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Sie sollen’s richten. 20 Spieler zählt der Kader des SV Babelsberg 03 zum Saisonstart (auf dem Foto fehlt Merphi Kwatu). Ein bis zwei Verstärkungen werden noch gesucht, ansonsten ist es jene Mischung aus erfahrenen und vielen jungen Spielern, mit denen der Regionalligist den nächsten Schritt wagen will.

© Jan Kuppert

SV Babelsberg 03: Vor dem Anpfiff

Es ist nichts Neues beim SV Babelsberg 03: Wieder einmal muss der Fußball-Regionalligist nach großen personellen Veränderungen mit der Arbeit von vorne beginnen. Der Saisonauftakt am Freitag wird gleich zum ersten Stresstest.

Schon vor dem Anpfiff zur ersten Saisonpartie ist es das gleiche Spiel: wieder von vorn beginnen müssen, nahezu bei null anfangen. Zumindest beim SV Babelsberg 03 ist das so. Wie schon in den vergangenen Jahren.

Nun hat der SVB personelle Umbrüche nicht exklusiv, auch bei der Konkurrenz in der Fußball-Regionalliga ist es ein permanentes Kommen und Gehen. Beispiel Wacker Nordhausen, der erste Gegner des SVB am kommenden Freitag: 16 neue Spieler haben ihre Zelte im Südharz aufgeschlagen, die sommerliche Transferperiode bei Wacker Nordhausen gipfelte in der Schlagzeile vom „Erstligaflair in der Regionalliga“, nachdem der Darmstädter Bundesliga-Profi Marco Sailer geholt wurde. Mit neuer Mannschaft, neuem Trainer, neuem Präsidenten und neuem Großsponsor hat sich Wacker zum Angriff auf die 3. Liga gerüstet – und Zweifler und Kritiker gerufen. „Wenn das mal gut geht“, macht sich in den Kommentarspalten der Anhängerschaft mehr Skepsis als Euphorie breit. Innerhalb von drei Jahren wurde bei Wacker der Kader zum fünftteuersten aller deutschen Regionalligisten hochgeschraubt, aktuell steht der Marktwert bei 2,95 Millionen Euro – fünfmal so viel wie im Jahr 2013.

Attraktiven Fußball zu zeigen, ist der Anspruch des SVB

Mit einem Marktwert von 1,38 Millionen Euro rangiert der SVB – seit Jahren konstant – im Mittelfeld der Nordost-Staffel. Die Sorge, zu hoch gepokert zu haben, muss sich in Babelsberg keiner machen. Die Latte hängt niedriger als bei der Konkurrenz in Nordhausen, Cottbus, Jena oder den Berliner Rivalen vom BAK und BFC Dynamo. Von Aufstieg spricht im Vorfeld der Saison niemand im Karl-Liebknecht-Stadion, allenthalben vom nächsten Schritt, der gemacht werden soll. Dessen Formulierung klingt seit zwei Jahren ähnlich: Mit einer spielstarken Mannschaft attraktiven Fußball zeigen, dabei das Potenzial junger Spieler entwickeln und einen vorderen Tabellenplatz erreichen.

Vor allem in der vergangenen Saison ist das gelungen, mit dem Landespokalsieg als Krönung. Der SVB zählte zu den wenigen Teams der Nordost-Staffel, für die Pass- und Kombinationsspiel keine seltene oder zufällige Kosmetik, sondern Anspruch an jedem Spieltag war. Doch ein Schönheitspreis wurde nicht vergeben, sodass der SVB oft nach attraktivem Auftritt mit leeren Händen dastand. 14 Unentschieden waren Liga-Bestwert und Ausdruck fehlender Qualität in engen Spielen – und mangelnder Konstanz. Zu groß war das Gefälle zwischen Stammformation und zweiter Reihe, als dass Trainer Cem Efe Ausfälle etablierter Spieler hätte gleichwertig kompensieren können.

Anders als in den Vorjahren tun die Abgänge weh

Es ist kein kompletter Reset, den der 38-jährige Chefcoach vor knapp sechs Wochen zu Trainingsbeginn vollziehen musste. Mit Ugurtan Cepni, Lovro Sindik, Philipp Saalbach, dem erfolgreichen Sturmduo Matthias Steinborn und Andis Shala sowie dem starken Torhüterpaar Marvin Gladrow und Kevin Otremba sind wichtige Säulen erhalten geblieben. Mit Laurin von Piechowski und Erdal Akdari dürfte der SVB auch weiterhin zwei der besten Innenverteidiger der Liga stellen.

Aber anders als in den Vorjahren tun die Abgänge weh. Mit Bilal Cubukcu verliert der SVB seinen Spielmacher im besten Wortsinn. Keiner wusste in den beiden vergangenen Spielzeiten das Babelsberger Spiel, dessen Tempo und Rhythmus so zu dirigieren wie der 29-jährige Regisseur. Mit Leon Hellwig geht dem SVB einer der besten Sechser der Liga verloren, mit Severin Mihm ein Rechtsverteidiger, dem an guten Tagen die kreative Spieleröffnung nahezu fehlerfrei gelang. Es sind Spieler, denen Efe Drittliga-Reife attestiert, mit denen etwaige Aufstiegsgedanken etwas mehr erlaubt gewesen wären als es nunmehr der Fall ist.

Das gesamte Babelsberger Spiel muss umgestellt werden

Die Szenen während der beiden Testspiele im Rahmen eines Blitzturniers vor zwei Wochen illustrieren den Findungsprozess, in dem die Mannschaft steckt: Andis Shala schrie seine Kommandos über den ganzen Platz, Philipp Saalbach herrschte unzufrieden seine Nebenleute an, Matthias Steinborn zeichnete wie ein Choreograf in die Luft, wohin sich seine Mitspieler bewegen sollen. „Wir müssen uns Lauf- und Passwege neu erarbeiten“, sagt Efe. Nicht nur das: Er und sein Co-Trainer Enrico Große stehen vor der Aufgabe, das gesamte Babelsberger Spiel umzustellen. „Denn wir haben andere Spielertypen“, sagt Efe. Das Spannende und Vielversprechende daran: Mit Emre Stang, Leonard Koch, Apo Beyazit und Lionel Salla kommen gleich vier Berliner Fußball-Talente an den Babelsberger Park, die beim 1. FC Union ausgebildet wurden und auf dem Zettel etlicher Vereine standen. „Die sind extrem fleißig und lernwillig, manchmal noch etwas blauäugig“, sagt Efe. Jedes Training sei eine Unterrichtseinheit, um sich einzuspielen und sich als Mannschaft zu finden. „Es ist die Frage, wie viel Zeit uns die Liga lässt“, sagt Efe und kennt die Antwort: vermutlich gar keine.

Aufopferungsvoll, ehrlich und aufrichtig – das sind die Attribute, mit denen Efe beschreibt, wie sich die Mannschaft seinem Publikum präsentieren will. Dieses ist in Babelsberg zuweilen etwas ungeduldig und anspruchsvoll. Efe will einen Wiedererkennungswert schaffen, „der begeistert“. Die nötige fußballerische Qualität habe der Kader. „Aber noch wir wissen nicht, wie wir unter Stress reagieren“, sagt er, „ unter den Umständen eines Ligaspiels.“ Nun, den ersten Stresstest wird es am Freitag ab 19 Uhr im Karl-Liebknecht-Stadion geben.

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