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Das wird packend. Turbine-Kapitänin Sarah Zadrazil (r.) bekommt es mit den Wölfinnen um Pernille Harder zu tun. 

© Jan Kuppert

Turbine Potsdam empfängt den VfL Wolfsburg: Titelhunger gegen Wissensdurst

Die neu formierte, junge Mannschaft von Turbine Potsdam ist solide in die Saison der Frauenfußball-Bundesliga gestartet. Das Duell mit dem VfL Wolfsburg wird nun für Turbines Entwicklungsarbeit der erste wahre Prüfstein.

Potsdam - Gleich nach den ersten Spielzügen des Trainingsspiels ruft Matthias Rudolph: „Stopp! Wir machen es richtig oder brauchen gar nicht zu spielen!“ Er moniert die „halbherzigen Zweikämpfe“, die er gerade beobachtet hatte. Das zeigt Wirkung bei den Bundesliga-Fußballerinnen des 1. FFC Turbine Potsdam, die sich an diesem Mittwochabend auf das Top-Spiel gegen den VfL Wolfsburg vorbereiten. Am Samstag kommt der Doublesieger der vergangenen Saison ins Karl-Liebknecht-Stadion (Beginn: 13 Uhr) und wird auf einen gut vorbereiteten Gastgeber treffen. Ein paar Mal unterbricht Rudolph das Mittwochstraining, um zu korrigieren und zu erklären, zu präzisieren und einzustimmen.

Mit einer reinen Weste reisen die Wolfsburgerinnen in den Kiez. Mit drei Siegen aus drei Spielen hat der Erfolgsverein der vergangenen Jahre der Bundesliga die erwartete Ansage gemacht, dass der Hunger auf Titel nicht gestillt ist. Im Gegenteil: Allein mit den Nationalspielerinnen Svenja Huth und Felicitas Rauch sind im Sommer zwei Turbine-Führungskräfte nach Wolfsburg gewechselt, die heiß auf nationale Trophäen und die Champions League sind. Beide gaben in der Vorwoche beim 10:0-Sieg gegen KFF Mitrovica ihr Europapokal-Debüt mit dem VfL, bei dem Huth auch als Torschützin erfolgreich war. Am Samstag wird die Torjägerin allerdings verletzt aufgrund einer Knieverletzung fehlen. Bei der Mission, den Titel zu verteidigen, nannte Wolfsburgs Führungsspielerin Lena Goeßling kurz vor dem Ligastart einzig den FC Bayern München und mit etwas Abstand den SC Freiburg als ärgste Widersacher. Turbine Potsdam hat sie nicht auf dem Radar, wenn es um die Meisterschaftsfrage geht.

Routinierte Wölfinnen gegen Potsdams "Jugend-forscht"-Team

Das wäre in der Tat vielleicht zu vermessen. Denn die Entwicklung der vergangenen Jahre, dass die Frauenabteilungen der potenten Fußballklubs wie der VfL Wolfsburg und der FC Bayern das Maß der Dinge sind, wird sich auch in dieser Saison widerspiegeln. Traditionsvereine wie Turbine oder der 1. FFC Frankfurt, die über Generationen hinweg die Meisterschaft unter sich ausmachten, werden weiter aufgefordert sein, den Rückstand aufzuholen oder zumindest den Anschluss zu halten. Und sie tun das mit verschiedenen Mitteln. Während in Frankfurt eine Eingliederung der Frauen in den Männerklub der Eintracht geplant ist, nimmt sich Turbine die Zeit, um junge Spielerinnen aufzubauen und zu entwickeln.

Die Partie gegen Wolfsburg illustriert dies vortrefflich: Routinierten Wölfinnen wie der 33-jährigen Lena Goeßling, Nationalmannschaftskapitänin Alexandra Popp (28), der 64-fachen DFB-Torhüterin Almuth Schult (28) oder der 32-jährigen Schweizer Auswahlspielerin Lara Dieckmann steht ein Potsdamer „Jugend- forscht“-Ensemble gegenüber. Jüngstes Beispiel: Sophie Weidauer, im Sommer mit der deutschen U17-Nationalmannschaft Europameisterin geworden und in der vergangenen Woche Torschützin beim Last-Minute-Sieg gegen Köln, steht als Synonym für den Entwicklungsmodus, auf den Turbine geschaltet ist.

Mediale Präsenz: Spielzusammenfassung in der ARD-Sportschau

Die drei Wolfsburger Siege dieser noch jungen Bundesliga-Saison schmückt eine 10:1-Torbilanz. Turbine-Trainer Rudolph erwartet daher geballte Offensivkraft und -qualität, weshalb er mit seinen Spielerinnen ausgiebig Rückzugs- und Abwehrverhalten einstudierte, sobald der Gegner in Ballbesitz gerät. Räume eng machen, Zweikämpfe, Kompaktheit, Balleroberung waren wiederkehrende Begriffe, die er diktierte und üben ließ. Der Angriffsmaschinerie aus Niedersachsen möglichst immer wieder Sand ins Getriebe zu streuen, wird eine vorrangige Potsdamer Aufgabe sein.

Wie gut dem ein eigenes Angriffsspiel entgegenzusetzen ist und Turbines junge Mannschaft den ersten wirklichen Härtetest in der Liga besteht, kann die interessierte Fußball-Gemeinde – insofern sie nicht ins „Karli“ kommt – im RBB-LIvestream oder am späten Nachmittag in der ARD-Sportschau sehen. Es gehört zur neuen medialen Vermarktungsstrategie der Frauenfußball-Bundesliga, neben dem Freitagabendspiel live auf Eurosport auch die Zusammenfassung eines Top-Spiels am Samstag im öffentlich-rechtlichen TV zu zeigen. Einen Programmpunkt der Sportschau zu bilden, ist durchaus ein weiterer Meilenstein in der Geschichte des Frauenfußballs in Deutschland. Und eine neue Note, die sich Turbine Potsdam auf den Steckbrief dieser Saison heften kann. Ob dabei auch ein Achtungserfolg gegen den aktuellen Branchenprimus einhergeht, bleibt abzuwarten.

+++ Viktoria Schwalm fällt nach Operation lange aus +++

Turbine Potsdam muss einen weiteren langfristigen Ausfall verkraften. Viktoria Schwalm unterzog sich diese Woche einer Operation am Schlüsselbein und fehlt dadurch mehrere Wochen. Die 21 Jahre alte Offensivspielerin hatte sich am vorigen Freitag in der Bundesligapartie beim 1. FC Köln (2:1) an der Schulter verletzt. „Ab jetzt beginnt der Weg zurück auf den Platz“, schrieb Schwalm auf ihrem Instagram-Account nach der OP. Diese Woche wurde zudem auch der Kreuzbandriss von Dina Orschmann operativ behandelt, Neuzugang Adrijana Mori fällt ebenfalls mit einem Kreuzbandriss aus. Derweil ist die ehemalige Turbine-Spielerin Babett Peter vom VfL Wolfsburg zum spanischen Erstliga-Aufsteiger CD Tacon gewechselt – ab nächstem Jahr tritt das Team unter dem Dach von Real Madrid an. Hingegen verlängerte der VfL mit Trainer Stephan Lerch bis 2021. 

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