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Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek (r.) ist nun mit ihrem Dienstroller unterwegs.

© Fabian Sommer/dpa

„Gute Möglichkeit, auf den Pkw zu verzichten.“: Berliner Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek fährt jetzt Dienstroller

Statt Dienstwagen ist Antje Kapek mit einem Elektroroller in Berlin unterwegs. Den Berliner Verkehr will sie an vielen Stellen verändern.

Wenn Politiker mit ihren Dienstwagen unterwegs sind, handelt es sich meist um schwere Karossen. Bei Antje Kapek, Co-Fraktionsvorsitzende der Berliner Grünen, fällt das Fahrzeug dagegen deutlich kleiner aus. Sie braust seit Kurzem auf einem elektrischen Roller durch den Berliner Verkehr.

Mit ihrem neuen Gefährt sei sie in der Stadt schneller und flexibler als mit dem Auto. „Man schlängelt sich gut durch und hat keinen Parksuchverkehr.“ Trotz Dauerregens kam Kapek auch am Donnerstag mit ihrem neuen Fahrzeug zu einem Termin in Mitte bei Unu Motors, dem Berliner Hersteller ihres Rollers.

Das vor acht Jahren gegründete Unternehmen ist mittlerweile mit dem zweiten Fahrzeug am Markt. Die Idee sei gewesen, „eine Mobilitätslösung für die Stadt zu entwickeln. Ohne Staus und Parkplatzprobleme“, sagte Leonard Blum, Mitgründer und Chef des Unternehmens. Der Roller sei nicht nur platzsparend, er stoße zudem keine Emissionen aus. Die beiden herausnehmbaren Akkus ließen sich an jeder Steckdose laden. So komme das Gefährt auf 100 Kilometer Reichweite mit Stromkosten von nur einem Euro.

Für Kapek passt das nicht nur persönlich. Es trifft auch die Agenda der Grünen: „Das ist eine gute Möglichkeit, auf den Pkw zu verzichten.“ Helfen soll dabei auch der nächste Teil des Mobilitätsgesetzes zum Thema „Neue Mobilität“. Man befinde sich „in den Endzuckungen“, sagte Kapek. Sie hoffe, noch in dieser Legislaturperiode zu einer Einigung in der Koalition zu kommen.

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Die Fraktionsvorsitzende machte deutlich, welche Forderungen die Grünen in diesem Bereich sehen: Ein Schlüssel sei etwa das Thema Parken. „Solange parken nichts kostet, ist der Anreiz nicht gegeben, auf ein Auto zu verzichten“, sagte sie. Nötig seien flächendeckend höhere Parkgebühren.

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Zugleich müsse der Verkehr künftig abgasfrei sein. Bis 2030 solle der Verkehr in der Innenstadt emissionsfrei werden. Die Grünen wollen dazu an allen Kreuzungen im Nebenstraßennetz innerhalb des Fünf-Meter-Abstands Abstellflächen für Räder, E-Scooter und Roller einrichten, erklärte Kapek. So schaffe man Anreize zum Umstieg. „Je mehr Flächen ich davon habe, desto attraktiver wird es.“

Zugleich sei das Thema Ladeinfrastruktur entscheidend. Die SPD hatte zuletzt in koalitionsinternen Runden einen massiven Ausbau der Ladesäulen gefordert. Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) positionierte sich unlängst im Verkehrsausschuss gegen diese Idee. Auch Kapek ist dagegen. "Es gibt Debatten um Quantitäten, die finde ich nicht ganz zeitgemäß. Ich glaube, dass im öffentlichen Raum die klassische Ladesäule mit 11 kW nicht mehr State of the art ist." Nötig seien künftig weniger, dafür leistungsstarke Schnellladesäulen.

Kapek will Sharing-Anbieter nicht zu stark regulieren

Dabei habe allein die Ankündigung einer Zero-Emission-Zone bereits geholfen, so die Fraktionsvorsitzende. Supermärkte und Parkhäuser errichteten von sich aus zunehmend Schnellladesäulen auf ihren Parkplätzen. Künftig würden auch die Tankstellen folgen. Die Frage sei, ob ein engmaschiges, öffentliches Ladenetz dann überhaupt noch nötig sei, oder der Platz nicht etwa für Radwege genutzt werden könnte, sagte Kapek.

Umstritten ist die Frage, wie das Land künftig mit Sharing-Anbietern umgehen will. Über eine Änderung des Berliner Straßengesetzes sollen die Angebote zu einer Sondernutzung des Straßenlandes erklärt werden. Neben neuen Regeln kämen auch Sondernutzungsgebühren auf die Unternehmen zu. Kapek betont, die Firmen nicht zu stark einschränken zu wollen. Die Branche sei „ein Teil der Verkehrswende“, so die Co-Fraktionsvorsitzende.

„Wir sollten die Regelungen deshalb nicht so gestalten, dass sich ein Angebot nicht mehr lohnt.“ Es dürften etwa nicht doppelt und dreifach gebühren erhoben werden, erklärte Kapek. Carsharing-Anbieter wie We Share hatten sich zuletzt beklagt, dass sie schon heute Parkgebühren in siebenstelliger Höhe zahlten. Zusätzliche Nutzungsgebühren könnten die Dienste unrentabel machen.

Kapek wollte die Regulierung vor allem als Reaktion auf die Probleme im Bereich der E-Scooter verstanden wissen. Zudem habe die Branche zuletzt bereits eine freiwillige Selbstverpflichtung als Angebot an den Senat unterbreitet. Von dort ausgehend „kann man sich in der Mitte treffen“, so Kapek.

Wird Kapek neue Verkehrssenatorin?

Bleibt die Frage, wie die Grünen die bisherige Bilanz des Mobilitätsgesetzes sehen. In dieser Woche ist der erste Teil des Gesetzes zum Radverkehr seit drei Jahren verabschiedet. Die Initiative Changing Cities übte scharfe Kritik an der bisherigen Bilanz. Kapek bewertet dies erwartungsgemäß anders. „Ich bin Teil einer Partei, die selbst sehr ungeduldig ist. Aber wenn man sich anguckt was die Verkehrsverwaltung auf den Weg gebracht hat, ist es fragwürdig, das immer in Frage zu stellen.“ Es sei „der Hammer, was sich in den letzten vier Jahren geändert hat“, sagte sie. Zwar sei noch nicht genug passiert, das werde jedoch noch kommen. „Da ist noch sehr viel im Köcher.“

Ob Kapek dies selbst künftig als Verkehrssenatorin gestalten will – entsprechende Ambitionen werden ihr seit Langem nachgesagt – wollte sie am Donnerstag nicht beantworten. Vor der Wahl mache es keinen Sinn über Postenverteilungen sprechen. „Ich bin wirklich sehr gerne Fraktionsvorsitzende“, sagte sie.

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