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Am 31. Oktober wurde der Flughafen BER eröffnet.

© imago images/Rüdiger Wölk

Flugbetrieb am BER in Gefahr: Berlin muss „zeitnah“ Millionen überweisen

Kaum ist der neue Airport offen, wird dringend Geld gebraucht – sonst wäre „die Aufrechterhaltung des Flugbetriebs gefährdet“, erklärt Finanzsenator Kollatz. 

Der gerade erst eröffnete neue Flughafen Berlin-Brandenburg Willy Brandt (BER) braucht neues Geld, und zwar sofort. Deshalb hat Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) kurzfristig in einer Dringlichkeitsvorlage die Freigabe weiterer Berliner Corona-Nothilfen in Höhe von 74,4 Millionen Euro für die Flughafengesellschaft (FBB) durch den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses beantragt.

Die Dringlichkeit begründet Kollatz in einem dem Tagesspiegel vorliegenden Schreiben an das Parlament so: „Ohne die zeitnahe Auszahlung des Gesellschafterdarlehens wäre die Aufrechterhaltung des Flugbetriebs gefährdet.“ Das Schreiben trägt das Datum vom 30. Oktober, das war der Tag vor der BER-Eröffnung. Versandt wurde alles am Tag danach, dem 1. November. Die Eil-Vorlage steht auf der Tagessordnung des Hauptausschusses am Mittwoch. 

Auch in der dem Tagesspiegel vorliegenden vertraulichen Beschlussvorlage heißt es wörtlich: „Da der Mittelbedarf der FBB kurzfristig besteht, ist ein Zuwarten bis zum Inkrafttreten des 2. Nachtragshaushaltes nicht geboten. Ohne das Gesellschafterdarlehen müsste die FBB den Flugbetrieb noch im Jahr 2020 einstellen.“

Die Höhe der Summe, die die FBB 2020 erhalten soll, ist nicht neu. Es geht um den Berliner Anteil an den 300 Millionen Euro, die Berlin, Brandenburg und der Bund der gemeinsamen Flughafengesellschaft (FBB) nach Beschlüssen im Sommer in diesem Jahr als Ausgleich für die Pandemie-bedingten Verluste zahlen wollen, nachdem der Flugverkehr seit Frühjahr weitgehend eingebrochen ist.

Statt 100.000 Passagieren wie noch 2019 werden derzeit in Berlin zwischen 20.000 und 25.000 Fluggäste abgefertigt. Brandenburg und der Bund haben ihre Anteile bereits bewilligt.

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Im Bundestag war die Opposition aus FDP, Linken und Grünen mit einem Versuch gescheitert, die Mittel zu sperren – und einen konkreten Nachweis zu koppeln, dass das Geld nur für Pandemie-Umsatzausfälle gebraucht wird. Denn die hochdefizitäre Flughafengesellschaft war – wegen laufender Milliardenkredite für den Bau des neuen Airports – schon vor der Corona-Krise in einer dramatischen Schieflage. 

„Ohne das Gesellschafterdarlehen müsste die FBB den Flugbetrieb noch im Jahr 2020 einstellen“

Ursprünglich war geplant, dass Brandenburg, Berlin und der Bund die als Corona-Hilfe deklarierten 300 Millionen Euro für 2020 der FBB komplett als Zuschuss überweisen, was wegen Bedenken in Brüssel inzwischen verändert werden musste. Die FBB hat lediglich 99 Millionen Euro als direkte Kapitalspritze bekommen. Die restlichen 201 Millionen Euro werden als Eignerdarlehen ausgezahlt.

Auch der Berliner Anteil von 74 Millionen Euro, über den nun der Hauptausschuss des Berliner Parlamentes zu befinden hat, ist ein Darlehen. „Diese Umschichtung erfolgt aus beihilferechtlichen Gründen“, so Kollatz. 

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Lange werden auch die 74 Millionen Euro aus Berlin für den inzwischen eröffneten BER nicht reichen. Im Antrag der Flughafengesellschaft, unterzeichnet von Chef Engelbert Lütke Daldrup und der neuen Finanzgeschäftsführerin Aletta von Massenbach, an die Senatsverwaltung für Finanzen auf Auszahlung des Darlehens vom 21. Oktober heißt es: „Mit den beantragten Mitteln wird der voraussichtliche Liquiditätsbedarf bis Dezember 2020 gedeckt.“

[Endlich fertig! Aus der Dauerbaustelle BER wird ein internationaler Flughafen. Doch viele Probleme bleiben. Lesen Sie alle Beiträge zum neuen Hauptstadtflughafen auf unserer Themenseite.]

Für nächstes Jahr hat die Flughafengesellschaft bereits angemeldet, dass sie von den Eigentümern weitere 552 Millionen Euro benötigt, oder sogar 640 Millionen Euro im ungünstigsten Fall eines weiter stagnierenden Flugverkehrs bei 30 Prozent des Vor-Corona-Niveaus.

Der Flughafengesellschaft, die wegen der hohen Verschuldung zur Finanzierung des BER keine Kredite mehr bekommt, fehlen bis 2023 rund zwei Milliarden Euro. Das frühere Ziel des Unternehmens, ab 2025 ohne Hilfe der Eigentümer auszukommen und schwarze Zahlen schreiben, ist in die Ferne gerückt.

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