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Blick vom polnischen Oderufer auf den Nationpark Unteres Odertal - Polen will den Fluss ausbauen.

© dpa / Patrick Oleul

Ärger um Polens Alleingang: Brüssel nimmt Ausbau in Frankfurt Oder ins Visier

Am polnischen Ufer werden Dämme aufgeschüttet - nahe dem Nationalpark Unteres Odertal. Die Arbeiten belasten das brandenburgisch-polnische Verhältnis.   

Frankfurt (Oder) - Es wird gebaggert und gebaggert, nahe der Stadtbrücke zwischen Frankfurt (Oder) und Slubice werden an der Oder Dämme mit Steinen aufgeschüttet. Nun nimmt die EU-Kommission die umstrittenen Ausbauarbeiten ins Visier, die Polen Anfang 2022 im Alleingang trotz offizieller Interventionen Brandenburgs begonnen hat und vorantreibt. Das geht aus einem Schreiben des EU-Umweltkommissars Virginijus Sinkevicius vom 4. Mai 2022 an Grünen–Fraktionschefin Ska Keller im Europäischen Parlament hervor.

EU-Kommissar: "Ich werde den Fall aufmerksam verfolgen" 

„Ich kann Ihnen versichern, dass ich diesen Fall weiterhin sehr aufmerksam verfolgen werde“, schreibt Sinkevicius.  

Er bestätigt, dass Polen seinen Informationspflichten gegenüber der EU nach der europäischen Habitat-Richtlinie nicht nachgekommen ist. Die Kommission habe „von den polnischen Behörden weder eine Mitteilung noch ein Ersuchen um eine Stellungnahme erhalten“. Die Kommission sei allerdings „nicht befugt, die Einstellung von Arbeiten in einem Mitgliedsstaat anzuordnen“.

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Sinkevicius verweist stattdessen auf das vorgesehene „System der verwaltungsrechtlichen und gerichtlichen Überprüfung von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen der nationalen Behörden im Rahmen des Verfahrens der Umweltverträglichkeitsprüfung“. Doch genau das lässt Polen bisher ins Leere laufen.

Umweltminister Axel Vogel: Kein Beispiel für gute Zusammenarbeit  

Brandenburgs Umweltministerium hatte in Polen bereits 2020 gegen das Projekt Widerspruch eingelegt, über den aber noch nicht entschieden worden ist. „Die Beantwortung des Widerspruches gegen die Ausbau-Pläne von 2020 wurde kürzlich zum bereits zum siebten Mal verschoben , aktuell bis zum 30. Juni“, sagte dazu die Frankfurter Grünen–Landtagsabgeordnete Sahra Damus.

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Um so verärgerter hatte Umweltminister Axel Vogel (Grüne) im März auf den Beginn der Arbeiten reagiert. „Das ist kein Beispiel für eine gute Zusammenarbeit zwischen polnischer und deutscher Seite“, sagte er.

Polen will 113 Buhnen aus Stein erneuern 

Konkret will Polen am Ostufer der Oder auf knapp 30 Kilometern 113 Buhnen, also rechtwinklig zum Uferverlauf vorgebaute Dämme aus Stein, erneuern, einige neu bauen, Ufer befestigen, um „die Schifffahrtsbedingungen auf der Oder zu verbessern und sie an die Wasserstraßenklasse III anzupassen“.

Ein Teil davon aber liegt direkt am Nationalpark Unteres Odertal, dem einzigen Auennationalpark Deutschlands, wo ebenfalls auf 15 Kilometern 60 Buhnen erneuert und fünf neue gebaut werden sollen, samt so genannter Längsdämme. Nationalparkchef Dirk Treichel hatte mehrfach gewarnt, dass durch die Arbeiten in Polen der Fluss eingedämmt, die Fließgeschwindigkeit erhöht und Sedimente auf dem Grund abgetragen würden, was immense Auswirkungen auf Flora und Fauna haben werde.

Gutachten: Arbeiten verstoßen gegen EU-Umweltrecht 

Aus Sicht von Umweltministerium, Verbänden und Grünen verstoßen die Pläne gegen EU-Recht. Das ist auch das Fazit eines von den Grünen beauftragten Gutachtens der Leipziger Umweltkanzlei Baumann, bekannt auch aus erfolgreichen Prozessen für die Durchsetzung des Schallschutzes am BER. Demnach widerspricht der Oder-Ausbau „aktuell sowohl auf deutscher Seite, als auch auf polnischer Seite dem europäischen Habitatschutz“, heißt es darin. „Es ist ausgehend hiervon nicht genehmigungsfähig“

Nach Einschätzung der aus Brandenburg stammenden EU-Grünen-Fraktionschefin Keller müsste die EU mehr tun.

Die Umweltdirektion sehe zwar „ganz genau hin, was aktuell an der Oder passiert. Und das ist auch gut so“, sagte Keller. „Allerdings geht uns das nicht weit genug.“ Die EU müsse darauf achten, „dass ihre Fördermittel nicht für Zwecke eingesetzt werden, die dem EU-Recht widersprechen“. 

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