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Ein ICE fährt bei Erfurt über die ICE-Neubaustrecke München - Berlin.

© dpa

Bahnchef am Berliner Hauptbahnhof: ICE von Berlin nach München soll noch schneller werden

Bahnchef Lutz sieht eine „große Zukunft“ für den Schienenverkehr. Trotz aktueller Probleme mit Pünktlichkeit und Zugausfällen.

Er möchte es nicht gerne in der Zeitung lesen, sagte Bahnchef Richard Lutz am Mittwochabend, er weiß, dass er sich bei seinen Referenten unbeliebt macht. Die Sache ist heikel. Es geht um die Sitze im neuen ICE 4. Ein Bahnkunde „aus Südwestberlin“ findet sie unbequem, und Lutz pflichtet ihm bei. Obwohl die Ergonomiker ihm versichert hätten, die Sitze seien top, zumindest von der Ergonomie her. Vielleicht könne man ja „noch mal ein anderes Sitzpolster testen“.

Mit strahlend weißem Hemd und unbezwingbarem Lächeln stellte sich Lutz im Bügelbau des Hauptbahnhofs den Fragen von rund 70 Bahnfans, die sich beim Bahnkundenverband für diesen Termin angemeldet hatten. Vorwiegend nicht mehr ganz so junge Männer in karierten Hemden oder Poloshirts, mit Umhängetasche und Notizblock. Zum ersten Mal seit seiner Amtsübernahme vor anderthalb Jahren bestreitet der jugendlich auftretende Finanzexperte einen der regelmäßigen Dialogtermine zwischen Bahnmanagern und Bahnkunden.

Wer nun erwartet hatte, die gleisaffinen Gäste würden den obersten Bahner mit Zugausfällen, der mangelhaften Pünktlichkeit und überfüllten Zügen malträtieren, wurde enttäuscht. Hier warteten langjährige Bahnenthusiasten auf die Chance, den Vorstandsvorsitzenden mit ausgeklügelten Spezialfragen aus der Kurve zu tragen. Aber der delegierte alles Fachliche an den heimlichen Bahnchef Alexander Kaczmarek, der in Berlin und Brandenburg praktisch jede Weiche kennt.

Eine besser Anbindung an die Ostsee,bitte!

Bauarbeiten am Karower Kreuz, Verzögerungen bei der Dresdner Bahn, bessere Anbindung an die Ostsee, sowas wollten die Bahnnutzer wissen. Darum kann sich Lutz nicht auch noch kümmern, aber beim ICE-Verkehr auf der Neubaustrecke Berlin-München ist er doch gut im Stoff. Da werde es wohl bald eine Entscheidung geben, an die neuen ICE-Züge noch einen 13. Wagen dranzuhängen, ein „Power-Car“ mit eigenem Antrieb, das die Zuggeschwindigkeit auf 265 Stundenkilometer steigern könnte.

Wobei er gerade „heute Mittag mit Mehdorn darüber gesprochen“ habe, seinem Vorvorgänger im Amt, dass man in Deutschland ja fast alle 40 Kilometer eine Stadt mit 100.000 Einwohnern gewärtigen müsse, wo man besser anhalten sollte, wolle man nicht den Protest von Lokalpolitik und Bevölkerung auf sich ziehen. „In Frankreich ist das anders.“ Und erst recht in China. Dort lohne es sich deshalb auch, mal Tempo 300 und mehr anzupeilen.

Der Bahnchef stellt sich den Fragen der Bahnkunden am Berliner Hauptbahnhof.
Der Bahnchef stellt sich den Fragen der Bahnkunden am Berliner Hauptbahnhof.

© Thomas Loy

Lutz sieht dennoch eine „große Zukunft“ für die Bahn, weil es in einem wachsenden Deutschland mit ambitionierten Klimaschutzzielen eigentlich keinen besseren Verkehrsträger gebe. Und man solle doch im Zweifel größer denken und sich mal über aktuelle Prognosen hinwegsetzen, wenn es um den Ausbau der Schienen-Infrastruktur gehe. Denn die Infrastruktur folge nicht einfach dem Wachstum, sie „treibt das Wachstum“. Als es dann konkret wurde, ein Uckermärker den zweigleisigen Ausbau der Strecke nach Stettin ins Spiel brachte, dämpfte Kaczmarek jedoch die Euphorie seines Chefs. Da gebe es dann doch zu wenig Bedarf.

Im Zug nach Stettin sei die Luft nicht frisch

Und dann wurde ein Fragesteller etwas deutlicher mit seiner Kritik. Lutz könne ja mal den „Praxisschock“ erleben und sich in den RB 66 setzen, der nach Stettin fährt. Dort würde regelmäßig die Abluft aus den Toiletten in den Fahrgastraum gepustet. Lutz muss da passen, er fahre auch gerne an die Ostsee, aber eher nach Rügen, „da ist die Anbindung sehr gut“. Auch Kaczmarek kennt das Problem nicht, er werde aber am Donnerstag den Regio-Chef treffen und ihm das gleich erzählen.

Es blieb ruhig und sachlich im vierten Stock des westlichen Bügelbaus, dem Bahn-Casino. Lutz hatte schon in seiner Vorab-Rede alle kritischen Punkte angesprochen, er wolle nicht die „rosarote Brille“ aufsetzen, aber man sei dabei, „Flaschenhälse“ wie Magdeburg oder Frankfurt am Main „anzupacken“ und die Kapazitäten auszubauen.

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