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Georg Friedrich Ferdinand Prinz von Preußen

© Ottmar Winter PNN

Falsche Behauptungen?: Vorwürfe gegen Chef-Verhandler der Hohenzollern

Georg Friedrich Prinz von Preußen geht gegen Medien und Historiker vor. Nun gerät sein Verhandlungsführer Jürgen Aretz in die Kritik.

Nur eine winzige Ungenauigkeit, nur eine fehlerhafte Formulierung im Detail. Schon kann ein Abmahnschreiben des Hohenzollern-Anwaltes drohen: In der Debatte um Rückgaben von Kunstgütern und Entschädigungen steht Georg Friedrich Prinz von Preußen auch wegen seines Vorgehens gegen Medien und Historiker in der Kritik.

Ein Diskurs könne nicht stattfinden, warnte jetzt wieder Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle (SPD) im Parlament, „wenn Wissenschaftler, Journalisten und Gutachter aufgrund ihrer Arbeit mit Klagen überzogen werden.“ Das Familien-Oberhaupt der Hohenzollern, Nachfahre der Preußenkönige und Ur-Ur-Enkel des letzten deutschen Kaisers, hat solche Vorwürfe stets zurückgewiesen, oder zurückweisen lassen. Die Familie, so ist es auf der offiziellen Webseite „Preussen.de“ zu lesen, habe sich „ausschließlich gegen Falschmeldungen zur Wehr gesetzt.“

Und da werden schon mal ziemlich spitzfindige Unterlassungsaufforderungen verschickt, wie jüngst an die Potsdamer Neueste Nachrichten (PNN): Moniert wurde, dass juristisch nicht gegen die Historikerin Eva Schlotheuber vorgegangen worden sei, wie es im Nebensatz eines Artikels stand, sondern allein gegen die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die einen Namensbeitrag Schlotheubers veröffentlicht hatte.

Im PNN-Bericht hatten Schlotheuber und der renommierte Preußenforscher Christopher Clark, der früher einmal ein Gutachten im Sinne der Hohenzollern verfasst hatte, die juristische Kampagne des Prinzen gegen Historiker und Medien vehement kritisiert. Clark bezeichnete sie als „schrecklichen Fehler“.

Aber gilt das hohe Maß, welches an andere angelegt wird, auch für das Haus Hohenzollern selbst? Der Chef-Unterhändler des Prinzen von Preußen, der frühere Thüringer Staatssekretär Jürgen Aretz, könnte es jedenfalls bei Tatsachenbehauptungen mit der Wahrheit nicht so genau genommen haben.

Es besteht der Verdacht einer teils falschen Versicherung an Eides statt

Es besteht nach Recherchen von Tagesspiegel und "Spiegel" der Verdacht, dass Aretz gegenüber dem Landgericht Berlin eine teils falsche Versicherung an Eides statt abgegeben haben könnte. Es handelt sich um Erklärungen von Aretz - in denen er auch über die Berichterstattung über die Hohenzollern in Tagesspiegel und Spiegel spricht - die aktuell in zwei äußerungsrechtlichen Verfahren für Georg Friedrich Prinz von Preußen zum Einsatz kamen, gegen den Historiker Winfried Süß und gegen die Brandenburger Linkspartei.

Süß verlor jüngst vor Gericht, zieht nun in die nächste Instanz, der Linke-Fall wird demnächst verhandelt.

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Aretz’ eidesstattliche Versicherung ist vom 8. Januar 2021 datiert. Er liefert darin als Verhandlungsführer eine ausführliche Gesamtdarstellung der Hohenzollern-Seite, was damals ablief, als am 13. Juli 2019 Tagesspiegel und Spiegel das Ausmaß der damaligen Forderungen nach Rückgabe von Kunstgütern aus Schlössern und Museen publik gemacht hatten und ein Sturm der Entrüstung losbrach.

Die Berichte stützten sich auch auf unstrittig authentische Dokumente wie einen vom Haus Hohenzollern im Februar 2019 an die Bundeskulturbeauftragte versandten eigenen 12-Seiten-Vertragsentwurf, bei dem ein Ursprungspapier der öffentlichen Hand aus dem Jahr 2018 um erhebliche Forderungen erweitert worden war.

Aretz bestreitet Medienanfragen

In seiner umfangreichen Versicherung gab Aretz in Bezug auf die damalige Berichterstattung von Tagesspiegel und "Spiegel" vom 13. Juli 2019 das Folgende zu Protokoll: „Es gab jedenfalls keinen Versuch der betreffenden Presseorgane, mit uns Kontakt aufzunehmen, die Korrektheit der Unterlagen und ihren Stellenwert zu verifizieren oder uns die Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.“ Und: ,,Die Veröffentlichung der Verhandlungsunterlagen und die weitere Kommentierung erfolgten, ohne dass die betreffenden Presseorgane mit uns zuvor Kontakt aufgenommen hätten. Eine Möglichkeit zur Stellungnahme wurde auch in der Folge nicht eingeräumt.“

Und weiter: „Auch in Bezug auf unsere angeblichen oder tatsächlichen Verhandlungspositionen hat es seitens des Tagesspiegels keine Anfrage an uns gegeben.“ Uns. Uns. Uns. Der Chef-Unterhändler formuliert hier scheinbar für die gesamte Hohenzollern-Seite, was den Chef Friedrich von Preußen und seinen Medienanwalt einschließt. Oder nutzt Aretz hier den „Plural der Majestät“ für sich allein?

Der Tagesspiegel hatte eine persönliche E-Mail an an Georg Friedrich Prinz von Preußen geschickt

Keinerlei vorherige Kontaktaufnahme, keine Anfrage, keine Gelegenheit zur Stellungnahme? Nichts davon trifft zu. Richtig ist, dass der Tagesspiegel an Georg Friedrich Prinz von Preußen in einer an seine persönliche E-Mail-Adresse versandten Nachricht am 8. Juli 2019, 13:26 Uhr, folgenden Fragekatalog zum Stand der Vermögensauseinandersetzung zwischen dem Haus Hohenzollern und der öffentlichen Hand geschickt hatte: „Konkret frage ich: Welche Ansprüche – und auf welcher Grundlage – erhebt das Haus Hohenzollern auf Kunst- und Sammlungsgegenstände, die sich in Museen der öffentlichen Hand befinden? Wie viele Kunst- und Sammlungsgenstände betrifft es? Welche Pläne hat das Haus Hohenzollern mit diesen Kunstwerken und Sammlungsgegenständen? Wie bewertet das Haus Hohenzollern den aktuellen Stand des Verfahrens/der Verhandlungen mit der öffentlichen Hand? Hat das Haus Hohenzollern weitere Forderungen an die öffentliche Hand, und wenn ja, welche und warum?“

Auf die präzisen Fragen gab es keine Antworten

Auf die präzisen Fragen gab es keine Antworten. Stattdessen hatte damals Anwalt Markus Hennig, der für die Medienangelegenheiten der Hohenzollern zuständig war, in einem Telefonat erklärt: „Es handelt sich um ein laufendes Verfahren. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns dazu nicht äußern können. Ich kann lediglich bestätigen, dass die Gespräche gut laufen.“ Genauso wurde Hennig im Tagesspiegel zitiert. Auch aus dem damaligen "Spiegel"-Beitrag geht hervor, dass das Magazin vorher angefragt hatte.

Auch danach keine Gelegenheit zur Stellungnahme? Noch am Abend des 12. Juli 2019 – die Vorabmeldungen waren bereits auf dem Markt – hat der Tagesspiegel Herrn von Preußen am Rande einer Ausstellungseröffnung im Palais Barberini in Potsdam ein Interview zu all diesen Fragen angeboten, für eine Darstellung seiner Sicht der Dinge.

Dieses Angebot ist am 22. Juli 2019 in einer weiteren Mail an den Prinzen erneuert worden, Zitat: „Sie hätten damit Gelegenheit, Ihre Sicht auf das Ganze darzulegen, mit der Interviewform wäre eine Autorisierung verbunden, auf die Sie sicher Wert legen.“ Es gab am gleichen Tag von Anwalt Hennig eine freundliche Absage, erstmal. Aretz will dann im Anschluss an die damalige Pressekonferenz am 24. Juli 2019 ein Interview angeboten haben.

Aretz' Anwalt weist Vorwurf einer falschen Versicherung strikt zurück

Wie Aretz und das Haus Hohenzollern auf die möglichen Widersprüche zur eidesstattlichen Versicherung reagieren, vom Tagesspiegel damit konfrontiert? „Im Juli 2019 wurden einzelne Dokumente aus den Vergleichsverhandlungen zwischen der öffentlichen Hand und Georg Friedrich Prinz von Preußen veröffentlicht“, antwortete ein Sprecher. „Dem Verhandlungsführer wurde hierzu im Vorfeld keine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Ausschließlich auf diese Tatsache beziehen sich die Erklärungen vor dem Landgericht Berlin am 8. Januar 2021.“

Dass Aretz persönlich keine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden sein soll, stimmt, aber er spricht in der Versicherung von „uns“, also für die gesamte Hohenzollern-Seite, die mit Anfragen überhäuft wurde.

Anwalt Markus Hennig, der nun auch Aretz vertritt, weist wiederum in einem Schreiben den Vorwurf einer falschen Versicherung seines Mandanten „nachhaltig“ zurück. Dessen Aussagen dort seien korrekt, bezögen sich allein auf die veröffentlichten Verhandlungsdokumente: „Mit anderen Worten: Es ist nicht zum Ausdruck gebracht worden, dass es vor und nach Veröffentlichung der Dokumente keine anderen Anfragen von Journalisten gegeben habe.“

Versicherungen seien rein persönliche Wahrnehmungen und außerdem sei es in den Prozessen gar nicht um Presseanfragen gegangen. Allerdings hat Aretz auch versichert, in seiner Erklärung „nichts verschwiegen“ zu haben. Und kann man die Aussage – „Auch in Bezug auf unsere angeblichen oder tatsächlichen Verhandlungspositionen hat es keine Anfrage an uns gegeben“ – wirklich nur in Bezug auf die Dokumente verstehen? Auf Preussen.de heißt es: „Gerade in der lebhaften und kontroversen Diskussion ist es wichtig, dass alle Beteiligten von einer zutreffenden Informationsgrundlage ausgehen und sich auf dieser Grundlage ihre Meinung bilden können.“ Üb immer Treu und Redlichkeit.

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