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Turbine Potsdam: Rehabilitation gelungen

Dem DFB-Pokalaus hat Turbine Potsdam einen Sieg im Bundesliga-Spitzenspiel gegen Essen folgen lassen. Das Match war ereignisreich: eine knifflige Szene, ein schönes Freistoßtor, viele gute Chancen, zwei brenzlige Momente und eine konkurrenzkampffördernde Rückkehr.

Von Tobias Gutsche

Wiedergutmachung kann für ein bitteres Scheitern im DFB-Pokal nicht betrieben werden. Es ist schließlich ein Aus, danach ist es in diesem Wettbewerb vorbei. Aber Rehabilitation kann nach einem derartigen Misserfolg gelingen. Die Fußballerinnen von Turbine Potsdam haben genau dies am vergangenen Samstagnachmittag eindrucksvoll geschafft. Sieben Tage nach der Pokalpleite beim Zweitligisten Werder Bremen gewannen die Potsdamerinnen nun im heimischen Karl-Liebknecht-Stadion das Bundesliga-Spitzenspiel gegen die SGS Essen 2:0 (1:0). Potsdam ist mit der Maximalausbeute von 15 Punkten nach fünf Spieltagen weiterhin Tabellenführer, Essen rutschte von Rang zwei auf vier ab.

Turbine-Cheftrainer Matthias Rudolph war nach Abpfiff voll des Lobes. „Ich muss meine Mannschaft dazu beglückwünschen, wie sie sich innerhalb dieser Woche wieder aufgerappelt hat“, sagte er. „Das Ziel war, von Anfang bis Ende eine komplette Mannschaftsleistung zu bringen. Wir wollten zusammen angreifen und zusammen verteidigen sowie hochengagiert in den Zweikämpfen sein. Das haben wir umgesetzt.“

Ab der elften Minute in Führung und in Überzahl

Zu den prägenden Figuren des Duells vor 1624 Zuschauern gehörten Elise Kellond-Knight und Svenja Huth. Letztere war es, die in der neunten Minute ihre Schnelligkeit ausspielte und auf dem Weg in Richtung SGS-Tor von Vanessa Martini nur durch ein Foul zu stoppen war. Dass Martinis Einsteigen an der Strafraumgrenze geahndet werden musste, war dem Schiedsrichterinnen-Team um die Hauptverantwortliche Susann Kunkel schnell klar. Wie genau zunächst jedoch nicht.

Kunkel entschied erst auf Elfmeter, revidierte ihre Entscheidung dann aber vollkommen richtig auf Freistoß, da die Grätsche vor dem Sechzehnmeterraum stattgefunden hatte. Zudem gab es für die Essener Verteidigerin die Rote Karte. Anschließend schnappte sich Elise Kellond-Knight die Kugel und zirkelte sie aus halbrechter Position maßgenau zum 1:0 in den linken oberen Torwinkel (11.). Wer braucht da schon einen Elfmeter, wenn jemand so herausragend einen Freistoß ausführen kann? Die Kunstschützin zeigte sich später rundum zufrieden mit dem, wie sich die knifflige Szene letztlich auflöste. „Wäre es Elfmeter gewesen“, erklärte Kellond-Knight mit Blick auf das Regelwerk, „hätte es nur die Gelbe Karte gegeben. So war es Freistoß und Rot. Dass wir dadurch zum Tor gekommen sind und dann fast 80 Minuten einer mehr waren, war eine perfekte Situation für uns.“

Eine Australia-Austria-Schaltzentrale bei Turbine

Denn in der Folge übernahm Turbine die Kontrolle über das Geschehen – kam allerdings erst in der 68. Minute zum 2:0. Svenja Huth traf nach starkem Sololauf und feinem Zuspiel von Bianca Schmidt. Vorher hatten die Potsdamerinnen – besonders in Person von Huth – mehrere gute Chancen liegen gelassen. „Das war ärgerlich. So ein knapper Vorsprung ist eben auch immer gefährlich“, meinte die Angreiferin, deren Elf in zwei Momenten beinahe den Ausgleich gegen die dezimierten Gäste hätte hinnehmen müssen. Mitte der zweiten Halbzeit rettete Turbine-Torhüterin Lisa Schmitz in höchster Not vor Manjou Wilde. Und noch vor dem Seitenwechsel war Schmitz bereits bei einem Wilde-Schuss geschlagen – doch Elise Kellond-Knight bewies vorgestern nicht nur ganz viel Gefühl mit ihrem linken Fuß, sondern auch Köpfchen. Sie war clever zurückgespurtet und entschärfte den Ball knapp vor der Torlinie, indem sie ihn wegnickte. „Ich bin eine sehr defensive Mittelfeldspielerin und versuche oft, zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Position zu sein, um die Keeperin abzusichern. Das hat diesmal toll geklappt“, erzählte die Australierin.

Im Sommer 2015 war Kellond-Knight, die bei den zurückliegenden zwei Weltmeisterschaften jeweils Berufungen in die All-Star-Auswahl erhalten hatte, von Down Under an die Havel gewechselt. Ihr Können zeigte sie im Debütjahr aber kaum. Diese Saison sieht das schon anders aus. Deutlich besser kommt die 26-Jährige zum Zuge – und das obwohl sie aufgrund ihrer Olympiateilnahme bereits intensive Monate in den Knochen hat und bei Turbine große Teile der Vorbereitung verpasste. Warum es dennoch schon so gut läuft, führt sie auf die Arbeit des neuen Chefcoaches Matthias Rudolph zurück. „Er ist ein sehr verständnisvoller Trainer. Wenn wir mal eine Auszeit brauchen, weil wir müde sind, dann gibt er sie uns. Vor einigen Wochen war ich an dem Punkt, dass ich etwas platt war. Dann haben wir darüber gesprochen, ich bekam einen Tag zusätzlich frei und bin dadurch wieder frischer geworden. Der Coach managt es gut, sodass jede von uns top in Form ist“, erläuterte Kellond-Knight, die momentan ein sehr ordentlich funktionierendes Doppelzentrum mit dem österreichischen Neuzugang Sarah Zadrazil bildet. Quasi eine Australia-Austria-Schaltzentrale.

Lia Wälti gibt ihr Comeback und "pumpt" danach

Beide Akteurinnen werden aber in nächster Zeit noch mehr gefordert, um sich ihren Platz in der Startformation zu sichern, denn: Kapitänin Lia Wälti ist wieder da. Am Samstag gab die Schweizerin, die kurz vor Saisonbeginn am Knie operiert werden musste, als Einwechselspielerin ihr Comeback. „Lange habe ich auf den Moment gewartet und darauf hingearbeitet. Es war ein schönes Gefühl, wieder zu spielen. Aber ich habe ordentlich gepumpt und weiß jetzt auch, wo Nachholbedarf ist“, sagte die 23-Jährige. Sie verschärft nun den Konkurrenzkampf im Turbine-Mittelfeld weiter. Matthias Rudolph wird es freuen, denn wie sagt es Lia Wälti selbst: „Ich denke, das macht uns nur noch stärker.“ 

Turbine: Schmitz – Schmidt, Wesely, Elsig, Meister – Aigbogun, Zadrazil (76. Wälti), Kellond-Knight (86. Draws), Lindner (76. Gasper) – Huth, Kemme

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