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Trainerwechsel im Fußball: Wie gut kehrt der neue Besen?

Trainerwechsel sind Teil des Fußballgeschäfts, doch ihre Sinnhaftigkeit ist umstritten. Aus der Potsdamer Region haben in der laufenden Saison bereits drei auf Landesebene kickende Vereine den Coach getauscht. Sie hoffen auf einen nachhaltig positiven Effekt, nur bei einem Klub gab es sofort Aufwind.

Von Tobias Gutsche

Fußballtrainer fristen zuweilen ein Leben auf dem Schleudersitz. Sobald es nämlich nicht mehr läuft, die sportlichen Erfolge zusehends ausbleiben und gesteckte Ziele in weite Ferne rücken, werden sie von den Verantwortlichen der Klubs aus dem Amt katapultiert. Danach nimmt ein anderer Coach Platz. Der neue Besen, wie es immer so schön heißt. Doch wie gut kehrt dieser wirklich?

Mit der Frage nach der Sinnhaftigkeit von Trainerwechseln mitten im Saisonverlauf haben sich Wissenschaftler schon umfangreich befasst – und sind zu ganz unterschiedlichen Erkenntnissen gelangt. Eine Studie der Universität Münster zeigt auf, dass solche Maßnahmen den Mannschaften meistens lediglich in den ersten Spielen Aufwind geben, langfristige Effekte bleiben aus. Das Nachrichtenmagazin Focus und die Fußball-Datensammler der Impire AG fanden hingegen heraus, dass sehr wohl über den schnellen Motivationsschub hinaus auch eine zufriedenstellende Langzeitwirkung eintritt.

Der Austausch des Übungsleiters ist nicht nur ein Phänomen in der untersuchten Bundesliga, sondern ebenso in unteren Spielklassen. Bei drei von zehn auf Landesebene kickenden Teams aus der Region Potsdam wurde in dieser Saison bereits aus verschiedenen Gründen das Coaching-Personal gewechselt. Ob dieser Schritt nachhaltig war, wird man erst am Ende der Spielzeit beurteilen können. Aber schon jetzt lohnt sich ein Blick auf die unmittelbaren Konsequenzen.

RSV Eintracht 1949

Bereits nach drei Brandenburgliga-Spieltagen wurde beim RSV Eintracht 1949 die Reißleine gezogen und die Trennung von Jan Walle bekannt gegeben. Null Punkte auf dem Konto und ein Torverhältnis von 0:8 standen zu Buche. „Wir hatten das Gefühl, dass er die Mannschaft nicht mehr erreicht“, begründet René Harwart, Abteilungsleiter Fußball beim RSV. Walles Assistent Enrico Fülle übernahm vorübergehend den Job als hauptverantwortlicher Trainer und habe der Truppe neue Motivation verliehen, sagt Harwart. „Nur an den Ergebnissen hat sich leider bisher noch nicht viel verändert.“ Drei Remis, vier Niederlagen und 6:14 Tore sind Fülles Bilanz. Das beste Spiel gelang dem Tabellenletzten dabei ausgerechnet gegen Spitzenreiter Brieselang, der beim 0:0 seine bislang einzigen Punkte abgeben musste. „Da haben wir gesehen, dass unsere sehr junge Mannschaft, die auch mit Verletzungssorgen zu kämpfen hat, großes Potenzial besitzt“, sagt der Abteilungsleiter, der das Engagement von Fülle wertschätzt. Aber: „Wir halten mit dem Vorstand nach einem neuen Chefcoach Ausschau. Das ist so besprochen.“

ESV Lok Potsdam

Beim Landesklasse-Vertreter ESV Lok Potsdam ist man derweil bereits fündig geworden. Mike Weißfuß hat die Nachfolge von Andree Recker angetreten, der seinerseits Christoph Rogowski erst im Sommer beerbt hatte. „Sowohl Andree als auch wir als Verein haben gemerkt, dass es einfach nicht passt“, erklärt Holger Thoms, der die Lok-Fußballabteilung leitet. Die Resultate – sieben Ligaspiele, drei Siege, ein Unentschieden, drei Niederlagen – hätten soweit gestimmt, doch bei den allgemeinen Ansichten wurde keine gemeinsame Linie gefunden. In solchen Fällen sei die Trennung ratsam, bestätigen die Münsteraner Forscher. Unter Weißfuß hat der auf Platz zehn von 16 rangierende ESV nunmehr drei Partien in der Landesklasse West bestritten. Zwei Niederlagen folgte am vergangenen Samstag ein 4:0 gegen Rhinow/Großderschau. Thoms: „Wir sind noch in der Findungsphase und haben ein gutes Gefühl, was die Arbeit von Mike angeht.“

SG Bornim

Von der ersten Sekunde an hat indes Lars Philipp als neuer Trainer von Loks Ligarivalen SG Bornim eingeschlagen. Dabei wollten die Bornimer Vereinsfunktionäre trotz nur eines Punktes aus den ersten sechs Ligaspielen – darunter ein 2:3 gegen Treuenbrietzen, das aufgrund eines Schiedsrichterfehlers am 20. Dezember wiederholt wird – eigentlich gar keine Veränderung an der Seitenlinie vornehmen. Sie wollten auch weiterhin mit dem Duo Dieter Ceranski/Ralf Baierl zusammenarbeiten. „Wir hatten bis dato keinen Handlungsbedarf gesehen. Die beiden waren dann aber der Meinung, dass es besser wäre, wenn sie zurücktreten“, sagt Präsident Kurt Leutloff. Die Entscheidung des Gespanns, das vier Jahre bei der SGB tätig war, wurde akzeptiert. Lars Philipp, zuvor Coach des Reserve-Teams, durfte daraufhin interimsmäßig ran – und überzeugte derart, dass er einen Vertrag bis Saisonende erhielt. Unter Philipps Regie ist der Tabellenelfte ungeschlagen, gewann dreimal in der Liga und holte ein Unentschieden. Neben einer größeren Trefferausbeute ist besonders die stark verbesserte Defensivleistung auffällig: Von 3,5 Gegentoren pro Partie wurde der Schnitt auf 1,0 gesenkt. Leutloff findet: „Die Handschrift von Lars ist bereits sehr gut zu erkennen.“ 

In Bornim ist er also schon da, der gewünschte positive Effekt eines Trainerwechsels. Beim RSV Eintracht und ESV Lok glauben sie an dessen baldiges Eintreten. Und alle drei Klubs eint die Hoffnung, dass er auch von Dauer ist. 

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