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SV Babelsberg 03: Nachspiel geht weiter

Für das Skandal-Derby vom vergangenen April zwischen dem SV Babelsberg 03 und FC Energie Cottbus gibt es ein neues Sportgerichtsurteil. Es wurden nun auch die rechtsextremen Vorfälle im Cottbuser Fanblock geahndet, was den Lausitzer Fußballclub "verwundert".

Von Tobias Gutsche

Knapp sieben Monate sind seit dem Skandal-Derby zwischen den Fußball-Regionalligisten SV Babelsberg 03 und FC Energie Cottbus vergangen. Doch die Aufarbeitung läuft noch immer. Am Freitag ging das juristische Nachspiel weiter: Das Sportgericht des Nordostdeutschen Fußballverbandes (NOFV) belegte den Cottbuser Club mit einer zweiten Strafe für die Vorkommnisse bei jener Partie.

Dem neuesten Urteil nach muss Energie wegen unsportlichem, diskriminierendem Verhalten von Personen innerhalb seines Fanblocks 5000 Euro zahlen. 2000 Euro davon sollen in präventive Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Rassismus fließen. Das NOFV-Gericht ahndet also mit dieser neuen Strafe nun auch die rechtsradikalen und antisemitischen Ausschreitungen, die bei der Partie am 28. April 2017 im Gästesektor des Babelsberger Karl-Liebknecht-Stadions dokumentiert wurden.

Zunächst keine Erwähnung der Nazi-Krawalle

Zuvor hatte es im Nachgang des Matches lediglich Strafen wegen des Abbrennens von Pyrotechnik und eines Platzsturmes gegeben. Laut ursprünglichem NOFV-Urteil sollte der FC Energie 10.000 Euro Geldbuße zahlen sowie eine Heimpartie unter Ausschluss der Öffentlichkeit absolvieren. Doch der Club ging erfolgreich in Berufung: 40 Prozent der Geldstrafe wurde auf Bewährung ausgesetzt, das Geisterspiel gestrichen und stattdessen ein kollektives Fan-Verbot für die nächste Partie in Potsdam gegen den SV Babelsberg 03 ausgesprochen.

Der Einspruch des SVB fand beim NOFV-Gericht derweil keinen Anklang. Auch Nulldrei-Anhänger waren in dem brisanten Brandenburg-Duell negativ aufgefallen, weil sie Pyrotechnik einsetzten und einige ebenfalls verbotenerweise den Rasen betraten. 7000 Euro plus ein Zuschauer-Ausschluss auf Bewährung wurden verhängt, was der Kiezklub bis heute nicht akzeptiert und weiterhin dagegen vorgeht. Vor allem eines stieß den SVB-Verantwortlichen auf: In der Urteilsbegründung wurde als negativ angeführt, dass Babelsberger Fans in Richtung der Gästeanhänger „Nazischweine raus“ gerufen hätten – während der im Energie-Fanblock vielfach gezeigte Hitlergruß sowie rechtsradikalen Parolen überhaupt keine Erwähnung fanden. Der NOFV erklärte später, davon nichts mitbekommen zu haben. Eine äußerst fragwürdige Aussage, schließlich kursierten zahlreiche Berichte, Fotos und Videos, die genau das aufzeigten.

SVB drängte auf Ahndung der Cottbuser Verfehlungen

Die Nulldreier wollten dieses Urteil nicht auf sich beruhen lassen, sie kritisierten vehement die Sportgerichtsbarkeit des NOFV und richteten einen offenen Brief an den Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes Reinhard Grindel – mit dem Appell, sich als weltgrößter Sportverband seiner gesellschaftlichen Verantwortung zu stellen. Sprich, sich deutlich gegen rechtsradikale Fans in Stadien zu positionieren. Die Wirkung blieb nicht aus. Es wurde – wohl auch aufgrund des gestiegenen öffentlichen Drucks durch ein bundesweites Medienecho – tatsächlich beim NOFV ein neues Verfahren wegen der rassistischen und antisemitischen Ausfälle eingeleitet. Am Freitag fiel das Urteil.

„Mit großer Verwunderung“ habe man dies zur Kenntnis genommen, heißt es nun in einer Stellungnahme des FC Energie. Bestrafung und Umstände des Zustandekommens seien „irritierend“. Die Cottbuser hinterfragen das Vorgehen, mit Blick auf die vom SV Babelsberg 03 ausgehenden Entwicklungen, ohne jedoch den Namen des Vereins zu nennen: „Werden nach mehr als sechs Monaten neue Erkenntnisse und Sachlagen aufgrund von offenen Briefen anderer Vereine oder gar deren Rechtsstreitigkeiten mit Verbandsgerichten zu Tage gefördert oder gibt es sachliche Gründe für ein derartiges Handeln?“ Zudem verweist der Ex-Bundesligist darauf, dass vor dem Potsdamer Amtsgericht bereits eine beim Spiel ermittelte Person wegen des Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole rechtskräftig verurteilt wurde, andere Verfahren seien durch die zuständige Staatsanwaltschaft jedoch eingestellt worden. „Wenn die Mittel und Wege der rechtsstaatlichen Judikative bereits ausgeschöpft scheinen, erscheint es äußerst sonderbar, dass der FC Energie Cottbus als Fußballverein für die Verfehlungen Dritter mehrfach vor der Sportgerichtsbarkeit des NOFV verantwortlich gemacht werden soll.“

Energie prüft Option des Widerspruchs gegen Urteil

Neben der Geldstrafe beinhaltet das neue Urteil auch weitere Auflagen für den FC Energie. Zum Beispiel sollen die Lausitzer bis Saisonende 2020/21 den Ticketvorverkauf für Auswärtsspiele in Babelsberg grundsätzlich online und ausschließlich personalisiert nur für Vereinsmitglieder durchführen. Außerdem muss der Verein bis zum 28. Februar 2018 dem NOFV ein Konzept zur Vermeidung demokratiefeindlicher, insbesondere rechtsradikaler und antisemitischer Verfehlungen seiner Anhänger vorlegen. Energie verweist in seiner Stellungnahme darauf, dass bereits vor rund einem Monat ein umfangreicher Maßnahmenplan im Kampf gegen Rechts veröffentlicht worden sei - im Übrigen sei der Ticketvertrieb in der gewünschten Weise nicht zu realisieren.

Die Cottbuser beklagen zudem, dass vor der Urteilsverkündundung keine Rücksprache mit dem Verein gehalten worden sei. Entsprechend prüfe man nun, binnen der gesetzten Frist von sieben Tagen gegen die Sanktionierung vorzugehen. Das Nachspiel wird wohl noch länger andauern. 

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