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Die Sana-Kliniken Sommerfeld.

© Soeren Stache/dpa

Mammutaufgabe für Reha-Kliniken der Mark: Brandenburg will Vorreiter bei Behandlung von Post-Covid-Patienten sein

In der Mark bieten elf Reha-Kliniken spezielle Angebote für Covid-Patienten mit Langzeitfolgen an. Nötig sind langwierige und aufwendige Therapien.

Brandenburg will in Deutschland bei der Behandlung von Long-Covid-Patienten vorangehen. Diesen Anspruch formulierte Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Potsdam. „Wir sehen uns da in einer Vorreiterrolle. Und wir werden die Angebote weiter ausweiten“, sagte Nonnemacher. „Brandenburg ist Reha-Land, für unsere Bevölkerung, aber selbstverständlich auch für Berlin und darüber hinaus.“ 

Inzwischen bieten demnach elf der 25 Reha-Kliniken sowie ein ambulantes Zentrum spezielle Angebote für die Behandlung von Post-Covid an. Diese Angebote sollen nun auch über eine neue Homepage bekannter gemacht werden, da laut Ministerium viele Betroffene und Ärzte diese Möglichkeiten bisher nicht kennen. "Die Patienten kommen nicht so in den Reha-Kliniken an, wie es sein sollte", sagte Jouleen Gruhn, die zuständige Abteilungsleiterin. Die Deutsche Rentenversicherung ziehe mit. 

Es geht um Menschen, die nach überstandener Infektion an Langzeitfolgen leiden, die von Ermüdung, Vergesslichkeit, Schlafstörungen bis zu Atemproblemen reichen. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entwickelt jeder zehnte erwachsene Erkrankte solche Symptome, was in Brandenburg bereits auf über 11 000 Menschen hinausliefe.

In dem Zusammenhang wies Manuel Anhold, Chefarzt am Evangelischen Zentrum für Altersmedizin in Potsdam, darauf hin, dass Ärzte, Krankenschwester und Pfleger, die selbst erkrankten, oft besonders betroffen sind. Er berichtete, wie die unbekannte Krankheit das Alexianer-Krankenhaus an Grenzen brachte, wie man sich „auf eine potenzielle Bergamo-Lage“ einstellte, er Angst um seine Geriatrie-Patienten hatte.

„Ich hatte mit einem Massensterben gerechnet.“ Dazu kam es nicht, es habe nur wenige Sterbefälle gegeben. „Wir hatten wahnsinniges Glück und haben einiges richtig gemacht“, sagte Anhold. Nach seinen Worten sind von 155 Mitarbeitern etwa 50 an Corona erkrankt – davon leiden heute vier, fünf Mitarbeiter an Long-Covid, mit „Atemnot, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten.“

"Viele Patienten hatten Nahtoderlebnisse" 

In der Behandlung von Post-Covid hat zum Beispiel die Sana-Reha-Klinik in Sommerfeld mittlerweile Erfahrungen sammeln können, mit Patienten zwischen 18 und 92 Jahren. 33 Betten stünden dafür zur Verfügung, nach den Anträgen könnte man 50 bis 60 Betten belegen, berichtete Anette Twietmeyer, Oberärztin an der Klinik, die als eine der ersten im Land mit Long-Covid-Behandlungen begonnen hatte.

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Dafür sei ein umfassendes Therapieprogramm nötig, eine breite Expertise, etwa auch Kardiologen, verschiedenste Therapeuten, Logopäden und Labormediziner und Psychologen nötig. „Es ist keine Lungenkrankheit. Es ist eine systemische Krankheit“, sagte sie. „Viele Patienten hatten Nahtoderlebnisse. Viele atmen zu schnell. Es scheint sich irgendetwas im Gehirn eingepflanzt zu haben.“ Mancher brauche Geruchs- und Geschmackstraining, andere Hirnleistungs- und Konzentrationstraining.

Long-Covid-Expertin: Oberärztin Annette Twietmeyer von der  Reha Klinik Sommerfeld 
Long-Covid-Expertin: Oberärztin Annette Twietmeyer von der  Reha Klinik Sommerfeld 

© Thorsten Metzner

Twietmeyer illustrierte das anhand konkreter Fällen: Sie berichtete etwa von einem 51-jährigen Patienten, einem Arzt, der im Dezember 2020 schwer an Corona erkrankt war, Intensivstation, knapp überlebte und im Juni 2021 zur Reha kam. Er hatte Schäden an der Lunge und bis dahin über 30 Kilo an Gewicht verloren. Beim Sechs-Minuten-Gehtest schaffte er 331 Meter, die Hälfte dessen, was normalerweise hätte sein müssen. Nach vier Monaten intensiver Reha habe er 566 Meter erreicht, seien die Kopfschmerzen seltener gewesen, so Twietmeyer. Für die Lunge habe man nicht viel tun können. 

Die Heilung von Long-Covid ist aufwendig und langwierig 

Und sie berichtete von einer 47-jährigen Krankenschwester, mit Asthma als Vorerkrankung, die eigentlich einen leichten Verlauf hatte, ohne Krankenhaus-Aufenthalt, im August 2021 die Post-Covid-Reha begann, geschwächt, mit Atemproblemen, Vergesslichkeit und Wortfindungsschwierigkeiten. Die Frau habe gesagt:  „Wenn das Sieb in meinem Kopf so bleibt, kann ich mir ein Arbeiten nicht mehr vorstellen.

“ Beim Sechs-Minuten-Gehtest habe sie 302 Meter geschafft, 45 Prozent des Solls. 368 Meter seien es nach sechs Reha-Wochen gewesen, die Schmerzen hätten nachgelassen. „Auch hier müssen wir leider sagen: Wir sind noch nicht fertig.“ Und es gibt viele solcher Fälle. „Diese Menschen belastet es total, dass sie leistungsgemindert, freudlos sind“, sagte Twietmeyer. „All diese Menschen müssen wir irgendwie abholen, mitnehmen und wieder dahin bringen, wo sie gerne wären.“ 

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