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Bewohner in Altenheimen sollen nicht sozial isoliert sein, heißt es.

© imago images/Political-Moments

Update

Eckpunktepapier für Impfgipfel am Montag: Geimpften Heimbewohnern sollen mehr Kontakte erlaubt werden

Ein Papier der Bundesregierung skizziert, welche Rechte Geimpfte und Genesene zurückbekommen könnten. Die Forderungen danach werden immer lauter.

In Deutschland können geimpfte Menschen auf mehr Freiheiten in der Corona-Pandemie hoffen. Am Montag treffen sich Bund und Länder erneut zu Beratungen.

In einem Eckpunktepapier für diesen Impfgipfel heißt es: Wenn "wissenschaftlich hinreichend belegt" sei, dass bestimmte Personengruppen – gemeint sind Geimpfte oder von Covid-19 Genesene – nicht mehr ansteckend seien oder nur noch ein geringes Restrisiko der Weiterverbreitung der Krankheit bestehe, seien viele Schutzvorkehrungen weder weiter nötig noch angemessen. Das Papier liegt dem Tagesspiegel vor.

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Für Geimpfte und Genesene müssten "im gebotenen Umfang Erleichterungen und Ausnahmen" gelten. Das Papier betont, hier könne nicht von Privilegien die Rede sein, es gehe vielmehr um "die Aufhebung nicht mehr gerechtfertigter Grundrechtseingriffe".

Als ausreichend geimpft gelten dem Papier nach "diejenigen Personen, die nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) über einen vollständigen Impfschutz mit von der Europäischen Union zugelassenen Impfstoffen verfügen". Nicht von der Quarantäne befreit werden sie aber, wenn sie aus Virusvarianten-Gebieten einreisen.

[Mehr zum Thema: Jung, gesund – trotzdem geimpft: Die 3 legalen Tricks der Ungeduldigen (T+)]

In einer Ergänzung des Eckepunktepapiers von Sonntag ist außerdem die Rede von Lockerungen in Alten-und Pflegeheimen. "Zwei Wochen nach der einrichtungsbezogenen Zweitimpfung können die Besuchsmöglichkeiten in Einrichtungen ohne Ausbruchsgeschehen wieder erweitert werden und wohnbereichsübergreifende Gruppenangebote wieder durchgeführt werden." Ziel sei es, „eine soziale Isolation der Bewohner durch Corona zu vermeiden“.

Eine Differenzierung zwischen geimpften und ungeimpften Bewohnerinnen und Bewohnern solle es danach bei den Maßnahmen nicht geben. Die Einrichtungen seien jedoch gehalten, ungeimpften Bewohnern, die etwa neu zugezogen seien, zügig zu einem Impfangebot zu verhelfen.

Die wichtigsten Punkte im Überblick:

  • Geimpfte werden Getesteten beim Zugang zu Läden und Dienstleistungen gleichgestellt.
  • Wer geimpft oder nachweislich genesen ist muss nach einer Auslandsreise bei der Rückkehr nach Deutschland nicht mehr in Quarantäne
  • Bei Einreisen aus sogenannten Virusvariantengebieten soll es für Geimpfte und Genesene aber keine Erleichterungen geben.
  • Auch die Kontaktbeschränkungen zum Beispiel in Alten- oder Pflegeheimen sollen gelockert werden.
  • Ein Anspruch auf die Öffnung bestimmter Einrichtungen - etwa Museen oder Schwimmbäder – sieht die Bundesregierung für Geimpfte und Genesene aber nicht.
  • Die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung oder das Abstandsgebot sollen auch für Geimpfte, Genesene und Getestete noch für einen längeren Zeitraum gelten.

Kein Ende der Abstands- und Maskenpflicht

Auf ein rasches Ende der Abstands- und Maskenpflicht für alle in Deutschland macht das Papier wenig Hoffnung. Sie werde auch für Menschen, die wegen Impfung, Testung oder überstandener Covid-Erkrankung als kaum noch gefährdet oder gefährlich gelten, "noch für einen längeren Zeitraum weiterhin gelten". Beides ließe sich nämlich "kaum sinnvoll kontrollieren, wenn es dafür auf den Impf- oder Teststatus der Betroffenen ankäme", argumentiert das Papier.

Eine Frau wird in Berlin gegen das Coronavirus geimpft.
Eine Frau wird in Berlin gegen das Coronavirus geimpft.

© imago images/Jochen Eckel

FDP-Chef Christian Lindner begrüßt die Pläne. „Inzwischen ist klar, dass von Geimpften nach der Zweitimpfung und einer Wartezeit keine Gefahr ausgeht. Damit entfällt jegliche rechtliche Grundlage, die Menschen bei der Verwirklichung ihrer Grundrechte einzuschränken“, sagte Lindner der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ am Sonntag. Geimpfte sollten in nächster Zeit bis auf wenige Ausnahmen keine Einschränkungen mehr hinnehmen müssen, sagte Lindner.

Auch die Grünen-Rechtsexpertin Katja Keul forderte im „Handelsblatt“ die Aufhebung bestimmter Einschränkungen. Sie seien nicht mehr zu rechtfertigen. „Ich hätte es daher schon verfassungsrechtlich für notwendig gehalten, Ausnahmen für Geimpfte direkt im Gesetzestext der Notbremse vorzusehen.“

Söder fordert Aufhebung der Impfreihenfolge im Mai

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder forderte vor dem Impfgipfel von Bund und Ländern eine Aufhebung der Impfreihenfolge im Mai. „Wir müssen die starre Priorisierung schneller auflösen“, sagte Söder der „Bild am Sonntag“. „Nach dem Abarbeiten von bereits vereinbarten Impfterminen sollten alle Impfstoffe für jeden komplett freigegeben werden. Das sollte am besten noch im Mai erfolgen. Die Impfbürokratie verzögert den Impferfolg“, betonte Söder.

Der CSU-Chef schlug ferner vor, auch Schüler ab 16 Jahren „bei ausreichendem Impfstoff“ vermehrt zu impfen. Gerade hier sei die Inzidenz am höchsten. „Sie sollten beim Impfen behandelt werden wie Erwachsene.“

[Lesen Sie auch: Corona-Impfungen – die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick]

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig will beim Impfgipfel von Bund und Ländern am Montag für den Einsatz von Bundeswehrsoldaten beim Impfen gegen das Coronavirus werben. „Ich werde mich dafür aussprechen, dass wir spätestens dann, wenn wir noch mehr Impfstoff zur Verfügung haben, mehr mobile Impfteams der Bundeswehr einsetzen. Das ist ein guter Weg, um die ländlichen Regionen noch besser zu erschließen“, sagte die SPD-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Ab wann die neuen Regeln aus dem Eckpunktepapier gelten sollen, ist allerdings noch unklar. Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) will zwar bereits im Mai einen verbindlichen Öffnungsfahrplan aus dem Corona-Lockdown festlegen. „Wir brauchen den Fahrplan zurück ins normale Leben, aber einen, der nicht nach ein paar Tagen widerrufen wird“, sagte Scholz laut einem Vorabbericht der „Bild am Sonntag“. Ende Mai solle die Bundesregierung in der Lage sein, belastbare Aussagen zu treffen und klare Öffnungsschritte für den Sommer festzulegen.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) dämpfte am Samstag die Erwartungen, Geimpfte könnten schnell mehr Freiheiten bekommen. "Aktuell haben über 20 Prozent eine Erstimpfung erhalten", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe am Samstag. "Ich gehe davon aus, dass wir im Juni oder Juli über Ausnahmen sprechen können. Also ob Menschen, die zweimal geimpft sind, der Aufenthalt in Quarantäne erspart werden kann - etwa nach Kontakten mit Infizierten oder nach Auslandsreisen."

Er könne sich auch gut vorstellen, dass „Menschen ein Restaurant besuchen können, ohne vorher einen Schnelltest zu machen“, sagte Altmaier. Dabei sei die Politik allerdings stark auf die Expertise der Wissenschaft angewiesen. Es gehe um die Frage, ab welchem Zeitpunkt man sich selbst nicht mehr anstecken und die Krankheit auch nicht mehr übertragen könne. Das sei mit einer Impfdosis noch nicht gewährleistet, erklärte der Minister.

Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner, mahnte indes, es dürfe bei der Daseinsvorsorge keine Diskriminierung von Nichtgeimpften geben.

Schwierig die Frage der Kontaktbeschränkungen

Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats plädiert dafür, jetzt Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen für geimpfte Bürgerinnen und Bürger vorzubereiten. Die Diskussion sei wichtig, sagte Alena Buyx dem Tagesspiegel.

Besonders relevant sei, inwieweit Geimpfte das Virus noch an andere Menschen übertragen können. „Das scheint ja recht gut auszusehen“, sagte Buyx. Restrisiken seien dabei wohl „nicht höher als bei frisch Getesteten, eher niedriger“. Für Menschen mit aktuellem negativem Testergebnis sind Erleichterungen beim Einkauf oder beim Besuch von Veranstaltungen im Rahmen von Lockerungen und Modellprojekten bereits möglich.

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Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte im "Handelsblatt", die Politik müsse in dieser Frage nun "praktische Antworten" liefern. "Wenn feststeht, dass eine Impfung nicht nur vor einer Erkrankung schützt, sondern auch die weitere Übertragung des Virus verhindern kann, muss das bei den Maßnahmen berücksichtigt werden", sagte dagegen Lambrecht dem "Handelsblatt". "Das ist kein Privileg für Geimpfte, sondern ein Gebot der Verfassung."

Die Ministerin verwies auf die jüngsten Änderungen im Infektionsschutzgesetz. Danach sei die Bundesregierung "ausdrücklich" dazu ermächtigt worden, "besondere Regelungen, Ausnahmen und Erleichterungen für Personen festzulegen, bei denen von einer Immunisierung gegen das Corona-Virus auszugehen ist".

Es sei deshalb besonders wichtig, dass diese Fragen nun auch im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz am Montag erörtert würden. Lambrecht wies darauf hin, dass in kürzester Zeit wirksame Impfstoffe entwickelt worden seien und immer mehr Menschen von diesem Schutz profitierten. "Sie fragen sich zu Recht, welche Freiheiten sie nach einer Impfung wieder ausüben können", sagte die Ministerin. (mit AFP, epd, dpa)

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