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Hoheit. TV-Sender Sport1 sagt, wann er gerne live übertragen möchte.

© imago/foto2press

Turbine Potsdam: Zum Unmut des Salzes in der Suppe

Einige Anhänger des Frauenfußball-Bundesligisten Turbine Potsdam ärgern sich über die Ansetzungen der nächsten beiden Heimspiele ihrer Mannschaft. Es wird jeweils zum fanunfreundlichen Termin am Montag um 18 Uhr gekickt. Grund dafür ist das Fernsehen.

Von Tobias Gutsche

Wenn das Flutlicht über dem Karl-Liebknecht-Stadion für Spiele von Turbine Potsdam brannte, dann sorgte dies bei den Fans des Frauenfußball-Bundesligisten eigentlich immer für Behagen. Es bedeutete schließlich oft, dass zur Mitte einer Woche am Abend die große Europapokal-Bühne in Babelsberg erleuchtet wurde. Bei den nächsten beiden Heimpartien der Turbinen, die seit 2014 international abstinent sind, werden die Lampen wieder mal scheinen. Doch das verdunkelt eher die Laune bei vielen Potsdamer Anhängern, wie etwa auf der Facebookseite des Vereins herauszulesen war.

Der Grund: Sowohl das bevorstehende Match gegen Aufsteiger Werder Bremen als auch das Duell mit dem 1. FFC Frankfurt drei Wochen später finden aufgrund der Fernsehübertragung durch Sport1 am Montag um 18 Uhr statt – ein eher fanunfreundlicher Termin. Manche müssen da noch arbeiten, während sich für Sympathisanten der Gästeteams ein mehrere Hundert Kilometer langer Auswärtstrip an einem Werktag kaum realisieren lässt. „Der Unmut ist nachvollziehbar“, erklärt Turbine-Präsident Rolf Kutzmutz. „Aber letztlich ist das die Entscheidung des Deutschen Fußball-Bundes und des TV-Senders, der sagt, wann es für ihn am besten wäre. Wir finden das selber nicht gut, müssen uns jedoch dem beugen.“

Kutzmutz: "Nicht auf Kosten der Stadionbesucher"

Mit den Live-Übertragungen aus der Bundesliga wird versucht, das Interesse für den Frauenfußball in Deutschland zu steigern. Etwas über 100.000 Zuschauer konnte man laut Einschaltquotenmessung damit durchschnittlich locken. Kein herausragender Wert, „aber sicherlich hilfreich, um die Liga bekannter zu machen“, meint Kutzmutz, schränkt im gleichen Atemzug allerdings ein: „Die ganze Sache darf nicht auf Kosten der Stadionbesucher gehen. Sie sind das Salz in der Suppe.“

Zumal die Suppe zuletzt ohnehin schon eher fade schmeckte, denn die gerne als beste Frauenfußball-Spielklasse der Welt titulierte deutsche Bundesliga schwächelt bezüglich der Zuschauerzahlen. Vorige Saison rutschte der Schnitt erstmalig nach drei weitestgehend stagnierenden Jahren wieder unter die 1000er-Marke. „Wir“, so der Turbine-Boss, „konnten unseren Negativtrend hingegen stoppen.“ 2016/17 verzeichnete Potsdam als Publikumsprimus – vermutlich dank mehr Erfolg und des über weite Strecken deutlich besseren Fußballs als in unmittelbarer Vergangenheit – einen Anstieg um knapp 100 Besucher auf durchschnittlich 1945. Von früheren Top-Zahlen, als 2100 bis 2500 Fans kamen (Jahre 2012 bis 2015), ist aber auch der sechsfache deutsche Meister entfernt. „Deshalb müssen wir selbst gucken, wie wir Attraktivität auch außerhalb des Platzes schaffen. Zum Beispiel durch Kinderbetreuung und Rahmenprogramm – ohne in Klamauk zu verfallen.“

Vorige Saison war Werder der Turbine-Pokalschreck

Als kontraproduktiv wertet Kutzmutz die Terminhoheit des Senders Sport1, der 2016 die Rechte von Eurosport übernahm. „Wir müssen aufpassen. Die Liga darf sich nicht kleinmachen und nur darauf hören, was die TV-Anstalt möchte, sondern muss auch Rücksicht auf das Stadionerlebnis nehmen“, plädiert er. Mit vereinzelt abweichenden Wochenend-Anstoßzeiten könne man noch leben. Wie am 15. Oktober, einem Sonntag. Dann wird sein Club in Wolfsburg nicht wie üblich um 14 Uhr antreten, sondern zum Wohle des Fernsehens eine Stunde später.

28 Stunden nach dem Regeltermin sind die Potsdamerinnen nun am Montag ab 18 Uhr gegen den SV Werder Bremen gefordert, der Turbine voriges Jahr überraschend aus dem DFB-Pokal geschmissen hatte. Während die Brandenburger Mannschaft diese Saison bislang zwei Siege und ein Remis auf dem Konto hat, verbucht die Truppe von der Weser je ein Sieg, Unentschieden und eine Niederlage. Mit Blick auf die Fanunterstützung für das Match hegt Rolf Kutzmutz eine Hoffnung: „Vielleicht wird die ungünstige Spielzeit durch die Vorfreude auf Flutlicht ausgeglichen.“ Wie einst ein bisschen Europapokal-Flair im „Karli“.

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