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Sport: „Uns fehlen noch zwei Typen“

Cheftrainer Cem Efe über die neu zusammengestellte Mannschaft des SV Babelsberg 03, Saisonziele seines Vereins und das Heimspiel am Samstag gegen den 1. FC Lok Leipzig

Am Samstag beginnt die Fußball-Regionalliga-Saison mit Cem Efe als neuem Cheftrainer des SV Babelsberg 03. Wie groß ist Ihre Nervosität vor diesem Start?

Nicht größer als in meiner Zeit als Co-Trainer. Natürlich spüre ich eine gewisse Nervosität, aber eine gesunde und keine panische. Und ich bin ja nicht das erste Mal als Cheftrainer verantwortlich. Das war ich auch schon bei Hertha 03 Zehlendorf bei den Männern und davor in der A-Jugend-Bundesliga. Natürlich ist die Regionalliga jetzt meine bislang höchste Spielklasse. Aber ich weiß, was ich kann und was ich nicht kann – und damit kann ich gut leben.

Viele Fans des SVB sehen dem neuen Spieljahr mit einem gewissen Kribbeln entgegen, weil sie unsicher sind, welche Rolle Babelsberg als Drittliga-Absteiger wohl eine Klasse tiefer spielen kann.

Das wissen auch wir selbst noch nicht. Wir haben sehr gute, aber auch viele neue Spieler. Durch unsere schwierige wirtschaftliche Situation konnten wir keinen Sergej Evljuskin oder Lennart Hartmann halten, um die Abwehr oder das Mittelfeld noch spielstärker zu machen. Unsere jetzigen Spieler müssen jetzt als Mannschaft zueinanderfinden. Es ist wichtig, in kurzer Zeit ein Team zu werden, aber auch schwer. Daher darf man im ersten Jahr keine Wunderdinge von uns erwarten. Wenn wir in dieser Saison nicht absteigen, haben wir unser Saisonziel erreicht. Dann ist unsere Mannschaft ein Jahr weiter, dann wird sie auch aus Fehlern gelernt haben. Ich hoffe, dass unsere Fans sehen, dass die Jungs auf dem Spielfeld unheimlich an sich arbeiten, und dass sie deshalb wie bisher zu uns stehen und uns nach Niederlagen helfen, wieder auf die Beine zu kommen.

Der Klassenerhalt, sagen Sie, ist das erste Saisonziel. Wo müsste der SVB nach dem Spieljahr stehen, damit Sie auch richtig zufrieden sind?

Rang zehn wäre schon eine gute Platzierung. Wichtig ist aber auch, dass wir uns Schritt für Schritt weiterentwickeln.

Wen sehen Sie als größte Aufstiegskandidaten in der bevorstehenden Saison?

Den Berliner AK und den FSV Zwickau.

Nicht Jena oder Magdeburg?

Jena und Magdeburg haben auch richtig gute Mannschaften. Die Frage ist aber, wie dort das Umfeld reagieren wird, wenn sie zwei- oder dreimal verlieren. Dieses Problem könnte es in Zwickau und beim BAK vielleicht auch geben, aber ich glaube, von der Qualität der Spieler her ist BAK mit am besten besetzt.

Wer sind für Sie die größten Abstiegskandidaten?

Das ist schwer zu sagen. Es gibt immer Mannschaften, die überraschend oben mitspielen, und Mannschaften, die sich überraschend plötzlich unten wiederfinden.

Nur vier Ihrer derzeit 19 Spieler sind aus der bisherigen SVB-Mannschaft übrig. Ein gewaltiger Umbruch.

Ich muss in diesem Zusammenhang ein großes Lob an unseren Sportlichen Leiter Almedin Civa richten, an unseren Präsidenten Archibald Horlitz, an Björn Laars aus der Geschäftsstelle und an alle anderen Leute, die uns unterstützt haben. Vor allem dank Alme haben wir sehr gute Spieler hierher bekommen, die eine Perspektive darstellen. Uns fehlen aber noch zwei Typen, die nicht nur gegenüber dem Gegner eklig sein können, sondern auch gegenüber den Mitspielern und sich selbst. Niklas Brandt vom BAK beispielsweise ist so ein Typ, den wir wollten, der aber leider zum Halleschen FC gegangen ist. Harmonie ist in einer Mannschaft wichtig, und die gibt es bei uns. Zu viel Harmonie kann aber auch gefährlich sein. Uns fehlt einer, der auch mal die Ärmel hochkrempelt, wenn wir 0:2 hinten liegen. Hätten wir einen Niklas Brandt und einen Zlatko Hebib, würde ich nicht über Platz zehn sprechen, sondern über Platz eins bis fünf. Diese beiden Leute würden uns aber im Monat zusätzlich 6000 bis 8000 Euro kosten – und das Geld haben wir nicht. Daher müssen wir unsere Aufgabe mit jungen Spielern angehen, die ihre Zeit brauchen.

Haben Sie nicht schon Führungsspieler beispielsweise mit Christopher Blazynski und Julian Prochnow.

Sicher, aber beide sind harmoniebedürftig.

Führen Sie mit Ihren Spielern vorm Saisonstart noch mal Einzelgesprüche?

Ja, wir sprechen in dieser Woche mit dem einen oder anderen, um den Jungs zu sagen, wie wir sie bewerten und was wir am Spieltag von ihnen erwarten.

Haben Sie nach knapp sechs Wochen Vorbereitung und neun Testspielen jetzt ihre komplette Startelf für das Heimspiel am Samstag gegen Lok Leipzig im Kopf?

Die steht – bis auf ein, zwei Positionen in der Abwehr. Wir benötigen dringend noch mindestens einen guten Innenverteidiger, den wir aber bis zum Wochenende noch nicht haben werden.

Wer wird im Tor die Nummer eins sein?

Marvin Gladrow.

Warum?

Beide Torhüter haben in der Vorbereitung gut gehalten, wobei Marvin ein bisschen mehr Routine in seinem Spiel hatte. Dominik Feber ist aber nahezu gleichwertig, beide nehmen sich nicht viel.

Wie schwer schätzen Sie Babelsbergs Auftaktprogramm mit Leipzig, Auerbach, Zwickau, BAK, Halberstadt und Union Berlin II ein?

Das wird alles andere als einfach – im Gegenteil. Das erste Spiel ist sowieso immer das schwerste. Dann muss man auswärts sehen, wie man klarkommt, und anschließend kommen zwei Knaller.

Wie stehen Babelsbergs Chancen am Samstag daheim gegen Lok Leipzig?

Wir erwarten ein sehr schwieriges Spiel, in dem der Gegner versuchen wird, über Konter seine Chance zu suchen. Wir müssen den Leipzigern in den Zweikämpfen Paroli bieten und selbst mit Offensivaktionen gefährlich sein. Ich glaube, wir haben gute Möglichkeiten, etwas mitzunehmen. Wichtig wird sein, nicht zu nervös in dieses erste Spiel zu gehen.

Was wissen Sie über die Leipziger, die ihr letztes Testspiel am Montag daheim gegen Schalke 04 nur mit 1:2 verloren?

Das hat Lok wirklich gut gemacht. Solche Spiele gegen Bundesligisten gestalten sich aber meist anders als Punktspiele. Ich selbst habe Lok beim 0:3 im Testspiel gegen Budissa Bautzen beobachtet, mein Co-Trainer beim 7:1 bei Lok Stendal. Leipzig hat eine sehr kompakte und robuste Mannschaft, die das 4-4-2-System bevorzugt, aggressiv gegen den Ball spielt und versucht, über die Zweikämpfe nach vorn zu kommen. Da müssen wir gegenhalten.

Mit Christopher Blazynski, Daniel Becker und Maximilian Zimmer mussten Sie beim 1:1 im letzten Testspiel gegen Hansa Rostock II einige ihrer wichtigsten Spieler vorsichtshalber vorzeitig vom Platz nehmen oder ganz pausieren lassen. Haben Sie die genannten Spieler jetzt gegen Lok zur Verfügung?

Ich hoffe, dass sie wieder einsatzbereit sind, denn alle drei sind für uns sehr wichtig. Mit ihnen haben wir alle Spieler an Deck.

Und Sie selbst werden vorm Punktspielstart ruhig schlafen.

Man ist schon angespannt, Schlafstörungen habe ich aber nicht.

Das Interview führte Michael Meyer.

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