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"Cottbus für alle" steht auf dem Schild, mit dem ein Mann 2018 bei einer Dmonstration in Cottbus für eine weltoffene Gesellschaft hochhielt.

© Archivfoto: Reuters/Hannibal Hanschke

„Cottbus Nazifrei" löst sich auf: Neue Allianzen gegen neue rechtsextreme Bewegung nötig

Es brauche neue Formen der Auseinandersetzung und im Kampf gegen Rechtsextremismus, sagen die Organisatoren von „Cottbus Nazifrei“.

Von Sandra Dassler

Die Nachricht überraschte zu Wochenbeginn viele: „Nach knapp zehn Jahren antifaschistischer Intervention in Cottbus, hat das Plenum von Cottbus Nazifrei . . . beschlossen, das Bündnis aufzulösen.“ 

Der Grund dafür sei, dass zum einen das eigentliche Ziel, weshalb das Bündnis vor zehn Jahren gegründet wurde, erreicht wurde, sagte Luise Meyer, die Sprecherin von „Cottbus Nazifrei“ am Dienstag dem Tagesspiegel: „Zum anderen haben wir es aber inzwischen auch mit ganz anderen Neonazi-Strukturen und einer neuen rechtsextremen Bewegung zu tun. Um diese erfolgreich zu bekämpfen, braucht es neue Formen der Auseinandersetzung.“

Dabei kann sich die Bilanz des über die Grenzen von Cottbus bekannten Bündnisses durchaus sehen lassen: Im Jahr 2010 hatten sich Vertreter von Kirchen, Gewerkschaften, Friedens- und Umweltaktivisten, Autonome sowie verschiedene andere Gruppen zusammengefunden, um den jährlichen Neonazi-Aufmarsch zum Gedenken an die Bombardierung der Stadt am 15. Februar 1945 zu verhindern. 

Das war das eigentliche Ziel und es wurde recht schnell erreicht. Seit Jahren gibt es diese NPD-Aufmärsche nicht mehr, dafür Aktionen wie den Sternmarsch „Cottbus ist bunt“.

„Damals haben viele verschiedene Menschen auf ein klar definiertes und letztlich auf den 15. Februar begrenztes Ziel hingearbeitet“, sagt Luise Meyer: „Das war ein großer Organisationsaufwand, aber wir haben es geschafft, den Neonazi-Aufmarsch an diesem bestimmten Tag zu verhindern. Umso schlimmer ist es, dass wir etwas später fast jede Woche solche Aufmärsche hatten...“.

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Deshalb habe man den namensgebenden Anspruch, Cottbus nazifrei zu machen, nicht erfüllen können, heißt es in der Pressemitteilung des Bündnisses, das einen „seit 1945 beispiellosen Rechtstrend in Cottbus“ beklagt: „Mit dem Wandel der Akteure von der NPD zur AfD und dem Auftreten als vermeintlich ,gewaltfreie Bürgerbewegung´ haben sich die Bündnisse und auch die eigenen Taktiken verändert. Massenhafte Blockaden und Aktionen des Zivilen Ungehorsams zu organisieren, wurden  durch die Kurzfristigkeit der AfD- und Zukunft-Heimat-Demos immer schwieriger.“

Neue Allianzen in der Zivilgesellschaft nötig - auch gegen die AfD

Die neuen Auseinandersetzungen müssten mit neuen Mitteln und vor allem in den Institutionen geführt werden, heißt es weiter, „denn hier verfolgt die AfD das Ziel einer schleichenden Normalisierung und Anschlussfähigkeit ihrer menschenverachtenden Positionen“.

Man danke allen Mitstreitern und wünsche sich, dass die Auflösung auch dazu führt, dass neue zivilgesellschaftliche Allianzen entstehen, sagt Luise Meyer: „Viele von uns engagieren sich längst in entsprechenden Vereinen, Wohnprojekten und so weiter.“ In der Pressemitteilung sind einige davon aufgezählt: Cottbuser Aufbruch, Geflüchteten Netzwerk, FluMiCo -Flucht- und Migration Cottbus...

Joschka Fröschner vom Verein Opferperspektive hält jedenfalls  die  jubelnden und hämischen Kommentare einiger Rechter für geradezu paradox. „Die Auflösung von Cottbus Nazifrei bedeutet eben nicht das Wegbrechen der Zivilgesellschaft. Das Gegenteil ist der Fall: In der Stadt gibt es inzwischen viele demokratische Strukturen, Initiativen und Projekte. Deshalb versuchen ja die Rechten mit Zukunft-Heimat-Chef Hans-Christoph Berndt seit Jahren, hier Fuß zu fassen.“

Dass ihnen das gelingt, sei fraglich, sagt Fröschner. Dennoch gebe es derzeit noch genug Ressentiments und auch offene rassistische Gewalt in der Stadt. Deshalb werde die in Potsdam beheimatete Opferperspektive demnächst auch ein Büro in Cottbus eröffnen.

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