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Im Reifestadium. Talent Viktoria Schwalm ist eine erfreuliche Antwort auf die Personalnot bei Turbine Potsdam. Im Einsatz gegen Frauenfußball-Größen wie Kerstin Garafrekes vom 1. FFC Frankfurt kann sie sportlich wachsen.

© Jan Kuppert

Turbine Potsdam: Die Chance zu wachsen

Aufgrund zahlreicher verletzungsbedingter Ausfälle kommen beim Frauenfußball-Bundesligisten die jungen Spielerinnen zum Zug. Dadurch können sie sich gut weiterentwickeln. Ihre Aufgabe haben sie bisher auch gut gelöst, weshalb Turbine in der Tabelle bereits wieder nach oben schauen kann. Am Sonntag kommt nun das Team von der Spitze ins Karl-Liebknecht-Stadion: der FC Bayern München.

Der Pass ging glatt durch die Schnittstelle der Wolfsburger Abwehr, der nächste mündete genau in dem Laufweg von Angreiferin Svenja Huth. Zwei auffällig gute Aktionen, die die Anfangsphase im Pokalviertelfinale zwischen dem 1. FFC Turbine Potsdam und dem VfL Wolfsburg (0:3) in der vergangenen Woche markierten. Initiatorin: Viktoria Schwalm. Vier Tage später schoss die Schülerin das zwischenzeitliche 2:0 für Turbine Potsdam beim 4:0-Sieg in der Bundesliga gegen Werder Bremen. Gegen den Aufsteiger war die Spielerin mit der Trikotnummer 17 erneut eine der auffälligsten Akteurinnen über die gesamten 90 Minuten.

Viktoria Schwalm ist vor wenigen Tagen gerade mal 18 Jahre alt geworden. Zehnmal lief sie in den letzten elf Turbine-Spielen auf, fünfmal über die volle Spielzeit. Vier Tore hat sie dabei geschossen. Schwalm ist eine Antwort des Turbine-Trainerteams auf die Verletzungsmisere, die den Frauenfußball-Bundesligisten in der Hinrunde der aktuellen Saison in arge Personalnot gebracht hat. „Vielleicht muss ich mich selbst aufstellen“, illustrierte der 73-jährige Cheftrainer Bernd Schröder vor dem Bremen-Spiel die fatale Situation. So interessant die Vorstellung wäre: Dass Turbine die Möglichkeit hat, aus der Not eine Tugend zu machen und Talente wie Schwalm, Victoria Krug oder Wibke Meister nun auf die Bundesligabühne schickt, liegt an der guten Nachwuchsarbeit, die der Verein seit Jahren betont. Doch waren die Früchte in den vergangenen Jahren eher selten zu sehen, weil Turbine in guter Regelmäßigkeit auf internationale Einkaufstour ging.

Verletzungswelle: Ein Drittel des Kaders steht nicht zur Verfügung

Auch für die kommende Winterpause kündigt Schröder an, sich nach neuen Spielerinnen umzuschauen. Vor allem für die Defensive sehe er Handlungsbedarf. Allerdings: „Wenn unsere jungen Spielerinnen weiter so spielen, wird es nicht einfach, an ihnen vorbeizukommen“, betont er und erkennt damit die Leistungen von Schwalm & Co an. Zumal Schröder, vor allem in der jüngeren Vergangenheit, keine guten Erfahrungen mit eilig gemachten Neuverpflichtungen gemacht hat. „Im letzten Jahr haben uns die beiden Amerikanerinnen, die wie geholt hatten, nicht geholfen“, erinnert er sich.

Doch allein, um nominell wettbewerbsfähig zu bleiben, brauche es Verstärkung, macht Schröder klar. Vom ursprünglichen Kader mit 22 Spielerinnen steht gut ein Drittel nicht zur Verfügung. Nicht nur, dass die Ausfälle von Johanna Elsig, Inka Wesely, Bianca Schmidt, Patricia Hanebeck, Asano Nagasato, Magdalena Szaj und Amela Krso Turbines sportliche Konkurrenzfähigkeit im Kampf um Meisterschaft und Pokal arg reduziert haben. Ihr weiteres ersatzloses Fehlen würde an die Substanz des verbliebenen Kaders gehen und das Verletzungsrisiko noch mehr erhöhen. „Allein deshalb müssen wir reagieren“, begründet Schröder.

Schlechteste Hinrunden-Bilanz seit der Saison 1998/99

Natürlich wünscht sich der 73-Jährige mit möglichen Neuverpflichtungen eine Qualitätssteigerung, um in der Rückrunde noch einmal zurück in den Kampf um Platz zwei – die Qualifikation für die Champions League – zu kommen. Doch ist er erfahren und realistisch genug zu wissen, dass Wintertransfers nicht so einfach zu integrieren sind. Daher sieht er es sehr wohl als Chance, mit eigenen Kräften und Talenten an der Herausforderung zu wachsen und die bislang enttäuschende Saison zu retten. Mit 16 Punkten aus elf Spielen und Platz sechs nach der Hinrunde steht der Bundesligist so schlecht da wie zuletzt in der Saison 1998/99. Damals überwinterte Turbine mit zehn Punkten auf Platz zehn und wurde am Ende Vierter.

Dass Turbine in der aktuellen Spielzeit trotz aller Widrigkeiten weiter die Chance zur Korrektur hat, liegt zum einem an den nüchternen Zahlen: Es sind sechs Punkte Rückstand auf den zweiten Tabellenplatz. Zum anderen offenbart die Liga bislang eine Leistungsdichte, die neben Potsdam auch die erfolgsverwöhnten Klubs aus Wolfsburg und Frankfurt zu spüren bekommen – mit jeweils drei Niederlagen. Einzig Meister Bayern München ist ungeschlagen enteilt. Es scheint, als wäre in der derzeitigen Frauen-Bundesliga alles möglich – jeder kann jeden schlagen. „Frauenfußball“, so betont Schröder nach mehr als 40 Jahren im Geschäft immer wieder gern, „ist eine Wundertüte.“

Schicksalsspiel gegen den Tabellenführer

Turbine selbst kann bereits am kommenden Sonntag für den Beginn eines Wunders an der Havel sorgen. Zum Rückrundenauftakt kommt Tabellenführer Bayern München ins Karl-Liebknecht-Stadion (14 Uhr). Für Schröder so etwas wie ein Schicksalsspiel: „Am Sonntag entscheidet sich, ob wir nächstes Jahr international dabei sein könnten“. Zumindest würde sich Turbine mit einem Sieg die Option offenlassen. „Dann ist es da oben in der Tabelle nicht mehr so klar und wir mischen wieder mit“, sagt Youngster Viktoria Schwalm.

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