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Zwölf Jahre lang spielte Tabea Kemme für Turbine Potsdam - immer mit vollem Einsatz.

© imago/foto2press

Tabea Kemme über ihr Karriereende: "Ich verdanke Turbine Potsdam sehr viel"

Mit nur 28 Jahren musste die Fußball-Olympiasiegerin verletzungsbedingt ihre Laufbahn beenden. Wie sie damit umgeht, welche Bedeutung Bernd Schröder für sie hatte und wie sie nun ihre Zukunft im Beruf, aber auch Fußball plant. 

Von Tobias Gutsche

Potsdam - Momente des Abschieds sind ergreifend. Als Fußballerin Tabea Kemme 2018 den 1. FFC Turbine Potsdam Richtung London zum FC Arsenal verließ, ging ihr das sehr nahe. Gerührt nahm sie ein Trikot als Anerkennung ihrer Leistungen entgegen. Zwölf Jahre lang spielt Kemme für Turbine, genauer waren es 4383 Tage, wie auf das Ehrenshirt gedruckt stand. Knapp 600 Tage später musste sie sich bereits erneut verabschieden. Endgültig. Im vergangenen Januar verkündete die gebürtige Niedersächsin, dass sie aus gesundheitlichen Gründen ihre Karriere nicht mehr fortsetzen wird.

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Diese Entscheidung zu treffen, sei „einer der schwersten und emotionalsten Schritte“ in ihrem Leben gewesen, sagt die Ex-Nationalspielerin nun in einem Interview auf der Internetseite des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Bereits einige Wochen vorher hatte sie ihre Mannschaftskolleginnen darüber informiert. „Die drei Tage vor der Verkündung habe ich kaum gegessen und sehr schlecht geschlafen.“ Doch als die Nachricht dann verbreitet war, sei es eine „Befreiung“ für sie gewesen, schließlich habe sie sich zuvor „lange gequält“. Ein Knorpelschaden im Knie, den sich die 28-Jährige während ihrer Schlussphase bei Turbine zugezogen hatte, setzte ihr heftig zu.

"Harte und lehrreiche Schule durchgezogen und dafür belohnt"

Kemme, die in einem Dorf an der Elbmündung aufwuchs, wechselte 2006 auf die Potsdamer Sportschule. Zwei Jahre später gab sie ihr Debüt in Turbines Erstligamannschaft. Diese sollte sie im weiteren Verlauf maßgeblich prägen. Am Gewinn von vier Deutschen Meistertiteln und der europäischen Champions League 2010 war Kemme beteiligt. Mit ihrem unbändigen Willen stützte sie das Team, überzeugte als Verteidigerin und Mittelfeldspielerin ebenso wie als Stürmerin. Beim Brandenburger Traditionsverein sei sie erwachsen geworden und habe dem Club sehr viel zu verdanken, sagt Kemme. Dabei hebt sie Trainerlegende Bernd Schröder hervor. „Er hat mich geformt.“ Es sei eine „harte und lehrreiche Schule“ gewesen. „Ich habe es durchgezogen und bin dafür belohnt worden. Darauf bin ich stolz.“ Über Potsdam gelang ihr auch der Sprung in die DFB-Auswahl. Sie wurde U17-Europameisterin, U20-Weltmeisterin und als Krönung Olympiasiegerin 2016 in Rio.

Mit dem Wechsel nach England erfüllte sich Kemme den großen Wunsch, im Ausland zu spielen. Doch kam sie beim FC Arsenal aufgrund ihrer Verletzung nur zu drei Kurzeinsätzen. Trotzdem sei es eine wertvolle Erfahrung gewesen, die sie nicht missen wolle. Wie Kemme auf dem Platz kämpfte, so hatte sie es auch abseits davon getan, um ihr Comeback zu schaffen. Erfolglos. Das Knie machte ihr physisch betontes Spiel nicht mit, sodass sie sogar Schmerztabletten habe nehmen müssen. Der Körper streikte nach vielen Jahren hochintensiven Leistungssports. Sie habe alles gegeben. „Deshalb mache ich mir keinerlei Vorwürfe. Ich bereue nichts, ich fühle mich komplett rein“, sagt Kemme.

Fit machen für den Brandenburger Polizeidienst

So ein Aus wünsche sich niemand, doch sei sie in kein Loch gefallen, weil sie sich längst eine berufliche Perspektive aufgebaut hatte. Kemme absolvierte bei der Brandenburger Polizei-Sportfördergruppe ein Studium zur Polizeikommissarin. „Ich wollte dafür sorgen, dass mich irgendetwas auffängt, falls ich ungeplant meine Karriere beenden muss. Und genauso ist es jetzt gekommen“, sagt sie. „Für mich stand nie der Fußball an erster Stelle, sondern immer das Leben.“ Daher genoss die Kickerin, die sich einen alten VW-Bulli für Touren aufmotzte, auch stets Fun- und Extremsportarten. Surfen, Fallschirmspringen und Bungee-Jumping sind nur wenige Beispiele.

Ihre Zukunft sieht Kemme in ihrer Wahlheimat Potsdam, wohin sie wieder zurückgezogen ist. Aufgrund der aktuellen Coronakrise absolviert sie aber auf dem Hof der Eltern ihr Rehaprogramm. Sie arbeitet dafür, wieder fit zu werden, um den Dienst im Polizeiberuf voll aufnehmen zu können. Aber auch dem Fußball wolle sie treu bleiben, ihr Wissen weitergeben und so den deutschen Frauenfußball voranbringen. „Wir haben noch Luft nach oben, ich sehe noch viel Potenzial“, sagt sie. Aber als Trainerin an der Seitenlinie zu stehen, komme für Kemme nicht infrage. „Dafür bin ich nicht der Typ, dafür bin ich zu ungeduldig.“ Vielmehr möchte sie „was Kreatives“ machen. „Vielleicht planen wir mit anderen aktuellen oder ehemaligen Spielerinnen Events. Ich weiß es noch nicht. Mal sehen was kommt.“ Doch egal, was Tabea Kemme auch machen wird. Sie wird es mit Herzblut angehen. Das war auch beim Fußball ihre größte Stärke, die sie bis auf den Sportolymp brachte.

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