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Von Michael Meyer: Turbine zum Titel geköpft

1:0 daheim gegen Bad Neuenahr – Potsdam ist wieder Deutscher Meister

Jubelstimmung am Babelsberger Park. Turbine Potsdam feierte am Sonntagnachmittag mit 2816 Fans den vierten Deutschen Frauenfußball-Meistertitel in den letzten sechs Jahren. Nach einem 1:0 (0:0) gegen den SC 07 Bad Neuenahr ist Titelverteidiger Potsdam einen Spieltag vor Saisonschluss von Verfolger FCR Duisburg nicht mehr einzuholen. Daher störte es gestern am Ende auch kaum jemanden, dass Turbines Erfolg ein Sieg ohne Glanz war. Nach langem vergeblichen Anrennen in einem Spiel auf ein Tor mit vielen hochkarätigen Chancen gegen nur auf Verteidigung bedachte Gäste köpfte Bianca Schmidt nach einem Eckball Yuki Nagasatos von links das Leder aus Nahdistanz zum Goldenen Tor in die SC-Maschen (68.).

„Das war geil und befreiend“, jubelte Schmidt nach Abpfiff und Meisterehrung durch DFB-Präsident Theo Zwanziger über ihr überhaupt erstes Saisontor. „Mein Extra-Training kürzlich hat sich doch gelohnt.“ Am Donnerstagabend hatte Bianca Schmidt bei einem Treffen der Mannschaft mit Sponsoren in der Firmenzentrale des Turbine-Hauptsponsors ZAL in Ludwigsfelde noch lange nach einem offiziellen Torwandschießen immer wieder die Kugel Richtung Torwand gejagt. „Und nun hat’s endlich geklappt“, strahlte die 20-jährige Sportsoldatin.

Auch Anja Mittag freute sich für Schmidt, obwohl ihre eigene Ladehemmung gestern trotz Riesenchancen (24., 41., 53., 83.) anhielt. „Davon lass ich mich jetzt nicht kirre machen. Letztlich ist egal, wer von uns trifft. Wir sind Meister – alles andere ist heute egal.“ Beistand erhielt Turbines 17-fache Saisontorschützin von Potsdams Cheftrainer Bernd Schröder. „Das ist Fußball und abgehakt. Wir gewinnen und verlieren als Mannschaft.“ Zugleich schimpfte Schröder über die gestrigen Spielbedingungen im Karl-Liebknecht-Stadion. „Ich empfinde es als Frechheit und Respektlosigkeit, wenn ein Verein wie der SV Babelsberg 03 uns einen solchen Platz zur Verfügung stellt, auf dem er am Tag davor noch sein Abschlusstraining machte“, wetterte der Coach in der Pressekonferenz. „Auf so einem Platz kann man keinen Fußball spielen. Das ist schade und unwürdig.“

Seiner eigenen Truppe bescheinigte Schröder ein großartiges Jahr. „Wir haben heute verdient den Titel geholt, weil wir über die gesamte Saison den besten Fußball spielten“, erklärte er und versprach: „Jetzt versuchen wir, auch den Champions-League-Pokal nach Potsdam zu holen.“ In den Meister-Annalen des Deutschen Fußball-Bundes steht Turbine derzeit auf Platz vier hinter der SSG Bergisch Gladbach (9), dem 1. FFC Frankfurt (7) und dem TSV Siegen (6). Zählt man die sechs DDR-Meistertitel zwischen 1981 und 1989 dazu, liegt Potsdam aber ganz vorn. DFB-Präsident Zwanziger nannte Turbine gestern „die beste Frauenfußball-Mannschaft in Deutschland“, ehe er den Spielerinnen die Medaillen umhängte und Mannschaftskapitän Jennifer Zietz die Meisterschale in die Hände drückte. Und Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck lobte: „Hier wird nationaler und internationaler Spitzenfußball geboten. Turbine ist einer der besten Werbeträger Potsdams.“ Nach der Partie wurde die MAI Mosolf Automotive Industries AG aus Heilbronn als neuer Premiumsponsor des Meisters präsentiert.

Zwischen Meistertitel und Champions-League-Finale am 20. Mai im Madrider Vorort Getafe liegt noch das letzte Punktspiel am nächsten Sonntag beim VfL Wolfsburg. „Jetzt gönnen wir den Mädchen ein bisschen Ruhe und Regeneration, ehe wir uns gezielt auf Getafe vorbereiten“, meinte Schröder. Zunächst aber feierte die Mannschaft gestern Abend im Restaurant „Jourfixe“ erst einmal ausgiebig. Natürlich waren Eltern und Freunde der Spielerinnen dabei. Aus Tokio war auch Michiko Nagasato angereist, die Mutter von Turbines neuer Stürmerin Yuki Nagasato, deren Eckball zum Tor und damit zum Titelgewinn führte.

Turbine: Sarholz; Schmidt, Peter, Henning; Odebrecht (63. I. Kerschowski), Zietz, Keßler, Kemme; Wich (57. Nagasato), Bajramaj, Mittag.

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