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In Gedanken. Julius Dierberg macht den Sprung vom VfL in die zweite Liga.

© Frick

VfL Potsdam: Schlussakkord in Moll

Die Ära von Cheftrainer Jens Deffke beim VfL Potsdam sowie die Zeit verdienter Adler-Spieler endete ohne abschließenden Erfolg. Gegen den SV Anhalt Bernburg kassierten Potsdams Drittliga-Handballer eine Heimniederlage, ihre erste im Jahr 2017.

Die Bewegungsabläufe sind automatisiert. Der Griff zum Spieltagsausweis, der um den Hals hängt, „Shakehands“ mit den Schiedsrichtern, Schulterklopfen mit dem Co-Trainer. 120 Mal in den vergangenen vier Jahren hat Jens Deffke die Punktspiel-Abende des Handball-Drittligisten VfL Potsdam auf diese Art beendet. Ein letztes Mal am vergangenen Samstag kurz vor halb neun, als das Saisonfinale gegen den SV Anhalt Bernburg mit 34:37 (16:16) zu Ende gegangen war.

VfL nur zweitstärkste Kraft in Brandenburg

Danach war Schluss für den 44-Jährigen. Die Mission ist erfüllt: Nach überstandener Insolvenz 2013 hat Deffke den VfL-Kahn sportlich wieder flott und seetauglich gemacht. In stärkere Gewässer sollen ihn nun andere führen. Dass er das Steuer gern weitergeführt hätte, ist kein Geheimnis. Somit bleibt für ihn sein Wirken in Potsdam unvollendet.

Und irgendwie trifft das Prädikat auch für die Saison zu. Die Niederlage gegen Bernburg war das erste verlorene Spiel zu Hause für den VfL in diesem Kalenderjahr. Den Heim-Nimbus wollten sie bis zum Schluss wahren, doch waren Müdigkeit und Kräfteverschleiß den Akteuren deutlich anzumerken, nachdem sie über viele Spieltage das verletzungsbedingte Fehlen wichtiger Stützen wie Yannik Münchberger, Casper Jacques, Dominik Steinbuch und Daniel Deutsch kompensieren mussten. Es war noch einmal eine Energieleistung, die der VfL gegen körperlich sehr präsente und gut spielende Bernburger in einer engen Partie abrief. In der Schlussphase fehlten beim Torabschluss die Konzentration und der – in dieser Saison oft aufgebrachte – letzte Wille, einen Zwei-, Drei-Tore-Rückstand noch aufzuholen. Am finalen Tabellenbild änderte die Niederlage nichts mehr: Der VfL schließt auf Platz fünf ab – hinter dem märkischen Rivalen Oranienburger HC.

Personelle Zäsur bei den Potsdamer Adlern

Es war ein Schlussakkord Moll. „Ich wäre gern mit einem Sieg gegangen“, sagte Julius Dierberg, der sich nach vier Jahren vom VfL verabschiedet. Der 25-Jährige saß am Samstagabend nach der Schlusssirene gedankenversunken vor der Reklamebande am Spielfeldrand – auf jener Seite, auf der er sich in den vergangenen vier Jahren vom „No Name“ zum Torschützenkönig der dritten Liga – 236 Treffer – und nunmehrigen Profi-Handballer entwickelte. Dierberg wechselt zum Zweitliga-Aufsteiger HC Elbflorenz nach Dresden zum „wohl derzeit spannendsten deutschen Handball-Projekt“, wie der Linksaußen befindet. Für 15 Millionen Euro haben sie in Dresden gerade eine neue Handball-Spielstätte gebaut, die zweite Liga soll nur eine Zwischenstation sein. „Das Gesamtpaket stimmt“, sagte Dierberg zu seiner Entscheidung, nach Sachsen zu wechseln und andere Zweitliga-Offerten abzulehnen. Damit hatte er sich auch gegen die Option entschieden, beim VfL um ein weiteres Jahr zu verlängern. Er schaue voller Dankbarkeit auf die Zeit bei den Adlern zurück, meinte der gebürtige Berliner, weil er hier genau die Entwicklungschance bekommen habe, die er vor vier Jahren gesucht habe, als er vom Viertligisten Schöneberg-Friedenau an die Havel wechselte.

Nicht nur für Deffke und Dierberg wurde der vergangene Samstag zur Zäsur. Auch für die beiden Torhüter war es der letzte VfL-Auftritt. Paul Twarz, der in Potsdam zum Junioren-Nationalspieler reifte, sucht eine neue sportliche Herausforderung, Sebastian Schulz möchte Medizin studieren. Kapitän Robert Weiß hört nach fast zwei Jahrzehnten Leistungssport auf die Signale seines Körpers und beendet seine Karriere. Ebenso wie Daniel Deutsch: Es ist nunmehr der 36-Jährige, der seine Bewegungsabläufe als Cheftrainer des VfL finden will. 

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