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Wenn Andreas Kalbitz, Landesvorsitzender der AfD in Brandenburg, gehört zu den Köpfen des völkisch-nationalistischen AfD-"Flügel".

© Monika Skolimowska/dpa

Update

Extremistencheck in Brandenburger Fraktion: Verfassungsschutz besorgt über Identitäre als AfD-Mitarbeiter

Bislang wird die AfD nicht vom Verfassungsschutz beobachtet. Das könnte sich wegen der Nähe zu Aktivisten der "Identitären Bewegung" in Brandenburg ändern.

Die Sicherheitsbehörden haben den Auftakt der heißen Phase des Ost-Wahlkampfs der AfD am Samstag im südbrandenburgischen Cottbus ins Visier genommen. Dort sind die AfD-Landeschefs von Thüringen, Brandenburg und Sachsen, Björn Höcke, Andreas Kalbitz und Jörg Urban, aufgetreten – Motto: „Vollende die Wende“.

Bereits im Vorfeld hatte Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) angekündigt, dass der Verfassungsschutz und der Staatsschutz dem Wahlkampfauftakt der AfD „sehr genau zuhören“ und ihn sich genau anschauen werde.

Dafür gibt es mehrere Gründe: Vor der Stadthalle in Cottbus, Hochburg der AfD, aber auch der rechtsextremistischen Szene in Brandenburg, sprachen mit Höcke, Kalbitz und Urban die führenden Vertreter des völkisch-nationalistischen „Flügels“ der Partei. Der wird bekanntlich vom Bundesverfassungsschutz als Verdachtsfall für extremistische Bestrebungen eingestuft.

Bei der SPD-Innenministerkonferenz am Donnerstag in Potsdam war bereits angedeutet worden, dass es angesichts der Machtkämpfe in der AfD zwischen dem „Flügel“ und den „gemäßigten“ Reihen um Parteichef Jörg Meuthen eine zentrale Frage werden wird, ob nicht die gesamte AfD zum Verdachtsfall wird.

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In Brandenburg, wo Kalbitz die AfD stramm auf Flügelkurs trimmt, kommt noch ein weiterer Punkt hinzu: die Nähe von Aktivisten der „Identitären Bewegung“ zur Partei. Erst in dieser Woche hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz die Identitären als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung“ eingestuft und zum Beobachtungsobjekt erklärt.

Damit können die Identitären überwacht, die Telekommunikation abgehört und V-Leute eingesetzt werden. Die Mitarbeit von Aktivisten der Identitären Bewegung spielt für den Verfassungsschutz bei der Frage eine Rolle, ob die gesamte AfD unter Beobachtung gestellt wird.

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Mehrere Aktivisten der Identitären sind auch als Mitarbeiter in der von Kalbitz geführten AfD-Landtagsfraktion tätig. Der Tagesspiegel wollte deshalb vom Innenministerium in Potsdam wissen, wie die Abteilung für Verfassungsschutz es bewertet, dass die offiziell als Extremisten eingestuften Identitären sogar im Parlament Einfluss haben und damit Geld verdienen.

Bereits im März hatte Brandenburgs Verfassungsschutzchef Frank Nürnberger im Innenausschuss des Landtags erklärt: Auf „die Mitarbeit von Aktivisten der Identitären Bewegung“ bei Abgeordneten „liegen uns Erkenntnisse vor aus offenen Quellen und nachrichtendienstlichen Zugängen“.

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Mehr dürfen Nürnberger und das Innenministerium nicht sagen. Eine „öffentliche Bewertung der vorliegenden Informationen auf personelle Überschneidungen zwischen Identitärer Bewegung einerseits und der Fraktion der AfD im Brandenburgischen Landtag andererseits“ sei dem Brandenburger Verfassungsschutz nicht möglich.  Der Grund: Die AfD stelle „bislang“ kein Beobachtungsobjekt dar, hinzu kommen die in der Verfassung verankerten hohen Hürden für Eingriffe in die freie Mandatsausübung der Abgeordneten.

"Der Verfassungsschutz kann nicht sagen, was in der Zeitung steht"

Die SPD-Politikerin Klara Geywitz, Vorsitzende des Innenausschusses, hatte dazu bereits im März süffisant angemerkt: „Der Rechtsstaat führt dazu, dass der Verfassungsschutz uns nicht sagen kann, was in der Zeitung steht.“ Es war ein Hinweis auf Recherchen des Tagesspiegel zu mehreren Mitarbeitern der Fraktion.

Auf Nachfrage liefert ein Ministeriumssprecher nun zumindest Hinweise darauf, wie ernst der Verfassungsschutz die Lage nimmt: Die „Möglichkeit einer mittelbaren und damit verdeckten Beteiligung von extremistischen Personenzusammenschlüssen an Willensbildungsprozessen gewählter Volksvertretungen“ sei „besorgniserregend“. Diese Anhaltspunkte seien für die weitere Prüfung, ob die gesamte AfD oder die Landespartei extremistisch sei, zu berücksichtigen.

Am 1. September werden in Sachsen und Brandenburg die Landtage neu gewählt, am 27. Oktober folgt Thüringen. In den Umfragen liegt die AfD in Brandenburg gleichauf mit der SPD bei 19 Prozent, in Sachsen bei 26 Prozent gleichauf mit der CDU. In Thüringen hält die CDU die AfD bislang auf Abstand.

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Auch AfD-Chef Parteichef Jörg Meuthen war beim Wahlkampfauftakt in Cottbus dabei und widersprach dem Eindruck, der Partei drohe die Spaltung. Anlass war Höckes Kampfansage beim Flügel-Treffen im thüringischen Leinefelde an die bisherige Parteiführung. Daraufhin hatten hundert Mandatsträger und Funktionäre in einem Appell für eine geeinte AfD den Thüringer Parteichef und dessen Personenkult massiv kritisiert.

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Höcke sieht die Wahlen als Fortsetzung der Wende in der DDR von 1989. Er sagte am Samstag in Cottbus, die „Ostwahlen“ seien der „Zahltag für das politische Establishment“ und eine „friedliche Revolution an der Wahlurne“. Die „politische Sonne“ solle im Osten wieder aufgehen, damit sie „über ganz Deutschland“ scheine.

Zugleich verhöhnte Höcke den Verfassungsschutz. Vor Hunderten Anhängern übergab er in Cottbus eine von ihm signierte Flasche Sekt an einen Mann aus der Menge zur Weitergabe an einen Mitarbeiter des Verfassungsschutzes. Dieser solle dann die Flasche Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter bringen. "Bei der Dienstbesprechung heute Abend könnt ihr dann die Flasche aufmachen und auf das Wohl der AfD trinken", sagte Höcke zu der johlenden Menge.

Björn Höcke (AfD), hatte in Cottbus eine Flasche Sekt als symbolisches Geschenk für Brandenburgs Innenminister Schröter (SPD) mitgebracht.
Björn Höcke (AfD), hatte in Cottbus eine Flasche Sekt als symbolisches Geschenk für Brandenburgs Innenminister Schröter (SPD) mitgebracht.

© Jörg Carstensen/dpa

Es war eine Sektflasche der Mark „Fürst von Metternich“. Höcke verglich die mögliche Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz mit dem Vorgehen von Fürst von Metternich ab 1819 gegen die liberalen Freiheitsbewegungen mit der sogenannten "Demagogenverfolgung". Wörtlich sagte Höcke: "Es fühlt sich schon wieder an wie in der DDR, dafür haben wir nicht die friedliche Revolution gemacht."

In seinem vor wenigen Wochen vorgestellten Jahresbericht hat der Verfassungsschutz auch die Beteiligung der Identitären an den Demonstrationen des asylfeindlichen Vereins „Zukunft Heimat“ in Cottbus erwähnt. Der Verein selbst wird nicht beobachtet, dessen Chef Christoph Berndt tritt für die Landtagswahl an und ist hinter Kalbitz auf Platz zwei der Landesliste der AfD.

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Der Verfassungsschutz sieht „organisatorische und personelle Überschneidungen“ von „Zukunft Heimat“ mit der rechtsextremistischen „Identitären Bewegung“. Ebenso träten bei den Demos NPD-Mitglieder, Neonazis, die Kameradschaftsszene und Mitglieder der 2012 verbotenen neonationalsozialistischen, Widerstandsbewegung in Südbrandenburg auf.

Auf die Frage, ob das nicht auch dazu führt, dass auch der Verein vom Verfassungsschutz beobachtet wird, erklärte das Innenministerium: Jede Art „von Vernetzung extremistischer Personenzusammenschlüsse“ mit solchen, die noch nicht als verfassungsfeindlich eingestuft sind, „sind als Beleg für die offenkundig bestehende Absicht auf Entgrenzung des Rechtsextremismus und damit einhergehende Unterwanderung breiterer gesellschaftlicher Kreise zu verstehen.“

Die Einstufung von Organisationen als Prüffall ist eine Vorstufe zum Verdachtsfall. Erst in diesem Verdachtsfall ist eine Beobachtung mit nachrichtendienstlichen Mitteln möglich, etwa durch Observation oder durch das Sammeln von Informationen aus anderen Behörden. Der Einsatz von V-Leuten und die Überwachung von Telekommunikation sind aber erst erlaubt, wenn die Organisation als Beobachtungsobjekt eingestuft wird.

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