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Sie sagt Tschüss. Tabea Kemme verlässt nach zwölf Jahren - genauer: 4383 Tagen - den 1. FFC Turbine Potsdam.

© Jan Kuppert

Turbine Potsdam: Mühevoll wie die gesamte Saison

Der Sieg gegen den SC Sand illustrierte die nun abgeschlossene Spielzeit von Frauenfußball-Bundesligist Turbine Potsdam, der einen starken Zuschauerrückgang verzeichnen muss. Vor der letzten Saisonpartie gab es emotionale Abschiede und ein bitteres Erlebnis für die Turbine-Jugend.

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Als Abbild der gesamten Saison beschrieb Matthias Rudolph das letzte Spiel des 1. FFC Turbine Potsdam in der Frauenfußball-Bundesliga. Mit 3:1 (1:1) gewann seine Mannschaft am gestrigen Sonntagnachmittag gegen den SC Sand im Karl-Liebknecht-Stadion. Das Muster: Turbine gerät in Rückstand, arbeitet sich zurück ins Spiel, hat eine Vielzahl an Großchancen, aber wenig Ertrag.

So auch im abschließenden Saisonmatch, als die Gäste mit ihrer ersten Aktion nach drei Minuten in Führung gingen, Potsdam danach gut 20 Minuten brauchte, um ins Spiel zu finden und dann eine Fülle an Möglichkeiten kreierte. Doch es brauchte einen von Felicitas Rauch verwandelten Elfmeter (30.) zum Ausgleich und Halbzeitstand sowie einen späten Doppelschlag durch Rahel Kiwic (81.) und Lara Prasnikar (83.) zum letztlich völlig verdienten Sieg. Vor den beiden Siegtoren hatten sich die Potsdamerinnen nicht nur die absolute Hoheit auf dem Platz, sondern auch eine Fülle an Torchancen erarbeitet – lange ohne Erfolg, weshalb Trainer Rudolph bereits angekündigt hatte, dass in der Vorbereitung für die kommende Saison eben am Torabschluss gearbeitet werden soll. Diese Spielzeit beendet Turbine genau wegen dieses sinnbildlich mühevoll inszenierten und zu selten ertragreichen Fußballs auf dem vierten Platz. „Das ist nicht das, was wir uns gewünscht haben“, kommentierten Rudolph und Klubpräsident Rolf Kutzmutz unisono.

Neben Kemme und Wälti noch drei Abgänge

Auch Felicitas Rauch zieht ein kritisches Fazit. „Wir haben uns alle mehr erhofft“, so die 22-Jährige und begründet zugleich: „Weil wir mehr Potenzial haben als es das Saisonergebnis ausdrückt.“ Um dieses auszuschöpfen und zu entwickeln, „müssen wir gerade in den Spielen, in den es darauf ankommt, mental stabiler werden“, formulierte Rudolph eine weitere Aufgabe für die Zukunft. Rauch sieht das ähnlich: „In wichtigen Spielen brauchen wir die Ruhe und Erfahrung“, sagte sie.

Eine gehörige Portion Erfahrung und Klasse geht Turbine indes verloren: Nationalspielerin Tabea Kemme sowie Kapitänin Lia Wälti verlassen den Verein – beide zieht es ins Ausland, wohl zu Arsenal London. Für Tabea Kemme ist es ein Abschied nach 4383 Tagen – zwölf Jahre – bei Turbine. Entsprechend gefeiert wurde sie vor dem Spiel von den Anhängern. Mit ihrer treuesten Fangruppe trank die 26-Jährige, die derzeit einen Knorpelschaden im Knie auskuriert, während der ersten Halbzeit auf den Zuschauerrängen ein Abschiedsbier. Verlassen werden Turbine zudem die Schweizer Nationalspielerin Eseosa Aigbogun, Laura Lindner und Marina Georgiewa, die in der kommenden Saison beim SC Sand spielen wird.

B-Juniorinnen scheitern beim Elfmeterschießen

Turbine steht also ein personeller Umbruch bevor, was nicht ausschließlich neue Transfers zur Folge haben muss. Spielerinnen aus den eigenen Reihen werden mehr in den Fokus rücken und mehr gefordert werden, so wie es in der Rückrunde etwa Lara Prasnikar getan hat. „Sie hat in der ersten Saisonhälfte ja nur eine Nebenrolle bis gar keine Rolle gespielt und hat sich toll entwickelt“, attestierte Rudolph der 19-jährigen Slowenin. „Wir müssen als Mannschaft weiter wachsen und einzelne Spielerinnen müssen sich mit mehr Verantwortung identifizieren“, meinte Felicitas Rauch. Sie, so versichert die Mittelfeldspielerin, sei auf alle Fälle bereit, eine tragende Rolle im künftigen Turbine-Team zu übernehmen.

Unerfüllt blieben am gestrigen Sonntag die Finalträume der B-Juniorinnen von Turbine Potsdam. Sie scheiterten im Rückspiel im Bundesliga-Halbfinale gegen den 1. FC Köln mit 2:4 im Elfmeterschießen, nachdem es nach der Verlängerung 2:2 gestanden hatte. 

+++ Schlechte Termine, weniger Zuschauer +++

1627 Zuschauer wollten am gestrigen Sonntag im Karl-Liebknecht-Stadion das letzte Saisonspiel des 1. FFC Turbine Potsdam sehen. Zwei von ihnen fachsimpelten auf der Tribüne. „Die glorreichen Zeiten bei Turbine sind wohl vorbei. Und es kommen immer weniger Zuschauer. Selbst heute, trotz des schönen Wetters.“ Sie haben recht: Der Zuschauerschnitt bei den Spielen des Frauenfußball-Bundesligisten ist in dieser Saison stark gesunken. Nach den elf Liga-Heimduellen liegt er bei 1415 Besuchern pro Partie. Vorige Spielzeit waren durchschnittlich 1945 Besucher im "Karli". Höchstwert sind 2535 Zuschauer pro Partie aus der letzten Meistersaison (2011/12).

Ein entscheidender Grund für den Rückgang der Zuschauerzahlen dürften unglückliche Terminierungen sein. Vier der elf Spiele fanden nicht am Sonntag, dem klassischen Frauenbundesliga-Spieltag, statt: zwei Nachholpartien am Mittwoch und dazu zwei Matches wegen der Fernsehübertragung am Montagabend. Letzteres ärgert Matthias Rudolph. „Diese Verlegungen auf Wochentage, nur um im TV präsent zu sein, muss man kritisch sehen. Diese Termine sind für Stadionbesucher unattraktiv und gehen damit zulasten der Vereine“, sagt der Turbine-Cheftrainer. „Wir haben dem DFB (Deutscher Fußball-Bund, Anm. d. Red.) klar zum Ausdruck gebracht, dass wir solche Termine nicht wollen.“ 

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