnlich steht es auch in einem Antrag der grünen Bundestagsfraktion.

Die Bundesregierung sei es „bisher schuldig geblieben, ein taugliches und abgestimmtes Modell vorzulegen“, kritisierte Vogel. Auf der Agrarministerkonferenz Ende September werde das aber wieder Thema sein.

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