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Schöne weiße Läuferwelt. Schnee und Berge prägen die Szenerie im norwegischen Tromsø, wo der Polar Night Halbmarathon stattfindet.

© Foto: Olivier Morin /AFP

Von Potsdam in die Polarnacht: Das Eismeer ruft

Die Potsdamer Läuferin Ilka Goetz startete beim Polar Night Halbmarathon im norwegischen Tromsø. Sie schwärmt von einem besonderen Erlebnis am Tor zum Polarmeer - mit Spike-Schuhen, beißendem Eiswind und Liebe zum Detail.

Potsdam - Es soll ja Läufer geben, die beim Laufen ihre Gedanken ordnen können und Erleuchtung erleben. Beim Polar Night Halbmarathon in Tromsø lässt sich das mit der Erhellung indes nicht ganz so wörtlich nehmen. Denn hell ist es schon lange nicht mehr, wenn am Nachmittag um 15 Uhr der Startschuss fällt. Anfang Januar, wenn der Lauf am Tor zum Eismeer in Norwegen stattfindet, ist es am frühen Nachmittag längst schon wieder dunkel. Nur knapp zwei Stunden dämmert Tromsø in einem grauem Licht vor sich hin. Dann gehen in der Stadt die Lichter an, kurz nach Weihnachten leuchtet es noch besonders festlich. Und ist der Himmel frei von Wolken, tanzen dort oben eindrucksvoll Polarlichter. All das hat für Ilka Goetz einen außerordentlichen Reiz, sodass sie am 5. Januar bereits zum dritten Mal am Polar Night Halbmarathon teilnahm.

Ilka Goetz vom Potsdsamer Laufclub lief den Polar Night Halbmarathon bereits zum dritten Mal.
Ilka Goetz vom Potsdsamer Laufclub lief den Polar Night Halbmarathon bereits zum dritten Mal.

© privat

„Die Dunkelheit, die Berge und das Meer, das raue Wetter – dadurch entsteht eine breite Facette eindrucksvoller Bilder“, schwärmt die Läuferin des Potsdamer Laufclubs (PLC). Den Sport verbindet sie damit, andere Städte und Regionen zu entdecken – für Skandinavien und vor allem Tromsø hat sie eine besondere Leidenschaft. Im Sommer läuft sie dort den Midnight-Sun-Marathon, der in diesem Jahr seine 30. Auflage feiert. Dessen Renndirektor animierte Ilka Goetz und ihren Gatten: Sie sollten im Winter kommen! 2016 buchten sie zum ersten Mal den winterlichen Wettkampf-Trip ans Polarmeer. „Und wir waren in der Tat begeistert“, so die 47-Jährige.

"Ich genieße den Blick in die Dunkelheit aufs Wasser"

Der Streckenverlauf des Halbmarathons sei an sich nichts Besonderes. Vom Start im Stadtzentrum geht es über Fußwege und kleine Straßen durch eine Wohnsiedlung, dann auf einem Rad- und Wanderweg Richtung Flughafen. An der Brücke zur Insel Kvaloya ist der Wendepunkt, ab da geht es die gleiche Strecke zurück. Reiz und gleichsam Herausforderung sind die äußeren Bedingungen. Zwar ist es aufgrund der geografischen Lage am Golfstrom gar nicht so kalt – die Temperaturen liegen zwischen minus bis plus fünf Grad. „Aber in diesem Jahr war ein Großteil der Strecke total vereist“, erzählt Ilka Goetz. Die Empfehlung des Veranstalters, unbedingt Spikes zu tragen, sollte ernst genommen werden. 

Durch den Eisregen bissen sich kleine Eiskristalle im Gesicht fest, ein unangenehmer Wind reizte zusätzlich die Haut. „Merklich mit Wind im Rücken geht es auf der welligen Strecke weiter und wer die Strecke schon kennt, ahnt, dass besonders die freien Abschnitte auf dem Rückweg neben der Glätte wieder einmal eine weitere Herausforderung bereithalten: Gegenwind“, schreibt Ilka Goetz in ihrem Reise- und Laufbericht. „Ich genieße den Blick in die Dunkelheit aufs Wasser und bin beruhigt, dass die Spikes wenigstens überwiegend leisten, was sie leisten sollen. Auf den besonders eisigen Streckenabschnitten helfen sie allerdings nur wenig, zum Glück habe ich immer einige Läufer vor mir, deren Ausweich- und Ausgleichmanöver mir zeigen, wo ich besonders aufpassen muss.“

Naturschauspiel: Schlittenhunde, Rentiere, Wale und Polarlichter

Seit mehr als 15 Jahren läuft Ilka Goetz. Zu Hause ist sie in Neuenhagen, an der Universität Potsdam ist sie als akademische Mitarbeiterin am Zentrum für Lehrerbildung tätig. Beim PLC trainiert sie seit einem halben Jahr. „Laufen ist für mich Entspannung“, sagt sie, „es gibt mir die Möglichkeit, von anderen Dingen abgelenkt zu werden und die Natur zu genießen.“ Auf schnellen Wettkampfstrecken schaue sie durchaus auf die Zeit, da habe sie einen gewissen Ehrgeiz, sich zu verbessern. Immerhin: 3:42 Stunden hat sie als Marathon-Bestzeit zu stehen, für den Halbmarathon 1:44 Stunden.

Auf dem eisigen Terrain am Polarmeer ist an eine solche Zeit kaum zu denken. Die Bedingungen gemeistert zu haben und mit einem Lächeln ins Ziel zu kommen, ist in Tromsø die sportliche Aufgabe. Eis und kalten Wind gleichen die Veranstalter mit viel Warmherzigkeit aus. „Die Wertschätzung und die Liebe zu Details, mit denen Lauf, Siegerehrung und ein After-Race-Diner organisiert werden, erlebe ich bei keinem anderen Lauf“, sagt Ilka Goetz. In seinen Anfangsjahren galt der Polar Night Halfmarathon als Geheimtipp unter Läufern, inzwischen zählt der Lauf Tausend Teilnehmer. Immer mehr Reiseveranstalter organisieren Laufreisen in den hohen Norden nach Tromsø und bieten Möglichkeiten, die nordische Natur zu erkunden: Schlittenhunde, Rentiere, Wale – und Polarlichter, die wohl schönste Erleuchtung, die es beim Laufen am Eismeer geben kann.

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