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Blick auf die Tesla-Baustelle in Grünheide.

© IMAGO / Future Image

Update

Gigafabrik unter der Lupe: Großkontrolle bei Tesla in Grünheide – Model Y kommt aus Shanghai

Drei Chemikalientanks hat Tesla ohne Genehmigung errichtet. Am Freitag rückten die Behörden zur Kontrolle der ganzen Baustelle an. Jetzt kommt China ins Spiel.

Nach dem Auffliegen dreier illegal installierter Chemietank nehmen Brandenburgs Behörden die Großbaustelle der neuen Tesla-Gigafactory in Grünheide nun intensiver ins Visier: Am Freitag fand eine unangekündigte, konzertierte Großkontrolle auf dem 300-Hektar-Areal statt.

Das Landesamt für Umwelt (LfU) habe „zusätzlich zum Bußgeldverfahren eine umfangreiche Überprüfung der gesamten Baustelle“ durchgeführt, erklärte ein Sprecher des Umweltministeriums. „Damit will die Überwachungsbehörde nach der Errichtung von nicht genehmigten Tanks durch Tesla sicherstellen, dass nicht noch weitere ungenehmigte Aktivitäten auf dem Gelände durchgeführt wurden und werden.“

Demnach waren neben dem LfU auch Kontrolleure des Landkreises Oder-Spree sowie der Arbeitsschutzbehörden vor Ort. Ob bei dem Tiefencheck weitere Verstöße festgestellt worden sind, wurde bisher nicht bekannt. Was ist los auf der Baustelle? Ein Überblick.

Bußgeldverfahren eingeleitet

Wegen dreier illegal errichteter Chemikalientanks hat die Behörde ein Bußgeldverfahren gegen Tesla eingeleitet. Die Tanks sind errichtet, aber nicht gefüllt und nicht angeschlossen. Eine Inbetriebnahme haben die Behörden untersagt. Tesla hat sich nicht dazu geäußert, wie es dazu kommen konnte.

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Inzwischen gibt es Signale, dass Grund für die Errichtung der Tanks Missmanagement auf der Baustelle ist. Tesla hatte fünf Tanks beantragt, von denen – bisher – nur zwei genehmigt wurden. Dennoch waren alle fünf aufgestellt worden.

Besonders brisant daran ist, dass einer der illegal errichteten Tanks ausgerechnet für das hoch entzündliche Kältemittel Tetrafluorpropen vorgesehen ist, das in der Lackiererei der Autofabrik verwendet werden soll. Für dessen Anwendung hatte ein Störfallgutachten gravierende Sicherheitsmängel festgestellt, etwa dass es bei eine Leckage zu Bränden und dann zum Freisetzen giftiger Gase kommen könnte.

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Wegen dieser ungeklärten Störfallproblematik versuchen Grüne Liga und Naturschutzbund mit einer Klage einen Stopp der laufenden Maschinentests durchzusetzen. Nachdem sie in erster Instanz verloren, muss das nun Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) entscheiden. Die Chancen in diesem Verfahren dürften für den US-Elektroautobauer durch den Rechtsbruch bei den errichteten Tanks nicht besser geworden sein.

Sollten jetzt womöglich noch weitere Verstöße bekannt werden, droht womöglich sogar ein Baustopp – für Tesla ein Supergau.

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Es ist schon das dritte Mal, dass es Ärger um ungenehmigte Arbeiten gibt: Bei Probe-Pfahlgründungen hatte das Unternehmen auf ein Versehen verwiesen, bei der Verlegung eines Abwasserschachtes auf eine frühere Erlaubnis, die allgemein die Verlegung unterirdischer Leitungen gestattet hatte. Die Chemikalientanks aber haben eine neue Qualität – die Großkontrolle war deshalb schon fast eine zwangsläufige Folge.

Insider berichten auch, dass auf der Großbaustelle vieles drunter und drüber geht. Einen Bauleiter hat Musk bereits gefeuert.

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Seit einem halben Jahr gibt es eine Task Force für die „schwierigsten Probleme“, die „direkt an Elon berichtet“, hieß es bei der Personalsuche. Gesucht wurde ein „Problemlöser“, der „einen unkonventionellen Ansatz“ habe und „die Energie, Erstaunliches geschehen zu lassen“. Nun hat Tesla seine Probleme noch einmal vergrößert.

Hauptgenehmigung nicht vor Herbst

Noch gibt es keine Hauptgenehmigung für die Fabrik, bei der 500.000 Fahrzeuge pro Jahr vom Band rollen sollen. Vor Oktober ist kein Abschluss des Verfahrens in Sicht. Aktuell werden mehr als 11.000 Seiten neue Antragsunterlagen öffentlich ausgelegt, da Tesla die Fabrik umgeplant und um die Fertigung der für die E-Autos benötigten Batteriezellen erweitert hat. Allein die wäre die größte Europas.

Es handelt sich neben dem Autowerk (rund drei Milliarden Euro) noch einmal um eine Milliarden-Investition. Alle bisherigen Arbeiten erfolgen auf Grundlage von insgesamt 16 Vorab-Einzelerlaubnissen („Zulassung des vorzeitigen Maßnahmebeginns“) auf Risiko Teslas.

Rastloser Tesla-Chef: Elon Musk im Mai bei einem Besuch auf der Baustelle in Grünheide.
Rastloser Tesla-Chef: Elon Musk im Mai bei einem Besuch auf der Baustelle in Grünheide.

© Michele TantussiREUTERS

Wenn die Hauptgenehmigung nicht käme, müsste Tesla die Fabrik wieder abreißen, den Ursprungszustand wiederherstellen. Solche vorzeitigen Zulassungen können widerrufen werden, sodass sich Tesla keine Verstöße erlauben darf. Das Misstrauen wird nun größer.

„Jede vorzeitige Zulassung basiert auf einer Vertrauensgrundlage. Die hat Tesla infrage gestellt“, sagte Christiane Schröder, Landesgeschäftsführerin des Naturschutzbundes Brandenburg.

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Die erste Kontrolle, bei der die Chemietanks festgestellt wurden, war auf Hinweis der Umweltverbände Grüne Liga und Naturschutzbund erfolgt. „Es geht um ein Tanklager im Trinkwasserschutzgebiet. Als Umweltverbände müssen wir da genau hinsehen“, sagt Schröder.

Giga Berlin ist zu 80 Prozent fertig

Im November 2019 hatte Elon Musk angekündigt, dass die vierte Gigafactory des Konzerns bei Berlin in Grünheide gebaut wird. Im Rahmen seines als „Mission Energiewende“ deklarierten Geschäftsmodells baut Tesla auf jedem Kontinent erst einmal eine. „Die Realisierung des Projekts steht unter erheblichem Zeitdruck“, heißt es in einer Bauerlaubnis des Landesumweltamtes vom 27. Mai. „Aufgrund der Komplexität und des Umfanges des Vorhabens und des engen Zeitplanes ist die Antragstellerin sehr darum bemüht, Verzögerungen im Bauablauf zu vermeiden.“

Das Baugelände der Tesla-Autofabrik östlich von Berlin (Luftaufnahme mit einer Drohne).
Das Baugelände der Tesla-Autofabrik östlich von Berlin (Luftaufnahme mit einer Drohne).

© Patrick Pleul/dpa

Inzwischen stehen die Hallen der Autofabrik, werden dort die Roboter der Endmontage, die schweren Maschinen in der Lackiererei und der Gießerei eingebaut und auf Funktionsfähigkeit getestet. Letzte Woche wurde das mehr als einen Meter dicke Fundament der Batteriefabrik gegossen. Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) schätzte jüngst , dass die Fabrik etwa zu 80 Prozent fertig sei.

Tesla setzt bisher alles daran, dass in Grünheide Ende 2021 die ersten Autos vom Band rollen. Ursprünglich war Juli 2021 geplant. Offenbar stellt man sich inzwischen auch auf einen Plan B ein.

Das Model Y, das künftig in Grünheide gebaut werden soll, will Tesla bereits im August in den deutschen Markt einführen. Das kündigte das Unternehmen am Freitag an, zuvor hatte die "F.A.Z." berichtet. Statt auf die Gigafabrik in Brandenburg zu warten, kommen die ersten Autos dann aus Shanghai.

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