zum Hauptinhalt
Personalprobleme. Es gelingt nicht mehr, Welcome United als eigenständiges Team auf den Platz zu bringen.

©  Sebastian Wells

Welcome United 03 vom SV Babelsberg 03: Weiterhin willkommen

Gefeiert, aber auch kontrovers diskutiert: Die Fußball-Flüchtlingsmannschaft Welcome United 03 hat für Aufsehen gesorgt. Nun wurde das Team vom SV Babelsberg 03 aus dem Spielbetrieb abgemeldet. Das prämierte Projekt geht aber weiter - mit einer Rückkehr zu den Anfängen.

Von

Es ist eines der Vorzeigeprojekte für Integration von Flüchtlingen in Fußball-Deutschland: Welcome United 03. Als erster Fußballverein in Deutschland hatte der SV Babelsberg 03 eine reine Flüchtlingsmannschaft zum Spielbetrieb angemeldet. Es gab diverse Auszeichnungen für das Engagement, doch das Projekt wurde nicht nur freudig bejubelt, sondern auch kontrovers begleitet. Besser sei es, die Geflüchteten in bestehende Mannschaften zu integrieren, als sie unter sich kicken zu lassen, hieß es unter anderem von Funktionären des Fußballkreises Havelland. Auch die im Punktspielbetrieb der ersten United-Saison verordnete Willkommenskultur, dass es nach Ende eines jeden Auswärtsspiels ein gemeinsames Grillen geben soll, fand nicht nur Gefallen. Nach drei Jahren im Kreisklassen-Fußball hat der SVB das Team nun aus dem Spielbetrieb abgemeldet.

Der Normalfall ist eingetreten

„Zurück zu den Anfängen“ nennt SVB-Marketingchef Thoralf Höntze die Entwicklung des Welcome-United-Teams. Es werde weiterhin bestehen bleiben. Einige Spieler werden in der zweiten Mannschaft der Nulldreier in der Landesliga weitermachen, andere werden sich sonntags zum Fußballtraining treffen und gelegentlich Freundschaftsspiele bestreiten. Aber für eine regelmäßige Teilnahme am Spielbetrieb in der 1. Kreisklasse, wo die Mannschaft zuletzt spielte, fehlt die personelle Kontinuität. Schon in der vergangenen Saison wurde es zunehmend schwierig, elf Mann auf den Platz zu kriegen. „Viele der ehemaligen Flüchtlinge haben inzwischen Arbeit, dazu Familie“, sagt Höntze. Der Normalfall sei eingetreten: Was viele Vereine kennen, dass Spieler wegen beruflicher und familiärer Verpflichtungen kürzertreten und nicht mehr jedes Wochenende durch die regionale Fußball-Landschaft touren, passiere nun auch bei Welcome United 03. Das könne sich durchaus als Integrationserfolg sehen lassen.

Es begann alles im Sommer 2014 mit der Etablierung eines Trainingsbetriebs für die Geflüchteten. Erste Freundschaftsspiele folgten – unter anderem gegen die Weisweiler-Elf, die Traditionsmannschaft von Borussia Mönchengladbach. Ein Jahr nach der Gründung ging Welcome United dann auch bei Pflichtspielen auf Torejagd. Ganz unten fing das Team an. Als Staffel-Zweiter der 2. Kreisklasse gelang prompt der Aufstieg in die 1. Kreisklasse. Dort sprang zunächst Rang neun im Tabellenmittelfeld heraus, vergangene Saison blieb nach vielen personellen Engpässen der drittletzte Platz. Weil andere Teams sich zurückzogen, wäre Welcome United dort auch in der Saison 2017/18 spielberechtigt gewesen.

Stadt dankt dem SVB für Engagement

Seit Gründung von Welcome United 03 waren es laut Höntze etwa 100 Flüchtlinge, die in den vergangenen vier Jahren am Babelsberger Park Fußball spielten. Einige nur für kurze Zeit, andere über Jahre. Mit Rückgang der Flüchtlingszahlen in Potsdam – 2015 waren es fast 1500, in diesem Jahr sind es bislang 48 – reduzierte sich auch der Zulauf bei Welcome United. Und der SVB ist nicht die einzige Vereinsadresse in Potsdam und dessen Umland, bei der sich Flüchtlinge zum Fußballspielen anmelden. Fortuna Babelsberg zum Beispiel wurde im Sommer 2016 im Rahmen der Aktion der Egidius-Braun-Stiftung „Ein 1:0 für ein Willkommen – Unterstützungsprogramm Flüchtlinge“ für gute Integrationsarbeit ausgezeichnet: Damals zählte der Verein Spieler aus 29 Nationen in seinen 25 Mannschaften.

Ein Jahr nach dem Auftakt wurde die Nulldrei-Initiative mit dem Integrationspreis der Landeshauptstadt Potsdam prämiert. „Hut ab, dass der SVB dieses besondere Projekt der Integrationsarbeit auf den Weg gebracht hat. Es hat eine große Bedeutung“, lobt Magdolna Grasnick, Potsdams Beauftragte für Migration und Integration noch heute. „Die Stadt dankt dem Verein für die sehr erfolgreiche Arbeit“, sagte ein Rathaussprecher am gestrigen Dienstag auf PNN-Anfrage. Es sei zwar schade, dass die Mannschaft aus dem Spielbetrieb ausscheidet, aber man vertraue darauf, dass der Verein sein Projekt weiterlebt und die Flüchtlinge auch weiterhin begleitet.

Wechselnde Wohnsituation ist problematisch

Dass es der SVB schafft, das Projekt über mehrere Jahre am Leben zu halten, hat durchaus seinen Wert. Denn wie problematisch es ist, Flüchtlinge nachhaltig in Vereine zu integrieren, weiß etwa Thomas Bottke, Chef des Kreissportbundes Potsdam-Mittelmark. „Wegen der ungeklärten und ständig wechselnden Wohnsituation ist es sehr schwierig, Flüchtlinge wirklich dauerhaft in Vereine einzubinden“, sagt er. Der SV Kloster Lehnin hatte beispielhaft eine Laufgruppe mit Flüchtlingen ins Leben gerufen. „Das ist gescheitert, weil die Leute ständig umziehen mussten“, bedauert Bottke. Es sei zwar versucht worden, die Läufer von ihren Unterkünften abzuholen und sie nach dem Training wieder zurückzubringen. „Doch allein mit Ehrenamt war das nicht mehr zu stemmen“, so Bottke. Meist gelinge es nur, Flüchtlinge für ein paar Monate in Vereine zu holen. „Und oft bleiben sie dann in kleinen Grüppchen auch unter sich“, meint der Kreissport-Chef.

Bei Welcome United 03 war es für die Projektverantwortlichen zudem eine Herausforderung, die Emotionen der Kicker in die richtigen Bahnen zu leiten. Viele hatten ein heißblütiges Gemüt. Sie mussten lernen, ihren Ehrgeiz, aber auch Frust nicht ausufern zu lassen, sich im Zaum zu halten, selbst, wenn provoziert wurde. Nicht selten schossen sie über die Grenzen des Erlaubten hinaus. So landete die Welcome-United-Mannschaft während ihrer drei Spielzeiten stets mit Abstand auf dem letzten Platz der Fairplaywertung. Insgesamt summierten sich 188 Gelbe Karten und 29 Platzverweise.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false