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Einen Tick besser. Turbine und Wolfsburg lieferten sich ein unterhaltsames Duell – hier kämpfen Potsdams Lia Wälti (l.) und Caroline Hansen um den Ball. Letztlich gewannen die Gäste, weil sie im Stile eines absoluten Spitzenteams gefestigter auftraten.

© Jan Kuppert

Turbine Potsdam: Unterschiedlicher Reifegrad

Turbine Potsdam verlor das Spitzenspiel der Frauenfußball-Bundesliga gegen einen starken VfL Wolfsburg, der somit vor dem Gewinn seiner dritten deutschen Meisterschaft steht. Vonseiten des Potsdamer Clubs wurde nun erstmalig ein klares Saisonziel formuliert.

Von Tobias Gutsche

Zumindest die Wolfsburg-Fans sind sich ihrer Sache schon sicher. „Deutscher Meister wird nur der VfL“ trällerten sie am gestrigen Sonntagnachmittag im Karl-Liebknecht-Stadion, nachdem ihre Wölfinnen die Spitzenpartie der Frauenfußball-Bundesliga mit 3:1 (1:1) gegen Turbine Potsdam gewonnen hatten. Drei Spieltage vor Saisonschluss beträgt dadurch der Vorsprung des niedersächsischen Tabellenführers auf die zweitplatzierten Brandenburgerinnen komfortable sechs Punkte. Der dritte Liga-Triumph der Vereinsgeschichte steht bevor.

So forsch wie ihre Anhänger gaben sich die Protagonisten des VfL erst einmal nicht. „Wir haben uns ein gutes Polster erarbeitet, doch es stehen noch Spiele aus“, sagte Anna Blässe, die in der 48. Minute das zwischenzeitliche 2:1 erzielt hatte. Ihr Cheftrainer Ralf Kellermann stimmte mit ein. „Das war ein Riesenschritt. Jetzt sind wir auf einem sehr, sehr guten Weg, deutscher Meister zu werden. Aber ich warne davor, im Fußball ist schon viel passiert: Wir haben eine glänzende Ausgangssituation, aber müssen genau so weitermachen wie die letzten Wochen.“

Frühes Gegentor zu Beginn beider Halbzeiten

In denen präsentierte sich die Truppe aus der Autostadt beeindruckend selbstbewusst und souverän. Gestern war das nicht anders. Vor 3082 Zuschauern ging der Gast bereits nach fünf Minuten per Foulelfmetertor von Caroline Hansen in Führung, wovon sich Turbine gut erholte und Mitte der ersten Halbzeit eine starke Druckphase erzeugte. Diese gipfelte im Ausgleich durch Tabea Kemme (28.). Anna Blässe kurz nach Wiederbeginn sowie Tessa Wullaert (56.) schossen Wolfsburg mit ihren Treffern zum ersten Liga-Auswärtssieg ihres Teams in Potsdam seit 2006. „Phasenweise haben wir gut gespielt, phasenweise nicht so gut. Unter dem Strich ist unsere Niederlage verdient“, sagte Turbine-Offensivkraft Felicitas Rauch in äußerst gedämpfter Tonlage. „Man hat die spielerische Klasse von ihnen gesehen.“

Beide Mannschaften lieferten sich ein unterhaltsames Duell. Es bot lange Zeit hohes Tempo, was vor allem damit zusammenhing, dass die Potsdamerinnen in Ballbesitz sehr schnell Richtung gegnerisches Tor jagen wollten, dabei allerdings häufig zu hektisch agierten und die Kugel wieder abgaben. Der VfL war zwar ebenfalls darauf bedacht, mit gehörig Geschwindigkeit anzugreifen, bewahrte jedoch mehr Kontrolle und Genauigkeit. Folglich machte der Reifegrad der Teams den Unterschied. Turbine ist jung und aufstrebend, steht nicht ohne Grund so weit oben im Klassement, wirkt aber mitunter recht nervös und verfügt eben noch nicht über die nötige Abgeklärtheit sowie Stabilität. Eigenschaften, die Wolfsburg auszeichnen. Entwickelt haben sie sich unter anderem durch die regelmäßige Teilnahme an der Champions League, dem europäischen Vereinswettbewerb.

Turbine will nun unbedingt Vizemeister werden

Nach dreijähriger Abstinenz hat auch der Club aus Potsdam, der zweimal den Kontinentalcup gewann, die Chance, nächste Saison wieder wertvolle internationale Erfahrungen zu sammeln. Als Tabellenzweiter am Ende der laufenden Spielzeit wäre er für die sportlich interessante, zugleich finanziell lukrative Königsklasse qualifiziert. Und das wurde nun auch offiziell so als Ziel formuliert. In der Interviewzone gab gestern Felicitas Rauch zu Protokoll, Platz zwei fest machen zu wollen. Später verkündete Cheftrainer Matthias Rudolph, der bis dato nie von einer konkreten Vorgabe gesprochen hatte, wobei ihm seine Schützlinge stringent folgten, auf der Pressekonferenz: „Wir sind Zweiter, haben noch drei Spiele und wollen jetzt natürlich auch diesen zweiten Platz verteidigen.“

Dafür, erklärte Rudolph, solle die Niederlage gegen Wolfsburg schnell abgehakt werden. „Das muss morgen erledigt sein.“ Denn schon am Mittwoch geht es mit der Partie beim abstiegsbedrohten Vorletzten Bayer Leverkusen weiter, ehe am Sonntag vor heimischer Kulisse der Showdown um die Vizemeisterschaft steigt. Dann empfängt die Rudolph-Elf den FC Bayern München. Der Drittplatzierte verlor gestern auswärts 2:4 (1:2) gegen Frankfurt und liegt deshalb unverändert einen Punkt hinter den Turbinen. Somit könnten es schon bald die Potsdam-Fans sein, die einen großen Erfolg im „Karli“ besingen dürfen. Der Text wäre simpel: „Europapokal, Europapokal, Europapokal, Europapokal“.

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