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Kaum noch eine Perspektive. Den Potsdamer Doppelzweier Hans Gruhne (links)/Clemens Lange (rechts) wird es künftig wohl nicht mehr geben. Wenzel will lieber Riemen-Ruderer werden, wofür ihm am Seekrug derzeit aber ein Bootspartner fehlt.

© Peter Frenkel

Von Michael Meyer: Riesenabstände auf dem Wasser

Beim heutigen WM-Empfang der Potsdamer Ruder-Gesellschaft geht es auch um Probleme bis London 2012

Kathrin Boron nimmt kein Blatt vor den Mund. „Viel zu feiern gibt es diesmal nicht, denn in diesem Jahr wurden längst nicht alle unsere Wünsche erfüllt“, sagt die Leiterin des Ruder-Bundesstützpunktes Potsdam vor dem traditionellen Weltmeisterschafts-Empfang der Potsdamer Ruder-Gesellschaft (PRG) heute Abend im „Seekrug“. Dort wird PRG-Chef Gerhard Selle noch einmal unter anderem an die dritten Plätze bei den diesjährigen WM durch Christiane Huth und Stephanie Schiller im Doppelvierer sowie Arne Maury als Steuermann des Handicap-Vierers erinnern, an die Silbermedaille Hans Gruhnes und Clemens Wenzels im Doppelzweier bei den U23-WM, an den Titelgewinn Felix Bachs im Einer bei den Junioren-WM – den einzigen wirklichen Erfolg 2009 – sowie an den Gewinn des Deutschen Jugendpokals durch die PRG nach zweijähriger Pause im Juni in Duisburg.

Inzwischen richten sich die Blicke der Potsdamer Ruderer und ihrer Trainer auf 2010 mit den Weltmeisterschaften Anfang Dezember im neuseeländischen Hamilton und auf die Zeit danach bis zu den Olympischen Spielen 2012 in London. Einen Doppelzweier Gruhne/Wenzel wie in diesem Jahr wird es dann mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr geben, denn während Gruh- ne beim Skullen bleibt, drängt es Wenzel zu den Riemenruderern. „Dort sehe ich für London bessere Perspektiven für mich“, meint er. Dass auf Empfehlung des Deutschen Ruder-Verbandes (DRV) in Potsdam auch das Riemenrudern wieder stärker gefördert werden soll, kommt Wenzel entgegen. Gemeinsam mit seinem Klubkameraden Sebastian Mager unternahm er im Herbst erste Versuche, „was nach acht Jahren im Skull eine ganz schöne Umstellung war“, so der 21-Jährige. Weil Mager inzwischen aber lieber wieder zwei statt nur einem Ruder durchs Wasser ziehen will, stockt das neue Projekt derzeit. „Es ist aber noch nicht beerdigt. Wir werden im Winter einen neuen Anlauf nehmen“, erklärt Steffen Becker, der Trainer der beiden. „Wenzel und Mager sind individuell starke Leute. Die Riemen sind bestellt, das Bootsmaterial wird bestellt.“

Bei der traditionellen Langstreckenregatta des DRV Ende nächster Woche in Dortmund, bei der alle Kader-Ruderer in 6000-Meter-Rennen ihre Einstufung bestätigen müssen, werden Wenzel (B-Kader) und Mager (C) am Samstag zunächst wieder im Einer sitzen, „um Aufschluss über ihre individuelle Leistungsstärke zu bekommen“, so Roland Köpke, der Cheftrainer der Potsdamer Ruderer. Auch Hans Gruhne (A), Falko Nolte (B) Marcel Vollgold, Tim Bartels (beide C), Felix Bach (CJ) und Dirk Thiele (kein Kader) werden am Start sein. Bei den Frauen werden dagegen mit Christiane Huth (Aufbautraining) und Stephanie Schiller (Studium) die beiden Potsdamer A-Kader fehlen, während Juliane Domscheit, Leichtgewicht Daniela Reimer (beide B), Rebekka Klemp, Daniela Schultze und Christin Hoffmann dort im Einer skullen sowie Mandy Reppner und Anne Kliesch (alle C) den Zweier ohne Steuerfrau rudern werden. Am Sonntag dann sollen in Dortmund die beiden Männer-Doppelvierer Gruh- ne/Wenzel/Nolte/Mager und Thiele/Vollgold/Bach/Bartels rudern, während Daniela Reimer mit der Berlinerin Sina Burmeister den leichten Doppelzweier fahren soll. Jeannine Hennicke hat inzwischen mit dem aktiven Sport aufgehört, Anna-Theresa Kluchert will nach eigener Aussage „wahrscheinlich nicht mehr für Potsdam rudern“. Grund dafür sei nach dem missglückten Umstieg ins Riemenboot unter anderem eine Auseinandersetzung mit ihrer damaligen U23-Trainerin Katrin Rutschow-Stomporowski.

Rutschow-Stomporowski ging mittlerweile jedoch nach Ratzeburg. Wie PNN erfuhren, soll der DRV Zusagen für ihre Trainertätigkeit in Potsdam nicht eingehalten haben. Und da sich bereits im Frühjahr die langjährige Chef- und Erfolgstrainerin Jutta Lau vom Seekrung nach China verabschiedet hatte – wo sie nach ersten diesjährigen Erfolgen nun als Nationalcoach die Skullerinnen auf London 2012 vorbereiten soll –, fehlen dem Ruder-Bundesstützpunkt Potsdam jetzt zwei Trainerstellen, die laut Kathrin Boron nicht neu besetzt werden. Nach Laus Weggang wurden die Strukturen im Seekrug neu geordnet, übernahmen der bisherige Männer- Coach Bernd Landvoigt die Frauen und Junioren-Trainer Steffen Becker die Männer, während Roland Köpke – bis dato sehr erfolgreich in Potsdams Nachwuchsbereich tätig – neuer Chefcoach wurde. Mit Rutschow-Stomporowskis Abschied rückten die von ihr betreuten U23-Aktiven Marcel Vollgold, Christin Hoffmann, Mandy Reppner und Anne Kliesch in die Männer- und Frauen-Trainingsgruppe.

Kathrin Boron sieht in der Trainerstellen-Halbierung „große Probleme Richtung Olympia 2012“, wie sie sagt. „Wir können die Trainingsgruppen nicht zu groß werden lassen, weil sonst die Top- Kader nicht so betreut werden können, wie es notwendig ist. Die Trainer können nicht überall sein, und es gibt zwischen den Aktiven Riesenabstände, was man beim täglichen Training auf dem Wasser sieht.“ Beim heutigen WM-Empfang wird es zwar wenig zu feiern, dafür um so mehr für die Zukunft zu besprechen geben.

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