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Bnndeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) spricht auf der Demonstration des Bürgerbündnisses «Zukunft Schwedt».

© Patrick Pleul/dpa

Update

„Grüne an die Ostfront": Proteste gegen Habeck – trotz Staatshilfe für Raffinerie in Schwedt

Rund 4000 Menschen kamen zu der Kundgebung, es gab Pfiffe und Buh-Rufe für den Bundeswirtschaftsminister. Der gab eine Garantie – per Handschlag.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat öffentlich Staatshilfe der Bundesrepublik für einen nahtlosen Weiterbetrieb der Raffinerie PCK in Schwedt nach dem Embargo-Verzicht auf Öl aus Russland zugesagt. Und zwar solange, „bis das Ding wieder wirtschaftlich läuft.

Dann kann sich der Staat wieder zurückziehen“, versicherte Habeck, der am Mittwochabend auf einer Kundgebung in Schwedt vor rund 4000 Menschen sprach und zunächst ausgepfiffen und ausgebuht wurde. Auch wurde auf der Demonstration ein Schild gezeigt, auf dem "Grüne an die Ostfront" zu lesen war.

Die Schwedter Augenärztin Konstanze Fischer, eine der Organisatorinnen der Demo, ließ sich das Garantie-Versprechen des Bundeswirtschaftsminister per Handschlag besiegeln, Habeck schlug ein. „Die Antwort ist Ja!“, so der Minister. "Die Zusage ist gegeben." Die Bundesregierung sei bereit einzuspringen, wenn kein russisches Öl mehr aus der Pipeline „Drushba“ kommt, aus der das Werk mit über 1000 Beschäftigten bisher versorgt wird.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte gemeinsam mit Polen angekündigt, dass Deutschland ab Ende 2022 auf russisches Pipeline-Öl verzichten wird. Damit geht Deutschland über das EU-Embargo gegen Russland für Tankeröl hinaus. 

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Die Kundgebung, eine der größten in der Uckermark seit 1990, hatte ein lokales Bündnis organisiert. Die Gewerkschaft IGBCE, die Kommunalpolitik, SPD und Linke riefen zur Teilnahme auf. Die AfD war ebenfalls präsent. Es war ein schwerer Auftritt für Habeck, die Stimmung in der Region ist aufgeheizt.

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Vor einigen Wochen war er schon einmal vor Ort im Werk aufgetreten, hatte der Belegschaft Zusagen gemacht. Seitdem ist viel zu wenig getan worden, hatte selbst Brandenburgs Landesregierung kritisiert. Der Ex-Intendant der Uckermärkischen Bühnen, Rainer Simon, nannte unter Beifall das Öl-Embargo verfehlt und warf der Bundesregierung vor, schlecht zu regieren. 

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So hatte Habeck hatte zunächst Mühe, sich gegen die Pfiffe und Buh-Rufe überhaupt Gehör zu verschaffen. „Das Klatschen für eine Beendigung des Krieges ist wohlfeil, wenn man dann nicht etwas dafür tut“, so der Minister. Das Embargo sei notwendig, um gegen den Verursacher dieses Angriffskrieges etwas zu tun, betonte Habeck. „Es trifft Russland hart.“

In Deutschland sei im Übrigen nicht allein Schwedt von Binnenwirkungen betroffen. Er warnte, dass Schwedt – wie die Drosselungen russischer Gaslieferungen zeige – darauf vorbereitet sein müsse, dass Putin selbst den Ölhahn zudrehe. 

Schwedt-Task-Force tagt nächste Woche wieder 

Habeck wies darauf hin, dass an einer Alternativ-Lieferkette für Schwedt gearbeitet werde, es im Mai erstmals eine Öl-Lieferung aus Rostock von Schiffen über eine Pipeline nach Schwedt gegeben habe und nun die Kapazität dieser Trasse kurzfristig erhöht werden soll. Nächste Woche tagt die Bund-Länder-Taskforce zu Schwedt unter Leitung von Habecks Staatssekretärs Michael Kellner.

Tausende protestieren in Schwedt für Erhalt der Raffinerie 
Tausende protestieren in Schwedt für Erhalt der Raffinerie 

© Patrick Pleul/dpa

Kein Adressat der Proteste war erneut Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), obwohl dieser den Verzicht auf Pipeline-Öl aus Russland entschieden hatte, von dem vor allem die Raffinerie in Schwedt betroffen ist. Dennoch haben sich Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und die Landes-SPD seit Wochen allein auf Habeck eingeschossen, mit Forderungen nach Garantien für Schwedt und die Versorgungssicherheit für Ostdeutschland. 

Ministerpräsident Dietmar Woidke fordert Garantien für Region, Werk und Beschäftigte  

An der Kundgebung nahmen mehrere SPD-Landräte teil, etwa Marko Köhler (Potsdam-Mittelmark) oder Rolf Lindemann ( Oder-Spree). Die SPD-Landesgruppe im Bundestag – Scholz ist Mitglied – veröffentlichte eine Unterstützungserklärung. „Heute ist ganz Brandenburg Schwedt. Das Land steht zusammen“, sagte Woidke, der für seine Rede Beifall bekam. „Brandenburg weiß, dass es kämpfen muss.“

Es sei klar, dass der Bund die Folgen der politischen Entscheidung zu tragen habe. „Dazu gehört eine Garantie für den Standort, für die Region, für die Beschäftigten, dass es nicht zu einem Strukturbruch wie in den 90er Jahren kommt“, sagte Woidke, ohne Scholz zu erwähnen. „Wir brauchen eine Garantie für das Fortbestehen des PCK.“

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Der Regierungschef erneuerte seine Forderung nach „ein bis zwei Milliarden Euro“ vom Bund, um den Strukturwandel in der Uckermark zu bewältigen, die eine Modellregion für klimaneutrale Produktion werden könne. 

PCK-Geschäftsführer Ralf Schairer dankte Schwedt, der Belegschaft, der Region und der Landesregierung für das Zusammenstehen, das ein „Alleinstellungsmerkmal in Deutschland“ sei. „Wenn jemand die Transformation zu einer klimaneutralen Raffinerie schafft, dann dieser Standort“, sagte Schairer. Für den Übergang, in dem das Werk zunächst defizitär sein werde, seien „Entscheidungen, Mittel und Klarheit nötig“.

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