zum Hauptinhalt
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU, vorne links) und Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD, vorne rechts) bei der gemeinsamen Kabinettssitzung beider Länder auf dem Lausitzring.

© dpa/Patrick Pleul

Bedingung für Öl-Embargo: Ostbeauftragter sichert Brandenburg und Sachsen Versorgungssicherheit zu

Bei einer gemeinsamen Kabinettssitzung fordern beide Länder zudem mehr Tempo beim Bahn-Ausbau. Zusammen wollen sie die Bekämpfung der Schweinepest forcieren.

Der Lausitzring, auf dem die Prüfgesellschaft Dekra autonomes Fahren erforschen und erproben lässt, wird erweitert. Und zwar um ein neues Testzentrum für Fahrzeug-Traktionsbatterien für Elektro-Autos.

Diesen aktuellen „Grundsatzbeschluss“ des Dekra-Konzerns, der die Anlage betreibt, verkündete Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) nach einer gemeinsamen Sitzung der Landesregierungen Brandenburgs und Sachsens vor Ort.

Zuvor hatte die Dekra einen Förderbescheid über 2,5 Millionen Euro vom Bund erhalten, um auf dem Areal eine spezielle 5G-Teststrecke aufzubauen. Dieses Hochleistungsmobilnetz gilt als Voraussetzung für autonomes Fahren. Die frühere Rennstrecke mit 80 Mitarbeitern stehe „jetzt für Hochtechnologie mit 230 Mitarbeitern, die an der Mobilität der Zukunft arbeiten, forschen und testen“, sagte Woidke. Hier werde „erdacht, was wir morgen brauchen“, sagte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU).

Das war die symbolträchtige Begleitbotschaft. Politisch ging es zur Sache. Kretschmar nutzte die Pressekonferenz für ein flammendes Plädoyer an die Bundesregierung, die verbliebenen drei Atomkraftwerke (AKW) in Deutschland, deren Abschaltung Ende 2022 ansteht, länger laufen zu lassen. Es sei niemandem zu erklären, dass die drei AKWs „abgeschaltet und gleichzeitig die Braunkohlekraftwerke hochgefahren werden“, sagte er.

[Konkrete Bezirksnachrichten, viele Tipps und Termine: Immer in unseren Newslettern vom Tagesspiegel für jeden Berliner Bezirk - jetzt einmal pro Woche und kostenlos: leute.tagesspiegel.de]

„Ich teile diese Einschätzung meines Kollegen nicht“, sagte Woidke. Auch Staatsminister Carsten Schneider (SPD), der Ostbeauftragte der Bundesregierung, ging auf Distanz: „An diesem Punkt gibt es einen Dissens.“

Kretschmer bezeichnete auch einen Kohleausstieg vor 2038, etwa bis 2030, als schlichtweg „unmöglich“. Woidke schloss beides hingegen nicht aus, wenn bis dahin alternativ Versorgungssicherheit und normale Preise garantiert werden könnten.

Versorgungssicherheit soll Bedingung für Öl-Embargo sein

Im Zusammenhang mit der Energiedebatte um die Öl-Raffinerie in Schwedt sicherte Schneider für die Bundesregierung zu, dass Versorgungssicherheit für Ost- und Norddeutschland „politische Bedingung“ für einen Verzicht auf russisches Pipeline-Öl seien. Es wurde also doch noch harmonisch.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Die Verbindung der beiden Regierungen, die den vom Bund mit 17 Milliarden Euro unterstützten Strukturwandel in der Lausitz zu managen haben, ist traditionell eng. Beide Regierungschefs, von Schneider als „durchsetzungsstark“ gelobt, zogen eine positive Zwischenbilanz.

Einig war man sich darüber, dass Infrastrukturprojekte in der Region, wie etwa der Ausbau der eingleisigen Nadelöhr-Bahnstrecken, beschleunigt werden müssen. Woidke verkündete zudem, dass in seiner Staatskanzlei jetzt eine „Task Force“ gegründet worden sei, um Probleme bei diesen Schienenprojekten und dem Bau des neuen ICE-Ausbesserungswerkes in Cottbus, des modernsten in Europa, „schnell zu lösen“.

Gemeinsamer Schutzkorridor gegen Schweinepest geplant

Darüber hinaus vereinbarten die Kabinette beider Bundesländer entlang der gemeinsamen Landesgrenze einen Schutzkorridor gegen die Afrikanische Schweinepest (ASP) zu errichten. Mit solchen Schutzkorridoren verstärke man die „Bremswirkung für das ASP-Virus“, sagte der sächsische Staatssekretär Sebastian Vogel. Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen gingen an ihre finanziellen und personellen Grenzen, um ein weiteres Vordringen der Tierseuche nach Deutschland zu verhindern und damit die Schweine haltenden Betriebe bundesweit zu schützen.

„Vor dem Hintergrund würden wir es als angemessen ansehen, wenn wir eine stärkere Unterstützung vom Bund und den Bundesländern erhielten“, sagte Vogel.

[Was ist los in Brandenburg? Mit dem PNN-Newsletter Potsdam HEUTE sind Sie besonders nah dran. Hier geht's zur kostenlosen Bestellung.]

Der Bau von Zäunen um die betroffenen Gebiete ist eine von vier Säulen der ASP-Bekämpfung. Sachsen hatte am vergangenen Wochenende zudem die verstärkte Bejagung von Schwarzwild angekündigt. Im Freistaat stehen bereits insgesamt 456 Kilometer Festzaun, weitere 250 Kilometer sind in Planung, 81 Kilometer Elektrozaun ergänzen die Metallzäune.

Brandenburg hat unter anderem eine 116 Kilometer lange feste Wildschweinbarriere von der Landesgrenze zu Polen bis an die Bahnlinie Dresden-Berlin errichtet. Sachsen will dazu eine zweite Barriere bauen, sodass innerhalb der Zäune ein Korridor entstehen kann, in dem die Wildschweindichte gen Null gehen soll. Damit könne dem Virus der Wirt genommen werden, hieß es. (mit dpa)

Zur Startseite