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Anna Sarholz wurde als Deutschlands beste Torhüterin bezeichnet.

© Jan Kuppert

Turbine-Torhüterin Sarholz geht zu SV Babelsberg 03: In neuer Mission

Torhüterin Anna Sarholz bekam bei Turbine Potsdam keinen Vertrag mehr. Jetzt geht das Fan-Idol zum SV Babelsberg 03. Ausgerechnet der SVB, mag so mancher bei Turbine denken.

Potsdam - Ihr Abschied war emotional. „Egal welcher Verein, wir werden immer bei Dir sein“, plakatierten Freunde und Fans im Karl-Liebknecht-Stadion, als Anna Felicitas Sarholz vor wenigen Tagen das letzte Mal für den 1. FFC Turbine Potsdam auf dem Rasen stand. Um die Torhüterin künftig spielen zu sehen, braucht es keinen Ortswechsel und lange Anfahrten. Anna Sarholz geht zum SV Babelsberg 03! Sie wird Torhüterin und Co-Trainerin des Nulldrei-Frauenteams, das der Verein im vergangenen Jahr gründete, in seiner Premierensaison die Kreisliga gewann und in der kommenden Spielzeit in der Landesliga antritt.

Für den SVB mag es ein Coup sein, den er mit der Verpflichtung von Anna Sarholz, die die Zeitung „Die Welt“ einmal als talentierteste deutsche Torhüterin bezeichnete, gelandet hat. Sarholz, die Heldin von Getafe, wo sie im Champions-League-Finale 2010 im Elfmeterschießen gegen Olympique Lyon zweimal parierte und mit dem entscheidenden Schuss selbst traf, ist seitdem im deutschen Frauenfußball ein Begriff und Liebling der Turbine-Fans. Mit ihrer unbekümmerten Art eroberte sie sich viele Sympathien, aber nicht die des Trainers. Turbine-Chefcoach Bernd Schröder zählt zu den strengsten Kritikern der durchaus unbequemen Torhüterin, die es sich schon frühzeitig mit dem DFB verscherzte; mit ihren zahlreichen Tattoos und ihrer undiplomatischen Art galt sie für die Nationalmannschaft nicht als salonfähig.

Eine Entscheidung für die 22-Jährige

Dass jetzt Turbine Anna Sarholz nach neun Jahren kein erneutes Angebot gemacht hat, begründete Schröder nicht als Entscheidung gegen, sondern für die 22-Jährige. Der Vertrag sei auch aus pädagogischer Sicht nicht verlängert worden, Sarholz müsse für ihre persönliche Entwicklung in eine andere Spur. Die gebürtige Kölnerin hat ihren Spurwechsel zum SV Babelsberg auf ihre ganz eigene Art angedeutet. Auf ihrer Facebook-Seite zitierte sie vor vier Tagen einen Liedtext der Band Broilers: „Ich wollte nie wie all die Ander'n sein. Ich weiß besser, was ich will. Das entscheide ich allein.“

Sie könne sich ausmalen, dass sie mit ihrer neuen Vereinsanschrift den einen oder anderen überrascht, sagt Anna Sarholz. Doch sie wollte in Potsdam bleiben. „Ich suchte eine neue Herausforderung und sehe es als sehr gute Möglichkeit. Es passt gut zusammen“, sagt Anna Sarholz. Trotz ihrer erst 22 Jahre sei sie lange genug im Fußball-Geschäft, um auf dem Platz anderen Spielerinnen Ehrgeiz, Ansporn und Leidenschaft zu vermitteln. Sie fühle sich auch der Aufgabe gewachsen, den neu gegründeten D-Mädchen-Nachwuchs des SVB zu trainieren. Ihre eigenen sportlichen Ambitionen verbindet sie zwar nicht mehr mit nationalen und internationalen Titeln, aber Limits kennt sie nicht: „Ich will mit der neuen SVB-Mannschaft so weit wie möglich nach oben kommen“, sagt sie. Parallel beginnt sie im Herbst eine Ausbildung zur Medien- und Kommunikationsgestalterin.

Ausgerechnet der SVB

Bernd Schröder wird nicht den SV Babelsberg im Sinn gehabt haben, als er Sarholz eine andere Spur empfahl. Ausgerechnet der SVB, mag man sich bei Turbine denken. Der Verein, mit dem der Frauenfußball-Klub dauerhaft im Clinch liegt – über Stadionnutzung, Betriebskostenzuschüsse oder über die Frage, welche Biersorte bei Spielen ausgeschenkt wird. Beim SVB freut man sich über Sarholz’ Kommen, sieht es aber auch ganz pragmatisch. Der Kiezverein, dessen Tradition und Leidenschaft sich bislang ausnahmslos mit und durch Männerfußball definierte, sieht im Frauen-Kick durchaus eine Perspektive. Sportlich soll die Landesliga in der kommenden Saison nur eine Durchgangsstation sein. Die zweite Frauen-Bundesliga nennt Vereinspräsident Archibald Horlitz als mittelfristiges Ziel. Anna Sarholz ist nicht die erste Nulldrei-Spielerin, die eine Vergangenheit bei Turbine Potsdam hat: Zahlreiche Kickerinnen, die im vergangenen Jahr dem Aufruf des SVB zur Gründung eines Frauenteams folgten, durchliefen ihre Ausbildung in den Nachwuchsteams des Bundesligisten am Luftschiffhafen. Doch von Sarholz’ sportlicher Klasse und wohl mehr noch von ihrer Popularität erhofft sich die SVB-Führung reichlich Aufmerksamkeit für ihr Frauenfußball-Projekt. „Wir bauen die nächsten Jahre fest auf sie“, sagt Horlitz.

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